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Nach den wichtigen Ereignissen zum Jahresende (Gemeinsamer UK/EU-Bericht vom 8.12. und Startschuss für den Beginn der Phase 2 der Verhandlungen beim Europäischen Rates vom 15.12.2017) nehmen die Brexit-Verhandlungen nun im neuen Jahr wieder Fahrt auf. Aus AK-Sicht sind die Verhandlungen daran zu messen, ob ein zukünftiges Abkommen zwischen der EU und Großbritannien einen ausreichenden Schutz von ArbeitnehmerInnen, KonsumentInnen und Umwelt sicherstellt.

 

In dieser parlamentarischen Ausschuss-Woche (22.-25.1.2018) stand das Thema Brexit gleich in drei Parlamentsausschüssen zur Debatte. Guy Verhofstadt, Brexitkoordinator des EU-Parlaments, sprach im Ausschuss für konstitutionelle Fragen zum Stand der Verhandlungen und den Prioritäten aus Sicht des Parlaments. Als gegenwärtige drei Hauptprioritäten nannte er die Themen BürgerInnenrechte, die Übergangsregelung und die ab März startenden Verhandlungen zum Abkommen über die zukünftige Zusammenarbeit.

 

Beim Thema BürgerInnenrechte spricht sich Verhofstadt für einen Prozess einer möglichst automatischen Überführung der Rechte von BürgerInnen durch den Austrittsvertrag aus. Aufwand und Kosten von Antragsstellungen durch einzelne BürgerInnen selbst sollten vermieden werden. Bezüglich des Übergangszeitraumes von 30.3.2019 bis 31.12.2020 betonte Verhofstadt den Ansatz, wonach es im Übergangszeitraum kein „Rosinenpicken“ des Vereinigten Königreiches geben dürfe. Der gesamte gemeinschaftlichsrechtliche Acquis wird auch für das Vereinigte Königreich anwendbar sein. Jedoch wird dieses in der Übergangsperiode nicht mehr in den europäischen Institutionen vertreten sein und somit auch keine Einflussmöglichkeit auf die Gestaltung des Acquis mehr haben.

 

Das Bekenntnis zum gesamten gemeinschaftlichen Acquis und die Absage an ein „Rosinenpicken“ sind auch aus Sicht der ArbeitnehmerInnen zu begrüßen. Der Fokus müsste aus AK-Sicht jedoch noch in dem Sinne geweitet werden, dass das Vereinigite Königreich auch nach dem Austrittsdatum verpflichtet werden sollte, EU-Standards weiterhin einzuhalten, um einen unfairer Wettbewerb nach unten zu verhindern.

 

Das Abkommen über die zukünftige Zusammenarbeit sollte – so Verhofstadt – ein Assozierungsabkommen gemäß Art. 217 AEUV werden und aus 4 Säulen (1: Handel/Wirtschaft, 2: Thematische Zusammenarbeit, z.B. Bildung und Forschung, 3: Innere Angelegenheiten, 4: Außenpolitik und Verteidigung) bestehen. Dies näher zu skizzieren wird Gegenstand einer für März geplanten EP-Resolution sein. Rechtstechnisch soll neben dem Austrittsvertrag auch die Übergangsregelung ein Teil des Austrittsvertrages werden und mit einer politischen Erklärung zu den zukünftigen Beziehungen ergänzt werden, welche aus Sicht des Rates bereits so präzise wie möglich ausformuliert werden soll.

 

Im EU-Parlament wurde diese Woche auch darüber abgestimmt, wie in Zukunft mit den auf das Vereinigte Königreich fallenden EP-Mandaten verfahren werden soll. Hier votierte der zuständige AFCO-Ausschuss für eine Reduktion der EP-Sitze von 751 auf 705. Von den 73 bislang britischen Sitzen sollen ab Mai 2019 46 unbesetzt bleiben, 27 Sitze würden auf andere Mitgliedstaaten aufgeteilt: Auch Österreich gehört zu den Mitgliedstaaten, welche durch die neue Mandatsverteilung einen Sitz mehr als bislang im EU-Parlament erhalten würden.

 

Seit Anfang Jänner hat auch die EU27-interne Arbeitsgruppe mit der Diskussion einzelner Themendossiers begonnen und hierzu erste Diskussionsunterlagen veröffentlicht, etwa aus den Bereichen Flugverkehr, Fischerei, Sicherheits-, Verteidigungs- und Außenpolitik, Zusammenarbeit im Strafrecht sowie zum übergreifenden Thema Governance. Kommende Woche (30.1.18) steht zum ersten Mal das sensible Thema der Finanzdienstleistungen auf der Agenda der Arbeitsgruppe. Ebenfalls nächste Woche (29.1.18) wird der Rat Allgemeine Angelegenheiten die Verhandlungsleitlinien für dier Übergangsphase festlegen.

 

Nächster großer Meilenstein für die Verhandlungen ist der Europäische Rat am 22./23. März 2018, wo die Verhandlungsleitlinien für die Phase 2 der Brexit-Verhandlungen (Übergangsphase und Abkommen über die zukünftige Zusammenarbeit) von der Staats- und Regierungschefs festgelegt werden. Dem vorhergehend ist die bereits genannte Resolution im EP-Plenum am 8. März 2018 geplant, in welcher die Sichtweise des EU-Parlaments für die zukünftige Zusammenarbeit zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU noch einmal präzisiert werden soll.

 

Weiterführende Informationen:

Video EP-AFCO: Aussprache mit Brexit-Koordinator Guy Verhofststadt

Politico, Brexit talks are back (not that they ever went away), 23.1.2018

EUObserver: MEPs to keep 27 UK seats after Brexit, 24.1.2018

Brexit-Informationsportal der EU-Kommission

AK-Kaske: Brexit nicht auf Kosten der Beschäftigten, 14.12.2017

A&W Blog: Großbritannien Post-Brexit – Neuordnung der industriellen Beziehungen, 25.1.2017

EGB-Resolution zum Brexit vom 13./14.12.2017

Brexit – Verhandlungsoptionen aus Sicht des DGB, 25.9.2017