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Die von Banken und Finanzkonzernen verursachte Finanzkrise hat die SteuerzahlerInnen in Europa Milliarden gekostet. Deshalb soll jetzt wieder eisern gespart werden. Steuererhöhungen für ArbeitnehmerInnen und Einschnitte bei den öffentlichen Leistungen sind die Folge. Die einzigen, die wieder mal nichts zu den Kosten der Krise beitragen wollen, sind die, die sie ausgelöst haben: die Finanzinstitute. Mit kräftiger Mithilfe Deutschlands.
Mitten in der Krise war der politische Aufschrei groß. Alles wollte man unternehmen – auf europäischer und auf internationaler Ebene – damit sich eine derartige Krise niemals wiederholt. Und die Verursacher der Krise - die Finanzkonzerne - sollten zur Kasse gebeten werden. Knapp 2 Jahre nach Ausbruch der Krise ist heute vom internationalen Willen, die Finanzmärkte zu regulieren und die Banken für die Schäden zahlen zu lassen, nicht mehr viel übrig.

Deutschland spielt unrühmliche Rolle

Eine unrühmliche Rolle spielt in diesem Zusammenhang Deutschland. Nicht nur bei der Verhinderung einer europäischen Antwort auf die Spekulationsattacken auf Griechenland setzte Deutschland beim jüngsten europäischen Gipfel nationale vor europäische Interessen. Jetzt sollen auch die deutschen Banken, die maßgeblich an der Entstehung der Finanzkrise beteiligt waren, ungeschoren davon kommen. Von einer Beteiligung an den Kosten der Krise ist keine Rede mehr. Noch vor Kurzem hatte das ganz anders geklungen. Da hatte sich die deutsche Bundesregierung noch mit Lippenbekenntnissen zur Einführung einer sogenannten Finanztransaktionssteuer (FTS) bekannt. Eine solche Steuer wäre geeignet, insbesondere computergesteuerte spekulative Transaktionen, die für die reale Wirtschaft nutzlos sind, zu erfassen und einzudämmen. Sie würde damit nicht nur einen Beitrag zur Eindämmung des Risikos, das von den Finanzmärkten ausgeht, leisten, sondern darüber hinaus auch beträchtliche Mittel für die von der Wirtschaftskrise ohnehin arg strapazierten Budgets bringen. Eine sinnvolle, gerechte und einfach durchführbare Idee – nur leider gegen die Lobbyinteressen der Finanzindustrie.

Von der Finanztransaktionssteuer will Deutschland jetzt nichts mehr wissen. Dazu der deutsche Finanzminister Schäuble: „Wir müssen einsehen, dass das, was wir gerne auch überlegt hätten – nämlich eine Finanztransaktionssteuer einzuführen – nur geht, wenn sie global vereinbart wird. Und dafür gibt es im Moment keine realistische Chance.“ Damit ist die europaweite - und auch die globale - Einführung der FTS gestorben, just in dem Moment, als die Idee immer mehr politische UnterstützerInnen zu gewinnen schien.

Idee, dass die Banken für den Schaden zahlen müssen, zu den Akten gelegt

Und auch sonst sollen die Banken, wenn es nach dem Willen der Deutschen und einiger anderer EU-Mitgliedstaaten wie beispielsweise Schweden geht, nichts zu den Kosten der größten Krise der Nachkriegszeit beitragen. Dieses ursprüngliche Ziel der deutschen Bundesregierung sei "zu den Akten gelegt" worden, so der Finanzexperte der Regierungspartei FDP Hermann Otto Solms im Deutschlandfunk. "Die Banken leiden unter der Krise bis heute", rechtfertigt Solms den radikalen Kurswechsel. Außerdem sei es sehr schwer, im Nachhinein festzustellen, wer in der Finanzkrise welche Verantwortung gehabt und wer wissentlich Fehler begangen habe.

Bankenabgabe als Mogelpackung

Stattdessen möchte die deutsche Bundesregierung Europa mit einer „neuen“ Idee beglücken, der sie den irreführenden Titel „Bankenabgabe“ gegeben hat. Für zukünftige Krisen sollen die Banken pro Jahr einen Betrag von rund einer Milliarde Euro in einen Krisenfonds einzahlen. Kommt es neuerlich zu Krisen, sollen die Rettungskosten statt wie jetzt aus Steuermitteln aus diesem Krisenfonds bezahlt werden. Eine Idee, die auf einen Vorschlag des Deutsche Bank-Chefs Josef Ackermann beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos zurückgeht. In Anbetracht der rund 500 Milliarden Euro, die Deutschland im Zuge der aktuellen Krise für die Banken bereitgestellt hat, kann man sich leicht ausrechnen, wie lange die Banken in einen solchen Fonds einzahlen müssten. Sollte die nächste Krise allerdings nicht so lange warten wollen, muss dennoch wieder der Steuerzahler einspringen.
Dieses Modell möchte Deutschland jetzt auch noch den anderen EU-Ländern verkaufen. Bei der Verkündung des Vorschlags diese Woche durch die deutsche Regierung war bereits die französische Wirtschaftsministerin Christine Lagarde anwesend. Und auch der britische Premier Gordon Brown soll noch diese Woche überzeugt werden. Im Anschluss wollen dann die EuropäerInnen mit ihren G20 PartnerInnen im April in Washington zu einer globalen Einigung kommen.

Politische Führung in der EU sieht anders aus

Deutschland muss sich die Kritik gefallen lassen, mit dem jetzt vorgestellten Modell, das in Wirklichkeit eine (unterfinanzierte) Versicherung für zukünftige Krisen ist, doppelten politischen Schaden angerichtet zu haben. Zum einen hat sich Deutschland als größte Wirtschaftsnation der EU von seiner politischen Führungsrolle in Europa verabschiedet und seine vorher werbewirksam verkündete Unterstützung einer FTS still und heimlich zurückgezogen. Es hat damit die Einführung der FTS in der EU und innerhalb der G20 in einem kritischen Moment torpediert. Zum anderen soll die Bezeichnung „Bankenabgabe“ für das deutsche Versicherungsmodell vorgaukeln, dass die Banken für den immensen Schaden, den sie angerichtet haben, zahlen müssen, während sie in Wirklichkeit keinen Cent dafür zahlen sollen. Damit werden gleichzeitig auch die Bemühungen jener Mitgliedstaaten wie Österreich, die eine echte Bankenabgabe in Form einer Steuer einführen wollen, die in das nationale Budget einfließt, massiv untergraben.