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ZurückDie Rufe nach einer Wiedereröffnung der innereuropäischen Grenzen und einer Wiederbelebung des Tourismussektors werden immer lauter. Am 13. Mai 2020 legte die Kommission ein Paket mit fünf Empfehlungen vor, die Bestimmungen für die Freizügigkeit und den Tourismus - inklusive dem Schutz der KonsumentInnen - während der Coronakrise beinhalten.
Die schrittweise Aufhebung des Lockdown ist in vollem Gange: Abgeordnete des Europäischen Parlaments fordern umgehende Grenzöffnungen, KonsumentInnen fragen sich, ob der Sommerurlaub stattfindet und die Tourismusbranche drängt auf eine Wiederaufnahme des Reisebetriebs. Die Kommission reagiert mit einem ganzen Paket von Leitlinien und Empfehlungen, die parallel zu gelockerten Restriktionen eine Wiederaufnahme der Mobilität strukturieren soll. Dabei geht es um nichts weniger als die Wiederbelebung von zentralen europäischen Errungenschaften, wie der Freizügigkeit oder des Binnenmarktes.
Gutscheine bei ausgefallenen Reisen bleiben freiwillig
Die wichtigste Nachricht für KonsumentInnen lautet, dass die Rückerstattung in Form von Gutscheinen für ausgefallene Reisen mit dem Flugzeug, Eisenbahn, Bus und Schiff sowie Pauschalreisen weiterhin nur auf freiwilliger Zustimmung basieren können, wie es auch aktuell geltendes EU-Reiserecht vorsieht. KonsumentInnen sollen somit weiterhin das Recht auf sofortige Rückerstattung der Tickets haben, wenn sie es wünschen. Wenn Gutscheine angenommen, aber innerhalb eines Jahres nicht eingelöst werden, sollen die Unternehmen automatisch die Refundierung in die Wege leiten. Außerdem empfiehlt die Kommission eine Absicherung der Gutscheine im Falle einer Insolvenz der Unternehmen, beispielsweise durch staatliche Garantiefonds. Um Gutscheinlösungen zusätzlich attraktiver zu machen, sollen die Übertragbarkeit von Gutscheinen ohne Zusatzkosten auf andere Personen ermöglicht werden. Ebenso sind Gutscheine mit einem höheren Wert oder zusätzlichen Serviceleistungen denkbar.
Zahlreiche Mitgliedstaaten erhöhten in den letzten Wochen jedoch den Druck auf die Kommission und erklärten auf nationaler Ebene Gutscheine auch ohne Zustimmung der Reisenden als zulässig. Dementsprechend ist es sehr zu begrüßen, dass die Kommission diesen Vorgang weiterhin als EU-rechtswidrig einstuft. Verkehrskommissarin Adina Vălean kündigte ein Schreiben an die Mitgliedstaaten an und stellte die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen jene Staaten in Aussicht, in denen die Regelungen zu den Gutscheinen nicht angepasst werden.
Gemeinsame Rahmenbedingungen für die Tourismusbranche
Die Tourismusbranche ist durch die Coronakrise schwer gebeutelt. Die Kommission verweist auf 85-90 % Einkommensverluste und 6 Millionen gefährdete Arbeitsplätze. Bezüglich der finanziellen Unterstützung angeschlagener Unternehmen im Tourismussektor, oftmals KMU oder Familienunternehmen, bringen die Leitlinien wenig Neues: Die Kommission setzt weiterhin auf staatliche Beihilfen und Kurzarbeit, unterstützt durch das europäische Kurzarbeitsinstrument SURE. Acht Milliarden Euro Hilfsgelder des Europäischen Investmentfonds sollen KMUs zu Gute kommen. Langfristig soll der Tourismus überdies auf grüne Füße gestellt werden und europäische Ziele attraktiver gemacht werden.
Freizügigkeit soll schrittweise wiederhergestellt werden
Die Freizügigkeit europäischer BürgerInnen steht bislang weiterhin im Schatten der Virusausbreitung. Um in die erste Phase der graduellen und abgestimmten Grenzöffnungen übergehen zu können, legt die Kommission drei Kriterien fest. Als erstes muss das Infektionsgeschehen und Fallzahlen in den angrenzenden Mitgliedsstaaten vergleichbar und unter Kontrolle sein. Zweitens müssen Kontaktbeschränkung und Hygienemaßnahmen bei der Grenzüberquerung in den jeweiligen Transportmitteln gewährleistet sein. Um Schaden vom Binnenmarkt abzuwenden, müssen Grenzschließungen unter gesundheitspolitischen Gesichtspunkten notwendig und verhältnismäßig sein. Neben der Mobilität von ArbeitnehmerInnen sollen auch Familienbesuche im Nachbarland als Grund zur Einreise anerkannt werden.
Alle innereuropäischen Restriktionen der Mobilität sollen in „Phase 2“ endgültig gelockert werden. Dies sei der Fall, wenn die Eindämmung des Virus in der gesamten EU einem konsistent positiven Trend folgt. Die Kommission kündigt an, die Mitgliedsstaaten bei der Koordinierung zu unterstützen und bei unverhältnismäßigen Grenzschließungen einzuschreiten. Darüber hinaus nimmt die Kommission eindeutig Stellung zu Grenzöffnungen für bestimmte Personen: Würde ein Mitgliedstaat die Einreise auf die StaatsbürgerInnen ausgewählter Länder reduzieren, ohne beispielsweise den Lebensmittelpunkt der Reisenden zu berücksichtigen, wäre dies laut Kommission mit dem Grundsatz der Nicht-Diskriminierung unvereinbar.
Sicherer Personen- und Güterverkehr
Die Kommission fordert eine Wiederaufnahme des Personenverkehrs, sofern das Infektionsrisiko für PassagierInnen und für das fahrende Personal so klein wie möglich gehalten werden kann. Hierfür muss das Einhalten von Hygienemaßnahmen, wie das Tragen von Masken durch Passagierinnen, Schutzausrüstung für das Fahrpersonal oder die Reinigung und Lüftung der Fahrzeuge, sichergestellt werden. Darüber hinaus sollen Informationen über die Fahrgastdichte zur Verfügung gestellt werden; ausreichender Sicherheitsabstand muss gewährleistet sein. Um die Interaktion mit Fahr- und Servicepersonal so gering wie möglich zu halten, ist der elektronische Kauf von Fahrkarten vorzuziehen. Transportunternehmen sollen bei der Ausarbeitung von Gesundheitsschutzplänen von den Sozialpartnern unterstützt werden.
Weiterführende Informationen:
Europäische Kommission: Tourismus und Verkehr
Europäische Kommission Fragen und Antworten: Paket „Tourismus und Verkehr“
AK EUROPA: Coronakrise: Kommissare Reynders und Breton im EU-Parlament