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ZurückIm Oktober 2022 veröffentlichte die Europäische Kommission im Zuge des EU-REFIT-Prozesses ihren Vorschlag für die Überarbeitung der kommunalen Abwasserrichtlinie. Die 30 Jahre alte Richtlinie soll an den Stand der Technik, die aktuellen Herausforderungen der Klimakrise und den grünen Deal angepasst werden. Die AK unterstützt das Vorhaben, zeigt aber auch notwendige Verbesserungen auf.
Ziel ist es, die Umwelt vor schädlichen Auswirkungen durch die Einleitung von kommunalem und industriebedingtem Abwasser zu schützen. Im Fokus steht die Filterung von Mikroschadstoffen und Mikroplastik durch Errichtung einer „vierten Reinigungsstufe“. Aber auch Vorgaben für die Erreichung der Energieneutralität bei Kläranlagen bis 2040 sowie weitere strengere Regeln für die Kreislaufwirtschaft sind geplant.
Abwasserentsorgung als kommunale Dienstleistung
Öffentliche Dienstleistungen wie die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung sind für die Bevölkerung unverzichtbar. Die geplanten Neuerungen stellen die Kommunen allerdings vor finanzielle Herausforderungen. So schätzt die Kommission die Gesamtkosten der notwendigen Maßnahmen auf über 3,8 Milliarden Euro pro Jahr, wobei 51% der Kosten von den Konsument:innen, 22% von der öffentlichen Hand und 27% von der Industrie getragen werden. Für die AK ist es wichtig, dass die Finanzierung der Daseinsvorsorge nicht unter die strengen EU-Budgetregeln fällt, dass also die notwendigen Investitionen durch die Einführung einer „goldenen Investitionsregel“ erleichtert werden. Abwasserdienstleistungen müssen weiterhin zu leistbaren Preisen zur Verfügung gestellt werden können, dass darf durch die Neuerungen nicht gefährdet werden.
Mikroschadstoffe und Mikroplastik bereits an der Quelle bekämpfen
Mit der Überarbeitung der Richtlinie sollen das Vorsorge- bzw. Verursacherprinzip zukünftig stärker berücksichtigt werden. Dies soll über eine erweiterte Herstellerverantwortung für die Produktgruppen Arzneimittel und Körperpflegeprodukte verwirklicht werden. Die Produzenten werden verpflichtet, eine weitergehende Abwasseraufbereitung („vierte Reinigungsstufe“) zu finanzieren. Im neuen AK EUROPA Positionspapier wird jedoch betont, dass Schadstoffe prinzipiell bereits an der Quelle und nicht erst durch „End-of-Pipe Lösungen“ entfernt werden soll. Der Schwerpunkt sollte eher auf der Produktgestaltung (Ökodesign) als auf der Abfallbeseitigung liegen. Daher müssen die Systeme der Mitteleinhebung so ausgestaltet werden, dass die Hersteller ein direktes ökonomisches Signal zur Vermeidung belastender Stoffe erhalten. Bei den „Organisationen für Herstellerverantwortung“ ist sicherzustellen, dass die Verantwortung und Kontrolle dieser Organisationen in öffentlicher Hand sind und die Industrie bei der Verteilung der Mittel nicht mitentscheiden kann. Auch die Forschung ist daher gefordert, Stoffe zu entwickeln, die keine negativen Auswirkungen auf die Wasserqualität haben.
Weitere wichtige Anmerkungen aus Sicht der AK
Ausdrücklich begrüßt wird der in der Richtlinie vorgesehene verbesserte Zugang zu sanitärer Grundversorgung für alle Menschen. Damit wäre eine langjährige Forderung der Arbeitnehmer:innenvertretung endlich umgesetzt. Auch die Pflicht für Kläranlagenbetreiber, Konsument:innen über die Abwasserbehandlung zu informieren, wird positiv bewertet. Es ist allerdings sicherzustellen, dass diese Informationen nicht nur online, sondern auch ohne Begründung über andere Formate (z.B. Zeitung, Aushang bei der Gemeinde, Rechnung etc.) veröffentlicht werden können. Die AK bekennt sich zu den Zielen des European Green Deal. Eine weitere Abwasseraufbereitung („vierte Reinigungsstufe“) wird mehr Energie benötigen, daher braucht es hier klare Ziele für mehr Energieeffizienz und Energieeinsparung für alle Branchen.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Position zum Entwurf der Kommission für eine Neufassung der EU-Abwasserrichtlinie
AK EUROPA: Neue Regeln für saubere Luft und sauberes Wasser vorgeschlagen
Europäische Kommission: Kommission schlägt Vorschriften für saubere Luft und sauberes Wasser vor
Europäische Kommission: Vorschlag für eine Richtlinie über die Behandlung von kommunalen Abwässern
Europäische Kommission: REFIT- einfacheres EU-Recht mit geringeren Kosten