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Am 8. März 2017 findet wieder der alljährliche Weltfrauentag statt. Die Geschlechtergerechtigkeit und Gleichstellung erlangen damit ungewohnt viel Aufmerksamkeit – schade, dass dieses Niveau nicht gehalten wird, denn beispielsweise ein Blick auf die viel zu wenigen Frauen in Führungspositionen zeigt, wie wichtig ganzjähriges Engagement hier wäre.

 

Der diesjährige Weltfrauentag wird auch heuer wieder zum Anlass genommen, Gleichstellung auf europäischer Ebene zu diskutieren. Während bereits vergangene Woche die Einkommensunterschiede im Rahmen des Gender Pay Gaps thematisiert wurden, findet nun eine breitere Diskussion der nach wie vor bestehenden vielfältigen strukturellen Benachteiligungen von Frauen statt. In diesem Zusammenhang untersucht der Gender Equality Bericht, welche Fortschritte in der EU gemacht wurden und welchen Herausforderungen es zu begegnen gilt.

 

Echte Gleichberechtigung ist in vielen Bereichen nach wie vor nicht gegeben: Frauen und Männer verdienen unterschiedlich viel, haben unterschiedlich viel Einfluss in öffentlichen wie privaten Bereichen, unterschiedlich viel Zeit zur Verfügung, um eigenen Bedürfnissen nachzugehen und müssen unterschiedlichen Erwartungen entsprechen. Ein Blick auf einen dieser Bereiche alleine kann dabei aber nie die ganze dahinterliegende Komplexität der strukturellen Benachteiligung von Frauen und all jener, die von dominanten Geschlechternormen abweichen, abbilden. Dennoch können und müssen Veränderungen in einzelnen gesellschaftlichen Bereichen passieren: So muss sich etwas daran ändern, dass der Großteil aller Führungskräfte der Europäischen Union männlich und weiß ist. Gesamteuropäisch haben Frauen laut der EU-Statistikbehörde Eurostat nur eine von drei Managementpositionen inne. Je weiter es in der Hierarchie nach oben geht, desto stärker sind Frauen unterrepräsentiert und verdienen in derselben Position auch weniger als Männer.

 

Um eben dieser Schieflage zu begegnen, wird häufig über die Einführung einer Quote diskutiert. Diese soll sicherstellen, dass Frauen und Männer zu etwa gleichen Teilen in Vorständen und ChefInnenetagen vertreten sind, und dafür gegebenenfalls, bei gleicher Qualifikation, die unterrepräsentierte Gruppen bevorzugt wird. Obwohl Gleichberechtigung zu einem der Eckpfeiler der Europäischen Union zählt, hat sich eine entsprechende Regelung auf Unionsebene nicht durchsetzen können – eine gesamteuropäische Quotenregelung ist 2015 am Widerstand einzelner Mitgliedsstaaten, etwa Deutschland, gescheitert. Österreich hat sich zwar damals für die Regelung ausgesprochen, bis heute aber gibt es hier keine nationale Regelung.

 

Der vor kurzem veröffentlichte Frauen.Management.Report.2017 der AK Wien zeigt allerdings, dass eine Quote wirken kann. Jene Länder, welche verpflichtende Quoten mit Sanktionspotential bei Nichteinhaltung umgesetzt haben, zeigen eine signifikante Erhöhung von Frauen in Führungsebenen. Dabei handelt es sich keinesfalls nur um Länder aus dem skandinavischen Raum – neben Norwegen haben auch Deutschland, Italien, Belgien und Frankreich eine entsprechende nationale Regelung umgesetzt.

 

Die Situation, wie sie der Frauen.Management.Report.2017 für Österreich zeichnet, schaut damit so aus: In den 200 umsatzstärksten Unternehmen sind kaum ein Sechstel des Mittleren Managements weiblich, im Vorstand sind das nur mehr sieben Prozent, an der Unternehmensspitze sind von 200 Posten 193 mit Männern besetzt. Zwar schließen mehr Frauen als Männer eine akademische Ausbildung ab, aber strukturelle Barrieren, wie eben veraltete Rollenbilder und damit verbundene Arbeitspraktiken, die Männer bevorzugt behandeln, stellen kaum überwindbare Hindernisse auf der Karriereleiter dar. Eine verpflichtende Quote würde hier klar dazu führen, dass die Ausrede, es gäbe keine ausreichend qualifizierten Frauen, nicht mehr zählt.

 

Die Bundesregierung plant zurzeit eine verpflichtende Quote von 30% für Aufsichtsräte von börsennotierte Unternehmen sowie Großunternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten. Dieser Vorschlag bleibt allerdings hinter den Erwartungen zurück: Fehlende Sanktionsmöglichkeiten sowie die niedrige Quote von 30% (der EU-Vorschlag hätte eine 40%ige Quote gefordert) lassen befürchten, dass die strukturelle Änderung nicht durchsetzbar ist.

 

Mehr Frauen bringen aber nicht notwendigerweise mehr Diversität in Bezug auf Herkunft, Meinungen oder Perspektiven in die Geschäftsführung. Schließlich handelt es sich bei der Quotenregelung nicht um ein Allheilmittel für Geschlechterungleichheiten – insbesondere da sie sich auf Führungsebenen und damit gut qualifizierte Frauen bezieht, die überhaupt schon so weit gekommen sind. Quotenregelungen sind aber dennoch ein wichtiger und notwendiger Baustein auf dem Weg in eine gerechtere Gesellschaft, in der Lebenschancen nicht von zugeschriebenen Eigenschaften abhängen, und Diversität gefördert wird.

 

Weiterführende Informationen:

AK Wien: Frauen.Management.Report.2017

EK: Mehr Frauen in Chefetagen: Europäische Kommission prüft Optionen

BAK Brüssel: Schwarzer Tag für EU Gleichstellungspolitik

BAK Brüssel: Frauen in Aufsichtsräten – Ein EU Vorschlag steht an der Kippe

EK: Gender Equality Bericht 2017