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Sie gehört zu den am kontroversesten diskutierten Gesetzesvorschlägen, die derzeit im Parlament und Rat verhandelt werden: Die „lex specialis“ zur Entsenderichtlinie, mit der geregelt werden soll, inwieweit die allgemein gültige Entsenderichtlinie im Straßenverkehr angewendet werden muss – oder eben nicht. Der Beschäftigungsausschuss des Europäischen Parlaments setzte nun ein klares und unmissverständliches Zeichen und stimmte am 25. April 2018 mehrheitlich gegen substantielle Ausnahmeregelungen. Es handelt sich somit um eine erste wichtige Positionierung, die in Anbetracht der noch ausstehenden Abstimmungen im Verkehrsausschuss und im Plenum sowie der Verhandlungen mit dem Rat nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

 

Es stehen noch zähe Debatten und knappe Abstimmungen aus, bis sich die EU-Institutionen geeinigt haben werden, in welcher Form die Entsenderichtlinie im Straßengüter- und -personenverkehr angewendet werden muss. Während die bisher gültige Richtlinie aus dem Jahr 1996 für grundsätzlich alle Entsendungen und damit auch für den Straßenverkehr gilt, sah der Vorschlag der Kommission von 2017 vor, den grenzüberschreitenden Straßentransport für die ersten drei Tage pro Monat auszunehmen. Dies würde bedeuten, dass die Entlohnung von FahrerInnen für Transporte von und nach Österreich drei Tage lang nicht mehr nach österreichischen Entlohnungsbedingungen, sondern nach jenen des Entsendestaates zu erfolgen hätte. Diese sind aus österreichischer Sicht in vielen Nachbarstaaten deutlich niedriger. Die Fortführung der bereits jetzt bestehenden oftmals schlechten Arbeitsbedingungen von LKW- und BusfahrerInnen und zusätzlicher Druck auf die Beschäftigten wäre die Folge.

 

Während viele VertreterInnen wirtschaftlich schwächerer Staaten – sowohl im EU-Parlament als auch im Rat – das niedrigere Lohnniveau als Wettbewerbsvorteil sehen und sich für die Ausnahmebestimmungen aussprechen, damit aber die Bedingungen der Beschäftigten völlig negieren, sieht es die Mehrheit der Abgeordneten im Beschäftigungsausschuss (EMPL) des Europäischen Parlaments anders: Bei der Abstimmung am 25. April 2018 fand der Antrag eine Mehrheit von 30 Ja- gegenüber 23 Nein-Stimmen, wonach die Entsenderichtlinie sowohl bei innerstaatlichem Verkehr durch ausländische Unternehmen (Kabotage) als auch bei grenzüberschreitendem Verkehr anzuwenden ist. Sozialdumping würde damit deutlich erschwert und auch die leidvolle Frage nach Kontrollmöglichkeiten einer zeitlichen Ausnahmeregelung obsolet. Außerdem soll es auch keine Ausnahmeregelung bei Langzeitentsendungen geben, womit sichergestellt wäre, dass nach spätestens 18 Monaten die Bestimmungen des Landes heranzuziehen sind, in denen die Tätigkeit erfolgt.

 

Diesem wichtigen Etappenerfolg folgen aber noch weitere zähe Verhandlungen. In knapp einem Monat wird der Verkehrsausschuss TRAN über dasselbe Dossier abstimmen, und es ist noch nicht absehbar, ob dort dieselbe Position eine Mehrheit finden wird. Selbiges gilt für die Abstimmung im EP-Plenum, die für Juni avisiert ist. Unter der österreichischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 werden voraussichtlich die Trilogverhandlungen mit der Kommission und dem Rat erfolgen, wobei der Standpunkt des Rates ebenfalls noch offen ist. Die Arbeiterkammer wird sich weiterhin intensiv in die Verhandlungen einbringen, damit auch am Ende des politischen Prozesses ein Ergebnis steht, das mit der Position des Beschäftigungsausschusses möglichst deckungsgleich ist. Denn nur so kann Sozialdumping auf Europas Straßen wirkungsvoll bekämpft werden.

 

Weiterführende Informationen

AK EUROPA: Entsenderichtlinie: Einigung im Trilog – Wirksame Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping?

AK EUROPA: Entscheidende Phase zum Mobilitätspaket im EU-Parlament beginnt

AK Positionspapier: Mobilitätspaket „Europa in Bewegung“ - Sozialvorschriften

Europäisches Parlament: Entsendung im Straßenverkehr

Europäische Kommission: Vorschlag zur Entsendung im Straßenverkehr