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ZurückZu Beginn des Jahres 2019 stellte die EU-Kommission ein Reflexionspapier vor, in dem sie ausführt, wie die von den Vereinten Nationen formulierten Ziele für nachhaltige Entwicklung und die Ziele des Klimaschutzübereinkommens von Paris im Rahmen der EU 2020-Ziele erfüllt werden sollen. Auch wenn viele Ideen grundsätzlich zu begrüßen sind, weist der dargelegte Fahrplan zur ‚Nachhaltigkeitswende’ aus Sicht der AK dennoch einige Lücken auf.
Unter dem Titel „Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Europa bis 2030“ stellt die EU-Kommission Überlegungen an, wie sie die Beschäftigungs-, Umwelt- und Wirtschaftspolitik im nächsten Jahrzehnt gestalten will. Laut EU-Kommission müssen Maßnahmen zum Klimaschutz und zur nachhaltigen Entwicklung auch von dem Ziel der „Förderung sozialer Rechte und Wohlstand für alle“ geleitet werden.
Sustainable Development Goals und Europe 2020 – more of the same?
Grundlegend enthält das Reflexionspapier einige positive Zielsetzungen, wie zum Beispiel die ‚Eliminierung von Armut‘ oder ‚Produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit‘. Dies ist aber nichts Neues: Schon die Europäische Säule sozialer Rechte verlieh den Anschein, als würde das Soziale Europa eine hohe Priorität werden. Ein genauerer Blick auf die verfügbaren und bisher genutzten Politikinstrumente, beispielsweise das Europäische Semester, lässt aber daran zweifeln, dass diese Zielsetzungen ernsthaft verfolgt werden. Die AK fordert deshalb ein klar erkennbares und umfassendes Umdenken, das die neoliberale Wirtschaftsorientierung durch progressive, umverteilende und nachhaltige Sozialpolitik ersetzt und nicht auf leeren Worthülsen basiert. Klimaschutzpolitik muss Hand in Hand mit der Neuausrichtung von sozialen Mindeststandards, ArbeitnehmerInnenschutz und Verteilungsgerechtigkeit gehen. Nur so kann sich die europäische Politik wetterfest für die anstehenden klimatischen Veränderungen machen.
Grundlegende Voraussetzungen
Aus Sicht der AK sind öffentliche Investitionen eine Grundvoraussetzung für die Nachhaltigkeitswende. Die goldene Investitionsregel würde den dazu benötigten budgetären Spielraum erweitern. Flankierend dazu müssen ein faires Steuersystem und ein daher deutlich energischeres Vorgehen gegen Steuerhinterziehung umgesetzt werden. Arbeitsplätze von hoher Qualität, Ausbau von Weiterbildungsmöglichkeiten für ArbeitnehmerInnen und eine europaweit koordinierte Mindestlohnpolitik sind nur einige der Maßnahmen, die das soziale Europa endlich Realität werden lassen würden. Dafür müssen die in der Europäischen Säule sozialer Rechte verankerten Grundsätze wie gerechte Entlohnung und angemessene Mindestlöhne als Ansätze für eine lohnpolitische Neuorientierung genutzt und umgesetzt werden. Für die AK ist wichtig, dass alle eingebunden werden.
Konkrete Maßnahmen – aber sozial verträglich
Mit dem Paket zur Kreislaufwirtschaft hat die Kommission bereits 2015 einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Nutzung von Konsumgütern geleistet, der weiter verstärkt gehört. Der Gemeinsamen Agrarpolitik kommt zweifellos eine Schlüsselrolle zu – hier gilt es, Subventionen so umzuschichten, dass die Gelder nachhaltiger Entwicklung zu Gute kommen. Eine Reduktion des Energieverbrauchs kommt nicht ohne effiziente Energiepolitik, so etwa Sanierungen und Wärmedämmungen, aus. Ebenso müssen Erzeugungsnetze modernisiert werden, statt nur deren Ausbau voranzutreiben. Faire Mobilität im Personen- und Güterverkehr ist ein weiterer Eckpfeiler einer ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitspolitik.
Über den Tellerrand – Standards müssen international eingehalten werden
Ansätze zur nachhaltigen und sozialen Politikgestaltung hören nicht an den Grenzen Europas auf. Vielmehr müssen aus Sicht der AK Leitlinien von internationalem Handel den europäischen Mindeststandards Rechnung tragen – dementsprechende Konventionen sind schließlich nicht umsonst ratifiziert. Im Rahmen dieser Umgestaltungen können Mindeststandards exportiert und so global sozial und ökologisch nachhaltige Veränderungen vorangebracht werden. Die Unterstützung des Binding Treaty on Business and Human Rights der Vereinten Nationen wäre hier ein guter Anfang, ebenso wie die Durchsetzbarkeit der Nachhaltigkeitskapitel in Handelsabkommen.
Fazit
Die Kommission verweist in ihrem Reflexionspapier auf viele richtige Ansätze. Die AK vertritt allerdings den Standpunkt, dass es weiterhin an einer ganzheitlichen Vision mangelt und die längst überfälligen sozialpolitischen Vorhaben nicht mit dem gebotenen Nachdruck verfolgt werden. Ökologische Nachhaltigkeit und eine faire, umverteilende Sozial- und Wirtschaftspolitik schließen sich nicht aus – im Gegenteil: sie können nur gemeinsam gelingen.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Europa bis 2030
AK EUROPA: Europäische Säule quo vadis
Arbeit & Wirtschaft ‚Schuhe, Zwiebeln, Fleisch und die gerechte Verteilung