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ZurückLange ist es hin- und hergegangen, aber mit dem heutigen 31. Jänner 2020 ist der Austritt Großbritanniens aus der EU Realität geworden. Nachdem am Mittwoch, 29. Jänner, auch das Europäische Parlament dem Brexit-Austrittsvertrag zugestimmt hat, stand dem Austrittsdatum Ende Jänner nichts mehr entgegen. Wie die EU und Großbritannien ihre Beziehungen nun neu aufstellen, wird sich erst in den nächsten Monaten zeigen.
Mit Inkrafttreten des Austritts am 31. Jänner beginnt zunächst eine Übergangsperiode bis 31. Dezember 2020. Diese kann noch um 1-2 Jahre verlängert werden, sofern Großbritannien dies bis 1. Juli 2020 beantragt. Erst mit Ende der Übergangsfrist am 31. Dezember 2020 werden direkte Auswirkungen des Brexits für europäische und britische BürgerInnen merkbar sein. Bis dahin verhandeln die EU und Großbritannien über die künftigen Beziehungen in Form eines Handelsabkommens. Es wird erwartet, dass mit 25. Februar das dafür notwendige Verhandlungsmandat durch den Europäischen Rat bestätigt wird. Danach kann die EU Kommission mit den Verhandlungen beginnen.
Wie geht es weiter?
Laut Ankündigungen ist es der EU Kommission besonders wichtig, dass die hohen Schutzstandards der EU, die schließlich bis vor kurzem auch in Großbritannien einzuhalten waren, auch künftig erhalten bleiben. Die Verhandlungen werden zudem einzigartig in ihrem Umfang sein. Die Themen reichen von Handel, Sicherheit, Außenpolitik über Fischerei hin zu kulturellen sowie bildungspolitischen Beziehungen. Dass dafür nur elf Monate Zeit ist, stellt beide Seiten vor eine Mammutaufgabe und könnte in Schnellschusslösungen enden. Nur in wenigen Fällen gibt es Absicherungen, falls kein Vertrag zustande kommt. So bleibt Nordirland zwar Teil des britischen Zollgebiets, aber die einschlägigen Regeln des EU-Rechts werden weiterhin angewandt und der EuGH bleibt zuständig. An den Außenseiten der irischen Insel werden daher wohl künftig Kontrollen stattfinden, so die Ankündigung des EU-Chefverhandlers Barnier.
Aus Sicht der AK ist es wichtig, dass bei den Verhandlungen ein Wettlauf nach unten verhindert wird. Die Rechte von ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen müssen sowohl in Großbritannien als auch in der EU ausgebaut und nicht eingeschränkt werden. Dafür braucht es in der künftigen Handelsbeziehung eine verbindliche Klausel zum Schutz von ArbeitnehmerInnen, KonsumentInnen und der Umwelt sowie einen fairen Wettbewerb. Diese Aspekte müssen auch effektiv sanktioniert werden können. Wichtig ist auch, dass Dienstleistungen den Regeln jenes Staates unterliegen, in dem die Dienstleistung erbracht wird, und dass keine Sonderklagerechte für Unternehmen im Rahmen von InvestorInnen-Staat-Schiedsverfahren geschaffen werden. Dies würde nämlich dem Ziel der hohen Standards der EU Kommission zuwiderlaufen.
Auch Gewerkschaften in Großbritannien und der EU warnen vor den Gefahren, die der Brexit mit sich bringt. Insbesondere die Rechte der ArbeitnehmerInnen laufen Gefahr noch weiter verwässert zu werden. Sie pochen daher darauf, dass garantiert werden muss, dass die grundlegenden britischen Arbeitsstandards auf demselben Niveau bleiben wie in der EU. Denn derzeit werden viele ArbeitnehmerInnenrechte durch europäische Rechtsakte und EuGH Entscheidungen abgesichert.
Die Übergangsphase
Der 31. Jänner 2020 ist der Zeitpunkt, von dem an es kein Zurück mehr gibt. Sollte Großbritannien wieder Teil der EU werden wollen, müsste ein komplett neues Aufnahmeverfahren gestartet werden. Die größte Änderung ist aber, dass BritInnen nicht mehr EU-BürgerInnen sind. Sie – und umgekehrt EU-BürgerInnen in Großbritannien – haben aber weiterhin das Recht in anderen EU Staaten, gleichberechtigt zu leben, zu arbeiten und zu studieren. Sie müssen dafür rechtzeitig den dazugehörigen Aufenthaltstitel beantragen. In der Übergangsperiode und 8 Jahre darüber hinaus ist außerdem der Europäische Gerichtshof weiterhin für die Rechte der BürgerInnen zuständig. Bis Jahresende 2020 gilt eine Übergangsfrist. Großbritannien muss sich während dieser Zeit an alle Gesetze der EU halten, hat aber keine Möglichkeiten der Mitbestimmung in der Europäischen Institutionen mehr.
Im Europäischen Parlament werden mit dem Ausscheiden der 73 britischen Abgeordneten die dadurch frei gewordenen Sitze neu verteilt. 46 davon werden für künftige EU-Erweiterungen freigehalten, wodurch sich das EU Parlament auf 705 Sitze verkleinert. Die übrigen 27 werden auf 14 Mitgliedsstaaten, darunter auch Österreich, aufgeteilt. Österreich bekommt ein 19. Mandat, das aufgrund des Ergebnisses der EU-Wahl im Vorjahr an die Grünen geht. Einnehmen wird es Thomas Waitz, Biobauer und bereits erfahrener EU-Parlamentarier. Insgesamt erhält die Europäische Volkspartei 5 Sitze und die ID Fraktion drei Sitze (und wird somit zur viertgrößten Fraktion) dazu. Alle anderen Fraktionen verlieren Sitze: Die sozialdemokratische S&D fünf, die liberale Renew elf, die grüne Fraktion sieben, die ECR-Fraktion drei und die linke Fraktion einen. 27 britische Abgeordnete waren bislang fraktionslos, ihr Verlust hat somit keine Auswirkung auf die Fraktionen. Im Team der EU-Kommission ändert sich nichts, schließlich hat Großbritannien bereits im vergangenen Herbst keine/n neue/n KommissarIn ernannt.
Weiterführende Informationen:
A&W Blog: Brexit Dystopia – droht ein Kahlschlag im Arbeitsrecht?
Informationen der EU Kommission
Änderungen im Europäischen Parlament
AK Newsletter: Kroatien übernimmt die Ratspräsidentschaft
AK Newsletter: Neue Kommission 2019-2024: wer kommt, wer bleibt und was sie tun