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Eine Reihe von neuen Entwicklungen in Brüssel beim Thema Regulierung der Finanzmärkte. Nicht nur AK EUROPA und das ÖGB Europabüro beschäftigten sich in ihrer Veranstaltung mit Hedge Fonds und Private Equity, auch das Europäische Parlament diskutierte den dazu neu vorgelegten Bericht des französischen Abgeordneten Jean-Paul Gauzès. Ebenfalls auf der Tagesordnung des EP stand eine Expertenanhörung zur Finanztransaktionssteuer. Zeitgleich tagten auch die Wirtschafts- und Finanzminister der EU-27 in Brüssel und machten eines deutlich: Zu viele Befugnisse für Europa wollen die Mitgliedstaaten nicht!
Europäisches Parlament: Gauzès stellt seinen Bericht zu Hedgefonds und Private Equity vor
Im Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) des Europäischen Parlaments präsentierte diese Woche in Brüssel der EVP-Abgeordnete Jean-Paul Gauzès seinen Berichtsentwurf zu den „Alternativen Investmentfondsmanagern (AIFM)“, im normalen Sprachgebrauch Hedge Fonds und Private Equity. Dazu die wichtigsten Punkte: Der Anwendungsbereich der Richtlinie soll so wie von der Kommission vorgeschlagen bleiben, die heftigen Lobbyversuche diverser Finanzinstitute, um Ausnahmeregeln beispielsweise für Immobilienfonds zu erwirken, wurden von Gauzès ignoriert. Interessant auch die Position zu den umstrittenen Schwellenwerten. Hier hatte die Kommission ja vorgeschlagen, dass die neuen Regeln erst ab einem Anlagevolumen von EUR 100 Millionen für Hedgefonds und EUR 500 Millionen für Private Equity gelten sollen. Gauzès sieht hier – so wie auch die AK – die Gefahr von Umgehungskonstruktionen und streicht die Schwellenwerte ersatzlos. Umstrittener der Vorschlag des Franzosen zu den Verschuldungsobergrenzen (leverage). Gauzès schlägt vor, dass das neu zu schaffende European Systemic Risk Board (ESRB), das bei der EZB angesiedelt werden soll, zu hohe Verschuldung kontrollieren soll. Udo Bullmann kritisierte im Namen der Sozialdemokraten diesen Ansatz und verlangte konkrete Obergrenzen in der Richtlinie selbst. Außerdem verlangte Bullmann ein Verbot von Leerverkäufen und konkrete Eigenkapitalvorschriften für die Fonds. Für spannende Verhandlungen ist gesorgt, auch weil die Position der Mitgliedstaaten im Rat sich in wichtigen Punkten vom Vorhaben der Parlamentarier unterscheidet.

Die Verursacher der Finanzkrise sollen auch dafür bezahlen: Finanztransaktionssteuer
Ebenfalls im ECON fand eine Expertenanhörung zur Finanztransaktionssteuer (FTS) statt. Ein Vertreter der Kommission gab zu erkennen, dass die Kommission derzeit nicht vorhabe, einen Vorschlag zu unterbreiten, aber die internationalen Diskussionen verfolge. Die FTS könne nicht mit der in früheren Zeiten diskutierten Tobin-Tax verglichen werden. Die Ziele der Steuer könnten sein, Einnahmen für die Haushalte in Sparzeiten zu erzielen, zur Regulierung beizutragen, und den Bankensektor für die von ihm verursachte Krise zur Kasse zu bitten. Er wies auch auf die Arbeiten des österreichischen Wirtschaftsforschungsinstituts WIFO hin, das berechnet hat, dass bei einem Steuersatz von 0,01% weltweit Einnahmen von EUR 287 Milliarden und in Europa (inklusive Schweiz) von EUR 130 Milliarden zu erzielen wären. Der Vertreter der OECD erwähnte, dass die FTS es wert sei, näher betrachtet zu werden. Anders der Chef der Londoner Börse. Er wies darauf hin, dass in Großbritannien mit der „stamp duty“ bereits eine ähnliche Steuer (0,5%) bestehe, die die Geschäftstätigkeit belaste und die Kapitalkosten um bis zu 12% erhöhe. Sony Kapoor, Geschäftsführer des Think-Tanks Re-Define, nahm dies zum Anlass, um eine Lanze für die FTS zu brechen. Wenn trotz der „stamp duty“, die ja um ein Vielfaches höher sei als die vom WIFO vorgeschlagenen 0,01%, London dennoch der größte Finanzplatz Europas sei, könne das Konzept nicht so falsch sein wie von der Finanzlobby dargestellt. Steuereinnahmen seien nötig, und die könnten nicht durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer oder der Lohnsteuern kommen, so Kapoor. Jacob von Weizsäcker vom ökonomischen Think-Tank Bruegel in Brüssel wies darauf hin, dass in der Debatte oft ökonomische und politische Argumente vermischt würden. Ökonomisch gebe es vielleicht bessere Instrumente, dennoch könne es sein, dass die FTS politisch einfacher zu erreichen sei als andere Varianten. Die Krise habe die Beweislast umgekehrt. Jetzt sei es an der Finanzindustrie zu beweisen, dass eine solche Steuer keine wichtige Rolle im Instrumentenkasten zur Bewältigung der Krise spiele.

Wirtschafts- und Finanzminister beschneiden die Kompetenzen der Europäischen Finanzaufsicht
Im Rat der Wirtschafts- und Finanzminister wurde diese Woche deutlich, welcher Geist in den Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten vorherrscht. So kamen die Minister zwar zu einer Einigung über die zukünftige Struktur der Europäischen Finanzaufsicht, aber die hat es in sich. Nicht mehr Befugnisse für die europäischen Aufsichtsbehörden wie von der Kommission vorgeschlagen sollen kommen, sondern weniger. Wie in der Vergangenheit sollen die nationalen Aufsichtsbehörden den Ton angeben und sich von einer europäischen Aufsicht so wenig wie möglich reinreden lassen, auch wenn alle ExpertInnen das Gegenteil fordern. Einige Euro-Parlamentarier haben gegen diesen Kurs schon Widerstand angekündigt, bleibt abzuwarten, wer sich durchsetzen wird.


Weiterführende Infromationen:

Bericht von Jean-Paul Gauzès zu Hedgefonds und Private Equity (nur in Englisch)

Offizielle Pressemeldung zum Rat der Wirtschafts- und Finanzminister (nur in Englisch)