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Wegen vermutetem Ausnutzen der marktbeherrschenden Stellung von Standard & Poor’s (S&P) leitet die Europäische Kommission rechtliche Schritte gegen die Ratingagentur ein.
Ratingagenturen bewerten die Kreditwürdigkeit von Unternehmen, Banken und Staaten. Das vorrangige Ziel soll hierbei sein Informationsasymmetrien zwischen Emittenten von Schuldtiteln und AnlegerInnen zu verringern. Das eingeleitete Verfahren bezieht sich jedoch nicht auf dieses Kerngeschäft, sondern auf Lizenzgebühren die S&P von Banken oder Investmentfonds für die Benutzung von US-Wertpapier-Kennnummern verlangt. Bei dieser Methode scheint es, dass S&P seine Monopolstellung ausnutzt und gegen die Wettbewerbsregeln der EU verstößt. Am Ende des Verfahrens kann eine Geldstrafe für S&P verhängt werden bzw. besteht auch die Möglichkeit von S&P zu verlangen, dass sie ihre Geschäftspraktiken in der Europäischen Union ändern.

Umstritten ist auch die aktuelle Bewertung von S&P für Spanien, in der spanische Staatsanleihen mit „CreditWatch Negative“ bewertet wurden. Das ist das erste Mal seit dem Beginn der globalen Finanzkrise, dass ein AAA-Land eine so negative Bewertung bekommt. Mit diesem Rating, sendet S&P eine klare Botschaft aus: Auch für wohlhabende Staaten wird der Raum für Kreditvergaben eng. Brisant ist der Zeitpunkt der Bewertung des EU-Landes Spaniens, da gleichzeitig die EU-Mitgliedstaaten und die Kommission die Tonart gegenüber den Ratingagenturen endlich verschärfen.

Der Einfluss von Ratingagenturen auf Finanzmärkte ist erheblich, da ihre Tätigkeiten von AnlegerInnen, Emittenten, KreditnehmerInnen und Regierungen ständig verfolgt werden. Bei den derzeitigen Finanzturbulenzen, mit all ihren Auswirkungen auf die ArbeitnehmerInnen, tragen Ratingagenturen nach Ansicht von ExpertInnen eine entscheidende Mitverantwortung. Allgemein anerkannt ist, dass Ratingagenturen in den letzten Jahren das Risikopotenzial von Kreditpapieren massiv unterbewertet haben und somit an Wertpapierhändler bzw. auch an Banken falsche Signale ausgesendet haben. Dadurch wurde die Abwärtsspirale der Finanzkrise maßgeblich beeinflusst und beschleunigt.

Auf Grund dieser (Markt-)Macht von Ratingagenturen, kommt der irische Kommissar McCreevy, der in der Vergangenheit wegen seiner negativen Haltung gegenüber Regulierungen kritisiert wurde, zu folgender Überzeugung: „Die Ratingagenturen müssen strenge regulatorische Anforderungen einhalten, um sicherzustellen, dass die Ratings nicht durch die der Branche innewohnenden Interessenkonflikte beeinträchtigt werden. Die Krise hat gezeigt, dass die Selbstregulierung nicht funktioniert hat.“

Der aktuelle Kommissionsvorschlag zur Regulierung von Ratingagenturen soll gewährleisten, dass Ratings verlässliche, transparente und korrekte Informationen (d.h. frei von Interessenkonflikte) für AnlegerInnen bereitstellen. Der Kommissionsvorschlag sieht weiters folgende Neuregelungen vor, die durch europäische Regulierungsbehörden sichergestellt werden sollen:
  1. Ratingagenturen dürfen keine Beratungsdienstleistungen erbringen.
  2. Sie dürfen keine Finanzinstrumente bewerten, wenn sie nicht über genügend fundierte Informationen als Grundlage für die Ratings verfügen.
  3. Sie müssen Modelle, Methoden und grundlegende Annahmen veröffentlichen, auf die sie ihre Ratings stützen.
  4. Sie müssen einen jährlichen Transparenzbericht veröffentlichen.
  5. Sie müssen eine interne Kontrollstelle für die Überwachung der Qualität ihrer Ratings schaffen.
  6. Sie müssen mindestens drei unabhängige MitgliederInnen in ihr Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan bestellen, deren Honorare vom Unternehmensergebnis der Ratingagentur unabhängig zu sein haben. Diese MitgliederInnen werden für die Dauer eines Mandats ernannt, das fünf Jahre nicht überschreiten darf. Sie können lediglich im Falle beruflichen Fehlverhaltens entlassen werden. Bei zumindest einem Mitglied muss es sich um eineN ExpertIn für Verbriefung und strukturierte Finanzinstrumente handeln.
Wie die Kommission richtigerweise, wenn auch spät feststellt, ist es in der derzeitigen Finanzkrise von höchster Priorität, durch Regulierung wieder Vertrauen in die Funktionsweise des Finanzsektors zu erreichen. Die effektive Regulierung von Ratingagenturen ist für dieses Ziel ein wichtiger Schritt.


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