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ZurückDie Europäische Kommission hat im Rahmen des Europäischen Semesters ihre ökonomische Prognose für die Eurozone vorgelegt. Österreich entwickelt sich dank der gesteigerten Binnennachfrage gut, während Italien in ein Defizitverfahren schlittern könnte.
Eher verhalten als jubelnd stellte der Kommissar für Wirtschaft und Währung, Pierre Moscovici, am 8. Oktober 2018 die Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung in der Europäischen Union vor. Das Wirtschaftswachstum wird sich in den kommenden Jahren abkühlen, aber laut Moscovici soll sich die europäische Wirtschaft dennoch auf stabilem Niveau halten. Die Arbeitslosigkeit sei rückläufig und soll 2018 erst auf 8,1 % und schließlich auf 6,8 % gefallen sein. Das ist das niedrigste Niveau seit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 2008. Auch die Jugendarbeitslosigkeit fiel auf 14,8 % in der gesamten EU. Positiv hervorzuheben ist auch, dass unfreiwillige Teilzeitarbeit und die Zahl von Menschen, die nicht aktiv nach Arbeit suchen, im EU-Schnitt verringert werden konnte. Vor allem die Binnennachfrage wurde aufgrund der zunehmenden globalen Unsicherheiten und internationalen Handelsspannungen von der Kommission als Triebfeder des Wachstums der nächsten Jahre herausgestrichen. Das BIP der Europäischen Union soll dieses Jahr um 2,1 % steigen; in den kommenden Jahren soll das Wachstum jedoch wesentlich niedriger ausfallen. Die Kommission veranschlagt 1,9 % für 2019 und 1,7 % für 2020. Verantwortlich dafür sollen ein abgeschwächtes Wachstum des Welthandels, zunehmende globale Unsicherheit und steigende Ölpreise sein. Dies wird sich auch auf den europäischen Arbeitsmarkt auswirken, dessen Wachstum soll sich verlangsamen. Die Erwerbstätigenquote soll sich über die nächsten zwei Jahre weiter positiv entwickeln, wenn auch sehr gering. Mit 0,5 % fällt diese im Jahr 2018 für die EU27 und soll 2020 bei 0,4 % liegen.
Aus dem Bericht geht außerdem hervor, dass das Importdefizit der Europäischen Union hoch bleibt und so globale Ungleichheiten weiter befördert werden. Das ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Löhne in den EU27 zwar steigen mögen, aber nicht angemessen genug. Allgemein wird sich in der Eurozone keine nominelle Konvergenz herstellen lassen, wenn alle Mitgliedsstaaten die derzeitige Zurückhaltung bei Lohnsteigerungen walten lassen.
Nachfrage als Motor für die österreichische Wirtschaft
Österreichs BIP soll 2018 um 2,7 % wachsen im Gegensatz zu den letztjährigen 2,6 %. Auch in Österreich bleibt die Binnennachfrage dank eines Zuwachses des privaten Konsums, aufgrund guter Arbeitsmarktdaten und steigender Löhne der Motor des Wachstums. Jedoch prognostiziert die Europäische Kommission auch für die heimische Wirtschaft aufgrund globaler Turbulenzen eine sich abschwächende Konjunktur in der zweiten Hälfte nach einer starken ersten Hälfte 2018. Dies wird sich auch auf das Bruttoinlandsprodukt der nächsten Jahre auswirken. 2019 gibt es, laut der Europäischen Kommission, nur ein moderates Wachstum von 2 %, und 2020 wächst Österreichs Wirtschaft nur noch um 1,8 %. Die Kommission sagt ein Steigen des privaten Konsums durch anwachsende verfügbare Einkommen voraus. Die Arbeitslosigkeit soll in den nächsten zwei Jahren erst auf 4,8 % und dann auf 4,4 % (Berechnung nach EUROSTAT) im Jahr 2020 zurückgehen.
Zankapfel Italien
Die öffentliche Bruttoverschuldung in den EU27 befindet sich laut der Prognose der Europäischen Kommission bis 2020 im generellen Abwärtstrend, auch wenn es minimale Zuwächse von 0,1-0,2 % gibt. Jedoch wird für Italien das Haushaltsdefizit nächstes Jahr auf 2,9 % und 2020 auf 3,1 % steigen. Damit gäbe es Grundlage für ein Defizitverfahren, sollten diese Prognosen eintreten. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt schreibt eine Defizitquote von 3 % vor. Italien hatte zuvor als Richtwert für die kommende Neuverschuldung 2,4 % des BIP angegeben. Aufgrund der schlechteren wirtschaftlichen Entwicklung im Land – das BIP soll nicht wie prognostiziert um 1,5 %, sondern nur um 1,2 % wachsen - revidierte die Kommission aber auch die Prognose für die Neuverschuldung. Die EU schreibt bei einer Staatsverschuldung von über 60 % einen verpflichteten Schuldenabbau vor, den Rom, trotz der zweithöchsten Schuldenquote in der Eurozone nach Griechenland, aber ablehnt. Die EU könnte deshalb am 21. November 2018 ein Strafverfahren gegen Italien einleiten, dem müsste aber der ECOFIN-Rat zustimmen.
Weiterführende Informationen:
Herbstprognose 2018: anhaltendes, aber weniger dynamisches Wachstum bei hoher Unsicherheit