Nachrichten
ZurückSeit Jahren klagen VertreterInnen aus den neuen Mitgliedstaaten, dass einige der in Osteuropa erhältlichen Produkte aus schlechteren Zutaten hergestellt werden als die unter demselben Namen in Westeuropa verkauften. Eine umfangreiche Untersuchung der Kommission bestätigt nun unterschiedliche Rezepturen in den Mitgliedstaaten, aber keine generelle Benachteiligung gewisser Länder Europas.
Um die Qualität von Markenlebensmitteln vergleichen zu können, wurden die Mitgliedstaaten dazu aufgerufen, Produktinformationen zur Verfügung zu stellen. 19 Mitgliedstaaten kamen dieser Aufforderung nach – Österreich war allerdings nicht darunter. Schließlich standen für die Untersuchung 1.380 Informationen zu 128 Produkten zur Verfügung.
Die Ergebnisse sind aufschlussreich: Nur 33 % der verglichenen Produkte hatten in allen verglichenen Mitgliedstaaten dieselbe Zusammensetzung. Bei weiteren 9 % war sie ähnlich. Bei einer Mehrheit von 58 % gab es in einzelnen Ländern jedoch tatsächlich Abweichungen.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, inwieweit sich die Verpackungen unterscheiden, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass es sich um dasselbe Produkt handle: Bei den identischen Produkten handelte es sich überwiegend auch um eine identische oder zumindest ähnliche Verpackung. Bei jenen Produkten, deren Zusammensetzung sich unterscheidet, hatte die Hälfte auch eine unterschiedliche Verpackung. Die andere Hälfte hat jedoch eine identische oder zumindest ähnliche Verpackung.
Zu den verglichenen Produkten zählte unter anderem die Streichschokolade Nutella von Ferrero. In allen 19 Ländern waren die Nährwertangaben identisch, und auch die Angaben über die Zutaten waren bei allen Ländern bis auf eine Ausnahme gleich. Dasselbe trifft auch auf die Manner Neapolitanerschnitten zu, die von Proben aus acht Ländern verglichen werden konnten.
Unterschiedliche Rezepturen wurden vor allem bei Getränken festgestellt, z.B. Fanta, Coca Cola oder Heineken Lager Bier. So setzt Coca Cola in manchen Ländern auf Sirup statt Zucker. Und auch bei Fischstäbchen ergab die Untersuchung einen unterschiedlichen Fischanteil zwischen den unterschiedlichen Proben.
Die HerstellerInnen jener Produkte, bei denen Unterschiede festgestellt wurden, hatten im Rahmen des Berichts auch eine Möglichkeit zur Stellungnahme. Häufig verwiesen sie dabei auf unterschiedliche Präferenzen der KonsumentInnen, aber auch auf unterschiedliche Zeitpunkte der Herstellung, Übersetzungsfehler oder eine irrtümlich falsche Inhaltsangabe.
Aus geographischer Sicht war anhand der verglichenen Produkte kein Muster zu erkennen, dass in gewissen Mitgliedstaaten unterschiedliche Produkte mit allenfalls abweichender Qualität vertrieben würden. Vielmehr war es von Produkt zu Produkt abhängig, wie die Zusammensetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten abweicht.
Kommissar Tibor Navracsics zieht dementsprechend auch ein gemischtes Resümee: Zwar ist es positiv, dass sich der Verdacht von unterschiedlichen Standards in West- und Osteuropa nicht bestätigt hat. Dass aber dennoch fast ein Drittel der verglichenen Produkte zwar eine identische Verpackung, sehr wohl aber unterschiedliche Zusammensetzungen aufweisen, ist zu bedauern. Mit dieser Untersuchung können nationale Behörden die festgestellten Unterschiede prüfen, ob für ihre Länder irreführende und damit illegale Praktiken vorliegen.
Dieser Untersuchung sind in den vergangenen Monaten zahlreiche Diskussionen über mögliche abweichende Qualitäten zwischen west- und osteuropäischen Ländern vorausgegangen. Bereits bei der Rede zur Lage der Union 2017 hatte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker betont, dass es keine VerbraucherInnen zweiter Klasse geben darf. Ob die nun vorgestellten Ergebnisse aber tatsächlich den Verdacht von Doppelstandards bei Lebensmitteln innerhalb der Union beenden oder in der nun beginnenden neuen Wahlperiode innerhalb der EU-Institutionen fortgeführt werden, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Neue Grenzwerte für krebserregende Stoffe in Palmöl