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Zum vierten Mal hat Spanien die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union übernommen, zum ersten Mal in einem Trio mit Belgien und Ungarn. Unter spanischer Präsidentschaft gibt es im EU-Gefüge einige Neuerungen: Der Vertrag von Lissabon ist in Kraft und eine neue Kommission tritt ihr Amt an. Unter dem Motto „Innovating Europe“ wird die Präsidentschaft in den nächsten 6 Monaten versuchen die Finanz-, Wirtschafts- und Beschäftigungskrise unter Kontrolle zu bekommen.
Sozial- und Beschäftigungspolitik im Schatten einer tiefen Beschäftigungskrise

Spanien wird sich während der nächsten 6 Monate ganz auf die Auswirkungen der Beschäftigungskrise fokussieren und diese mit allen Mitteln versuchen einzudämmen. Als Schwerpunkte hat sich die Präsidentschaft folgende Punkte ausgesucht: die EU 2020 Strategie, die „neue“ Sozialagenda, den Sozialschutz sowie die soziale Sicherheit. Im Rahmen der neuen EU 2020 Strategie soll die soziale Dimension gestärkt und ein Beitrag zur Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze geleistet werden. Neue Arbeitsplätze sollen  nach dem Programm der Spanier grün (neue Energien, Umwelt- und Klimaschutz), weiß (Pflegeberufe) und blau (neue Technologien) sein.

Das Legislativprogramm wird von den noch offenen Dossiers aus 2009 und von den Vorschlägen der neuen Kommission geprägt. Mit neuen Vorschlägen von Seiten der Kommission ist in den nächsten 6 Monaten eher nicht zu rechnen. Einzige Ausnahme ist die Arbeitszeitrichtlinie, bei der es vielleicht schon Mitte Februar zur Konsultation der europäischen Sozialpartner kommen wird. Dies würde einen kompletten „Neustart“ bedeuten. Bei der Entsenderichtlinie will die Kommission ein neues Rechtsinstrument vorstellen. Offen bleibt aber, wie dieses aussehen soll.

Im Bereich Beschäftigung und Soziales wird sich Spanien anstrengen müssen. Es warten einige legislative Dossiers auf einen Abschluss. Darunter befinden sich die Mutterschutzrichtlinie, das Mikrofinanzierungsinstrument und die neue Antidiskriminierungsrichtlinie. Die vorhergehenden Präsidentschaften sind daran gescheitert. Möge dies nicht für Spanien gelten.

Spanischer Vorsitz erbt Großbaustelle im Wirtschafts- und Finanzbereich

Ein umfangreiches Erbe gilt es für die spanische Präsidentschaft auch im Bereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik fortzuführen. Bei der zukünftigen Europäischen Finanzaufsicht haben die Spanier das ambitionierte Ziel, eine Einigung zwischen der Position der Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments zu erzielen. Hier ist Streit jedoch schon vorprogrammiert, da die Mitgliedstaaten den Entwurf der Kommission, der eine stärkere europäische Verantwortung für die Aufsicht vorsah, wieder stark beschnitten haben, und das Parlament dagegen Widerstand angekündigt hat.

Auch bei einem weiteren großen Thema, der zukünftigen Regulierung von Hedgefonds und sonstigen alternativen Investmentfonds, werden harte Auseinandersetzungen zwischen Rat und Parlament erwartet. Auch hier möchte die spanische Präsidentschaft eine Einigung erzielen, aufgrund der großen politischen Bedeutung des Dossiers wird jedoch mit einer intensiven und langen Debatte im Europäischen Parlament gerechnet.

Weitere Aspekte der Finanzmarktregulierung, die die Spanier während ihrer Präsidentschaft zum Abschluss bringen möchten, sind weitere Änderungen an der Eigenkapitalrichtlinie sowie eine Änderung der Prospektrichtlinie.

Ein aus ArbeitnehmerInnensicht vielversprechendes Vorhaben der Spanier betrifft die bessere Koordinierung der Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten. Im Zusammenhang mit der zukünftigen Post-Lissabon-Strategie, die jetzt in Brüsseler Kreisen EU 2020-Strategie genannt wird, möchte die spanische Regierung eine engere Verzahnung der Wirtschaftspolitiken anstoßen, eine Forderung, die in der Vergangenheit schon wiederholt von französischer Seite vorgetragen wurde, aber bisher stets an den nationalen Eigeninteressen der Mitgliedstaaten gescheitert ist.

Keine Fortschritte bei der Eurovignetten-Richtlinie zu erwarten


Auch in der spanischen Präsidentschaft ist die Berücksichtigung von Umweltkosten in der LKW-Maut (die so genannte Eurovignetten-Richtlinie) leider keine Priorität. Die Verordnungsvorschläge über die Buspassagierrechte und die Schienengüterverkehrskorridore sollen jedoch unter spanischem Vorsitz beschlossen werden. Im Bereich des Luftverkehrs möchte Spanien eine Einigung beim Richtlinienvorschlag über die zu leistenden Entgelte für die Aufwendungen im Sicherheitsbereich erzielen. Die Verhandlungen zu den Passagierrechten im See- und Binnenschiffsverkehr sollen ebenfalls abgeschlossen werden.

Die Diskussionen über ein einheitliches europäisches Verbrauchervertragsrecht werden während der spanischen Präsidentschaft weitergeführt und im Wettbewerbsfähigkeitsrat behandelt. Nachdem im Europäischen Parlament die Abstimmung über den Vorschlag erst für November 2010 vorgesehen ist, dürften die Verhandlungen zwischen Rat und Parlament aber frühestens 2011 abgeschlossen werden können.

Weiter Warten auf einen Vorschlag zur Reform des EU-Budgets

Im EU-Haushaltsbereich hat die Europäische Kommission zwar schon seit langem Vorschläge für eine Reform der langfristigen Finanzplanung angekündigt. Nach letzten Informationen dürfte sich die Veröffentlichung des Kommissionsvorschlags aber weiter verzögern und dadurch erst unter der belgischen Präsidentschaft behandelt werden.

Die mögliche Einführung einer Finanztransaktionssteuer wird auf EU-Ebene nach wie vor diskutiert. Die Europäische Kommission wurde beauftragt, ein Grundsatzpapier dazu auszuarbeiten. Es ist aber offen, ob das Papier noch unter der spanischen Präsidentschaft diskutiert werden kann.

Weiterführende Informationen:

Homepage der Spanischen Präsidentschaft (nur auf Englisch verfügbar)

Prioritäten der spanischen Präsidentschaft im Bereich Soziales und Beschäftigung (nur auf Englisch verfügbar)