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ZurückMehr Schutz vor problematischen Übernahmen – das stellt die vor Kurzem im Europäischen Parlament beschlossene Verordnung zur „Schaffung eines Rahmens für die Prüfung ausländischer Direktinvestitionen“ in Aussicht. Dem Beschluss waren langwierige Diskussionen über das Gefahrenpotential von Investitionen aus EU-Drittstaaten (wie etwa China, Russland oder USA) sowie den möglichen Ausverkauf von kritischer europäischer Infrastruktur und Technologie vorausgegangen. Dafür war beispielsweise die Übernahme des deutschen Roboterherstellers Kuka durch einen chinesischen Investor im Jahr 2011 ein wichtiger Auslöser. Die Annahme der Verordnung durch die Mitgliedstaaten im März gilt nun nur mehr als Formsache.
Bislang gestalten sich sogenannte „Screening-Mechanismen“ zur Prüfung als problematisch eingestufter Übernahmen in den Mitgliedstaaten alles andere als einheitlich. So haben einzelne Mitgliedstaaten in den letzten Jahren außenwirtschaftliche Schutzinstrumente zur Investitionskontrolle eingeführt oder ausgebaut (wie z.B. Deutschland, Frankreich, Österreich). Andere Mitgliedstaaten haben hingegen bislang darauf verzichtet. Zudem ist die Europäische Kommission auch in diesem Bereich wiederholt restriktiv gegen Einschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit aufgetreten. Die Verordnung schafft nun zwar einen europäischen Rahmen zur Überprüfung von ausländischen Direktinvestitionen, die aus Gründen der „Sicherheit und öffentlichen Ordnung“ erfolgen. Unter diesen Rahmen fallen etwa Standards der Transparenz und Nicht-Diskriminierung für Investoren zwischen EU-Drittstaaten in den jeweiligen nationalen gesetzlichen Regelungen. Doch die tatsächlichen Prüfkompetenzen der Europäischen Kommission bleiben im Rahmen der Verordnung zugleich beschränkt. Diese bringt vornehmlich Kooperationsmechanismen, die verstärkte Berichts- und Konsultationspflichten zwischen den Mitgliedstaaten selbst und an die Europäische Kommission beinhalten. Diese greifen beispielsweise, wenn Übernahmen ein Risiko für Projekte und Programme im Unionsinteresse darstellen (etwa in den Bereichen transeuropäische Verkehrs- oder Energienetze). Darüber sollen durch jährliche Berichtspflichten der Mitgliedstaaten zu ausländischen Direktinvestitionen auf ihrem Hoheitsgebiet auch eine Art Frühwarnsystem zu Investitionsflüssen auf europäischer Ebene etabliert werden.
Außenwirtschaftliche Schutzinstrumente mit Biss?
Schwer absehbar bleibt hingegen, wie viel Rechtssicherheit und Spielräume die Verordnung Mitgliedstaaten künftig tatsächlich bietet, ihre außenwirtschaftlichen Schutzinstrumente zur Investitionskontrolle anzuwenden und auszubauen. So heißt es zwar seitens der EK: „Bei Entscheidungen über ausländische Direktinvestitionen gewährleistet der europäische Rahmen weiterhin die erforderliche Flexibilität der einzelnen Länder. Die Mitgliedstaaten haben bei jeder Überprüfung das letzte Wort“. Doch diese laufen auch künftig Gefahr, durch eine restriktive unionsrechtliche Auslegung von Gründen der „Sicherheit und öffentlichen Ordnung“ in Konflikt mit Beschränkungsverboten der Kapitalverkehrsfreiheit zu geraten. Eine Stärkung von Prüfaspekten im öffentlichen Interesse (wie etwa bei Gefährdung der sozialen Kohäsion oder regionalen Entwicklung) ist in der Verordnung ausgeblieben. Zugleich weist die Verordnung im Vergleich zum ursprünglichen EK-Vorschlag mehr ausdrücklich genannte Anwendungsbereiche auf: Diese beinhalten etwa unter prüfungsrelevanter „kritischer Infrastruktur“ neben z.B. Energie und Verkehr hinaus nun auch Wasser, Gesundheit, Medien, Datenverarbeitung und –speicherung. Zusätzliche Erweiterungen sind hier beispielweise auch in den prüfungsrelevanten Bereichen „kritische Technologie“ (etwa um Energiespeicherung) oder beispielweise bei neu aufgenommenen Faktoren wie „Nahrungsmittelsicherheit“ auf. Damit besteht auch ein Signal an die Mitgliedstaaten in ihren jeweiligen national geregelten Prüfmechanismen die Reichweite prüfungsrelevanter Bereiche auch ausweiten zu können. Vor diesem Hintergrund besteht nicht zuletzt auch für Österreich nun ein Gelegenheitsfenster, der Anwendbarkeit seines Außenwirtschaftsgesetzes künftig mehr Biss zu verleihen.
Weiterführende Informationen:
AK Stellungnahme FDI Screening