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Zum 11. Mal tagte am 25. und 26. Mai in der europäischen Hauptstadt das Brussels Economic Forum. Hochkarätige RednerInnen diskutierten über Strategien für die Zeit nach der Krise. Dabei lag der Fokus auf dem Wirtschaftswachstum: Welche Strategien braucht Europa?

Rehn: Es wird eine Zeit nach der Krise geben, und dafür brauchen wir eine Strategie

Olli Rehn, EU-Kommissar für Wirtschaft und Finanzen, eröffnete das Forum mit der Aussage, dass sich die Wirtschaft bereits erhole. Aufgrund des Schuldenbergs müsse nun ein nachhaltiges Wachstum angestrebt werden. Als Strategie steckt sich die Europäische Kommission dabei folgende drei Ziele:

  • Haushaltskonsolidierung: Die öffentlichen Haushalte in den EU-Ländern müssen konsolidiert werden, um ein sicheres Wachstum zu garantieren.
  • Strukturreformen: Es müssen in jedem EU-Mitgliedsstaat länderspezifische politische Reformen implementiert werden, um die Wachstumsmöglichkeiten in der EU nachhaltig zu steigern.
  • Schwerpunkt auf „grüne“ Wirtschaft: In Anlehnung an die bereits im März beschlossene EU2020-Strategie sollen so in Zukunft Umweltprobleme gelöst und Wachstumsraten sowie die öffentlichen Haushalte gestärkt werden.

Van Rompuy: Wir sind gestolpert, aber nicht hingefallen

Der Präsident des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, lobte die EU für die Unterstützung Griechenlands und des Euros – auch wenn die Hauptmotivation wohl eher aus Eigenschutz herrührte – und betonte, wie wichtig eine nachhaltige Haushaltspolitik sei. Als Konsequenz der Krise wurde eine „Task Force“ ins Leben gerufen, die sich aus Mitgliedern aller 27 EU-Länder, vor allem FinanzministerInnen, zusammensetzt. Bereits im Oktober sollen allgemeine Abkommen beschlossen werden. Ziele der Task Force sind unter anderem eine größere Haushaltsdisziplin, eine zukünftige Krisenprävention sowie – im Falle von erneuten Krisen – eine verstärkte interinstitutionelle Zusammenarbeit, um effizienter reagieren zu können. Van Rompuy hob hervor, dass die Krise deutlich die Notwendigkeit einer verstärkten wirtschaftlichen wie auch politischen Koordination aufzeige. Denn seit der Einführung der gemeinsamen Währung ist jedes Land der Euro-Zone auch von der Wirtschaft der anderen Mitgliedsstaaten abhängig.

Nowotny: Der Schuldenanteil am BIP kann nicht von heute auf morgen reduziert werden

Während das erste Panel der Entfaltung der globalen Finanz- und Wirtschaftkrise gewidmet war, wurde im zweiten Teil schließlich verstärkt auf die Konsequenzen für Europa eingegangen. Dabei lobte Ewald Nowotny, Gouverneur der Österreichischen Nationalbank, die Zinssenkung der EZB als Weg aus der Krise. Ferner wies er darauf hin, dass die öffentlichen Schulden nicht von heute auf morgen reduziert werden könnten. Um dem Ungleichgewicht der Finanzmärkte entgegenzuwirken, sprach auch er sich für die Einführung struktureller Reformen aus.

Barroso: Haushaltskonsolidierung und Strukturreformen können nicht voneinander getrennt betrachtet werden

José Manuel Barroso, der Präsident der Europäischen Kommission, sprach ferner von drei Herausforderungen für Europa, die sich durch die Krise ergeben, und zwar eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten und der EU, das Funktionieren der Finanzmärkte sowie wirtschaftliche und steuerliche Anpassungen, um das Wachstum zu gewährleisten. Während seiner Meinung nach die Zusammenarbeit schon funktioniere – als Beispiel zitierte auch er die Unterstützung für Griechenland – kritisierte er die Mängel bei den Finanzmärkten. Im Bereich der Aufsicht würden die Rahmenbedingungen nun geschaffen. Mehrere Instrumente würden bereits umgesetzt, wie etwa die neue Reglementierung für Rating-Agenturen. Ferner versprach Barroso, die Implementierung der Finanzmarktreform im Rahmen der G20-Konferenz in Toronto nächsten Monat zu forcieren. Bezüglich der wirtschaftlichen und steuerlichen Anpassungen sprach auch er von Strukturreformen, um eine langfristige Nachhaltigkeit der Haushalte zu erreichen. Wichtig sei auch, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt weiter verstärkt und das Vertrauen in die EU-Institutionen beibehalten werde, denn die Durchsetzung der Haushaltsregeln, an die sich jeder Mitgliedsstaat halten muss, kann nur durch die EU-Institutionen gewährleistet werden. 

Die aus ArbeitnehmerInnensicht einseitigen Rezepte, die das Brüsseler Wirtschaftsforum präsentierte, scheinen die fehlgeleitete Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahre in Europa fortsetzen zu wollen. Sparen in der Krise und sogenannte Strukturreformen, die in der Regel auf eine weitere Deregulierung der Arbeitsmärkte hinauslaufen, sind nicht geeignet, die Kaufkraft und die Nachfrage in Europa zu stärken. Diese Botschaft scheint noch immer nicht bei der Europäischen Kommission angekommen zu sein.

Weiterführende Informationen:

Website des Brussels Economic Forum 2010 (nur in Englisch verfügbar)

Europa und die Krise in 3 Akten (nur in Englisch verfügbar)