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Nach monatelangen Verhandlungen des Wirtschaftsausschusses wurde im Europaparlament am 4. Juli nun endgültig über den Bericht zur öffentlichen länderspezifischen Berichterstattung abgestimmt. Damit wurde die Position des Parlaments fixiert – diese gilt es nun in den anstehenden Trilogverhandlungen mit dem Rat zu verteidigen.

 

Viel verhandelt wurde bis zum Schluss. Die letzte Aussprache zum Regner-Bayet-Bericht, welcher große, multinationale Unternehmen auffordert, ihre Gewinne in allen Staaten weltweit, in denen sie tätig sind, öffentlich zugänglich zu berichten, hat im Plenum in Straßburg und damit nur wenige Stunden vor der endgültigen Abstimmung stattgefunden.

 

Die gemeinsame Position des Parlamentes sieht Folgendes vor: Unternehmen sind ab einem Mindestnettoumsatz von 750 Millionen Euro (dem OECD-Standard) verpflichtet, für alle Länder, in denen sie Haupt- oder Zweigniederlassungen haben, Berichte offenzulegen. Das betrifft sowohl europäische Multis, wie auch solche, die in der EU tätig sind, ihren Sitz aber außerhalb der EU haben. Diese Berichte müssen die Namen der Unternehmen, eine Tätigkeitsbeschreibung, wie auch eine Auflistung der Beschäftigten enthalten und Auskünfte über Gewinne, Verluste, gezahlte Einkommensteuern sowie existierende steuerliche Vergünstigungen geben. Allerdings können Unternehmen von dieser Offenlegung absehen, wenn es sich um wirtschaftlich sensible Daten handelt. Diese Ausnahme gilt als Schutzklausel und muss in dem jeweiligen Mitgliedsstaat genehmigt werden, der Kommission mit Begründung gemeldet und einer jährlichen Überprüfung unterzogen werden. Sobald keine Ausnahme mehr erteilt wird, müssen die jeweiligen Informationen nachträglich offengelegt werden.

 

Die Parlamentsposition stellt einen Kompromiss dar, der mit 534 Stimmen zu 98 Gegenstimmen und 62 Enthaltungen und damit fraktionsübergreifend angenommen wurde. Noch in der letzten Debatte vor der Abstimmung wurde allerdings klar: Der Vorschlag spaltet das Parlament.

 

Der EVP und der ALDE Fraktion geht der Entwurf zu weit: Auf ihre Initiative hin ist die Schutzklausel erst in den Entwurf aufgenommen worden, mit der Begründung, die europäische Wettbewerbsfähigkeit zu schützen. Dass Transparenz aber eben nicht wettbewerbsschädigend ist, zeigt ein Blick auf große europäische Banken. Diese sind seit 2013 zu einer entsprechenden öffentlich zugänglichen Berichterstattung verpflichtet, und kommen ohne Ausnahmeregelungen aus, die nur neue Schlupflöcher für Unternehmen und Staaten schaffen. Eine Studie der NGO Oxfam zu den für Banken bereits verpflichtenden Berichten zeigt, welche wichtigen Informationen so ans Tageslicht kommen können.

 

Die S&D, die Grünen/EFA und die GUE/NGL sind sich andererseits einig: Die EU kann hier über internationale OECD-Standards hinausgehen und soll eine Vorreiterinnenrolle im Kampf gegen Steuervermeidung und -hinterziehung einnehmen. Besonders der GUE/NGL geht der Vorschlag nicht weit genug, aber auch die S&D Fraktion, sowie die Grünen/EFA haben sich deutlich für einen niedrigeren Schwellenwert von 40 Millionen Euro Mindestnettoumsatz eingesetzt, um weit mehr große, multinationale Unternehmen verpflichtend transparent zu machen. Transparenz, die über Steuerbehörden hinausgeht und für alle frei zugängliche Informationen bereitstellt, da sind sich die drei Faktionen ebenfalls einig, ist ein wichtiger Meilenstein, um Steuervermeidung und Steuerhinterziehung zu bekämpfen.

 

Die Annahme des Entwurfes ist trotz der abgeschwächten Variante, ein wichtiger Erfolg für mehr Steuergerechtigkeit, den es jetzt in den anstehenden Verhandlungen mit dem Rat, und damit gegen nationale Interessen der Mitgliedsstaaten zu verteidigen gilt, damit er schließlich möglichst effizient umgesetzt werden kann.

 

Weiterführende Informationen:

AK EUROPA: Beim Kampf gegen Steuervermeidung kommt es auf die Details an

AK EUROPA: Wer hilft hier bei Steuervermeidung? Hände hoch!

AK EUROPA: Transparenz – aber nur für Unternehmen

AK EUROPA Positionspapier zum Country-by-Country-Reporting (CbCR)

AK EUROPA: Der PANA-Untersuchungsausschuss: Der Kampf gegen Steuertricks gewinnt an Fahrt

AK EUROPA: Steuern als Mittel zur Umverteilung – nur wohin?

AK/ÖGB Kampagne No to Tax Havens!

Oxfam: Opening the vaults: The use of tax havens by Europe's biggest banks (in Englisch)