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ZurückNachdem das Vereinigte Königreich mit Ende Jänner 2020 offiziell aus der Europäischen Union ausgetreten ist, starteten am Montag, dem 2. März, die Verhandlungen um ein zukünftiges Handelsabkommen. Für die Arbeiterkammer steht fest: Der BREXIT darf nicht auf Kosten der Beschäftigten gehen!
Am Dienstag, dem 25. Februar, haben die 27 verbleibenden EU-Mitgliedsstaaten dem von der Kommission vorgeschlagenen Mandat für die Verhandlungen über zukünftige Handelsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich zugestimmt. Mit der Leitung der Verhandlungen wurde der französische Politiker Michel Barnier beauftragt, Chefunterhändler auf britischer Seite ist David Frost.
Die Verhandlungen stehen unter enormem Zeitdruck. Nach dem EU-Austritt mit dem 31. Jänner 2020 unterliegt Großbritannien noch bis Jahresende den Regeln der Union. Danach muss ein Handelsabkommen stehen – oder es kommt zum befürchteten „no deal“-Szenario. Der britische Premier Boris Johnson hat kürzlich in den Raum gestellt, die Gespräche abzubrechen, falls bei einem für Juni anberaumten Gipfel noch kein Entwurf für ein entsprechendes Handelsabkommen vorliegen sollte. Stattdessen wolle man sich in diesem Fall auf die Handelsbedingungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) fokussieren.
Ein Rückfall auf das Regelwerk der WTO würde allerdings nicht nur Zollabgaben auf eine ganze Reihe von Gütern mit sich bringen, sondern auch zu mehr Grenzkontrollen und den damit verbundenen Verzögerungen führen. Die von Johnson angekündigte Frist ist – inklusive der Möglichkeit, die Gespräche gegebenenfalls abzubrechen – auch offiziell im britischen Verhandlungsmandat festgehalten, womit Großbritannien noch vor Beginn der Verhandlungen den Druck auf die EU erhöhte. Während das Verhandlungsmandat von den konservativen Abgeordneten im britischen Unterhaus durchwegs positiv aufgenommen wurde, hagelte es von Oppositionsparteien und Gewerkschaften Kritik. „Die Regierung gefährdet rücksichtslos die Arbeitsplätze und Rechte der Arbeitnehmenden“, warnte etwa Francis O’Grady, Generalsekretärin des Gewerkschaftskongresses (Trades Union Congress).
EU pocht auf Beibehaltung unionsrechtlicher Standards
Sowohl Großbritannien als auch die EU wünschen sich prinzipiell eine Freihandelszone mit zoll- und quotenfreiem Warenverkehr. Die britische Regierung will dabei CETA, das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada, zum Vorbild nehmen und zeigt sich nicht bereit, sich zukünftigen den Binnenmarktgesetzen der EU zu unterwerfen oder der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Legitimität einzugestehen. Auf der anderen Seite des Verhandlungstisches betont die EU die eigene Unnachgiebigkeit in genau diesen Punkten. Die Einhaltung von gleichwertigen Sozial-, Umwelt- und Arbeitsstandards sowie Regeln für Staatsbeihilfen sind laut EU absolute Grundvoraussetzungen für ein mögliches Handelsabkommen.
Arbeiterkammer gegen BREXIT auf Kosten der Angestellten
Hinsichtlich der nun eröffneten Verhandlungen begrüßt die Arbeiterkammer die Veröffentlichung des Mandats sowie das grundsätzliche Bekenntnis zu Transparenz. Die AK befürwortet prinzipiell eine enge zukünftige Partnerschaft mit Großbritannien, warnt allerdings vor einem destruktiven Wettlauf nach unten. Sollte es in Großbritannien zu einer Absenkung von unionsrechtlichen Standards – etwa in den Bereichen Arbeitsrecht, Sozialschutz oder Umweltschutz – kommen, könnte dies nicht nur für die britischen ArbeitnehmerInnen inakzeptable Folgen mit sich bringen. Eine Deregulierung in diesen Bereichen könnte zu einem Wettbewerbsvorteil führen, der in weiterer Folge auch EU-Standards unter Druck setzen würde. Dies gilt es auf jeden Fall zu verhindern. Der BREXIT darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden. Die Interessen von ArbeitnehmerInnen und VerbraucherInnen müssen ebenso gewahrt werden wie Umwelt- und Klimaschutz.
Die Arbeiterkammer fordert einen fairen Wettbewerb zu gleichen Ausgangsbedingungen – Stichwort: „level playing field“ – und unter Aufrechterhaltung der unionsrechtlichen Standards. Um das zu garantieren, bedarf es eines effektiven Mechanismus zur Durchsetzung dieser gleichen Ausgangsbedingungen. Deshalb sollen alle diesbezüglich erlassenen Bestimmungen dem allgemeinen Streitbeilegungsmechanismus unterstellt werden. Nur so kann garantiert werden, dass allfällige Verstöße entsprechend geahndet werden können. Explizit begrüßt wird hingegen, dass im vorliegenden Mandatsentwurf keine Sonderklagerechte für InvestorInnen (ISDS) vorgesehen sind.
Es bleibt abzuwarten, wann und in welcher Form die Verhandlungen mit Großbritannien erste Ergebnisse liefern werden. Die Arbeiterkammer wird die Verhandlungen weiterhin kritisch beobachten und dafür kämpfen, dass die Interessen der Beschäftigten auf beiden Seiten des Ärmelkanals im Rahmen eines möglichen Abkommens gewahrt werden.
Weiterführende Informationen:
AK EUROA: Der Brexit ist vollzogen – und was jetzt?
A&W Blog: Brexit Dystopia – droht ein Kahlschlag im Arbeitsrecht?