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Das mit Spannung erwartete Paket für Soziale Gerechtigkeit wurde diese Woche (13.3.2018) von Sozialkommissarin Thyssen in Straßburg präsentiert. Neben seinem Kernstück, dem Kommissionsvorschlag für eine Europäische Arbeitsbehörde, enthält das Paket auch einen Vorschlag für Ratsschlussfolgerungen im Bereich der sozialen Sicherheit.

 

Eine neue Europäische Arbeitsbehörde

Die Aufgaben, die die neue EU-Arbeitsbehörde übernehmen soll, sind durchaus umfangreich: Diese reichen von Informationsaufgaben, der Unterstützung beim grenzüberschreitenden Arbeiten bis hin zu Kontrollen bei schwerwiegenden Störungen auf dem Arbeitsmarkt, die mehrere Mitgliedstaaten betreffen. Der Zweck der Behörde ist es also, sicherzustellen, dass die europäischen Rechtsvorschriften, die grenzüberschreitende Beschäftigung regeln, korrekt angewandt und auf faire und einfache Weise in allen Wirtschaftszweigen durchgesetzt werden können.

 

Die Behörde soll daher zum einen Informationsaufgaben zum grenzüberschreitenden Arbeiten übernehmen: Genannt wird im Verordnungsvorschlag etwa das Ziel, dass Unternehmen darüber informiert werden sollen, welches Arbeitsrecht bei grenzüberschreitender Arbeit anzuwenden sei. Die Mitgliedstaaten sollen daher dabei unterstützt werden, ebenjene notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen. Außerdem soll die Behörde bei grenzüberschreitenden Konflikten von nationalen Behörden sowie im Falle von gravierenden Verzerrungen auf dem Arbeitsmarkt Hilfe und Vermittlung leisten: Hier wird unter anderem die Möglichkeit gemeinsamer Inspektionen angesprochen. Dies könnte für besonders von Lohn- und Sozialdumping betroffene Bundesländer in Österreich durchaus Abhilfe schaffen.

 

Zum anderen soll den europäischen ArbeitnehmerInnen die grenzüberschreitende Mobilität erleichtert werden: Ihnen wird die Behörde eine Plattform bieten, auf der sie sich über das Arbeitsplatzangebot in anderen Mitgliedsstaaten informieren können. Wie es scheint, möchte die Kommission hier nicht nur auf die negativen Seiten der Arbeitskräftemobilität fokussieren, sondern auch ihre positiven Seiten stärken: Gut qualifizierten europäischen Arbeitskräften soll die Auslandserfahrung in einem anderen Mitgliedsstaat ermöglicht werden. Dafür werden bestehende EU-Einrichtungen und deren Aufgaben – allen voran das Management des EURES-Koordinierungsbüros – in die neue Arbeitsbehörde integriert werden.

 

Noch offen ist, in welchem Land der Sitz der Behörde sein wird. Kommissarin Thyssen verwies hier auf den Verhandlungsprozess zwischen den Mitgliedstaaten – Evelyn Regner, Delegationsleiterin der SPÖ-Abgeordneten im Europaparlament, spricht sich dafür aus, die Behörde in Wien anzusiedeln. Wo auch immer sie im Endeffekt angesiedelt sein wird, soll die Behörde ihre Tätigkeiten bereits 2019 beginnen, zunächst von Brüssel aus. Der Behörde sollen bis zum Vollausbau im Jahr 2023 insgesamt 140 MitarbeiterInnen und ein Budget von etwa 52 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Gestartet wird mit bescheideneren 10 Millionen.

 

Die Kommission verweist auch auf die vorangegangene Konsultation, an der sich auch die Bundesarbeitskammer mit einer Stellungnahme beteiligt hat: Von 8.809 im Rahmen der Konsultation abgegebenen Beiträge sind 8.420 (95 %) über die gemeinsame Kampagne von AK EUROPA, ÖGB Europabüro und EGB gekommen, ein Großteil davon aus Österreich. Österreich ist von Sozialdumping durch Firmen aus anderen EU-Ländern besonders stark betroffen, vor allem in der Bau- und Transportbranche. Kontrollen der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse ergaben immer wieder gravierende Missstände. „Daher ist es überfällig, dass sich die EU jetzt zu grenzüberschreitender Durchsetzung von EU-Recht bekennt, vor allem auch zu gemeinsamen Kontrollen und besserem Informationsaustausch“, so der Generalsekretär des ÖGB, Bernhard Achitz.

 

Ratsschlussfolgerungen im Bereich soziale Sicherheit

Im Bereich der sozialen Sicherheit hat die Kommission einen Vorschlag für eine Ratsempfehlung vorgelegt, welche das Ziel verfolgt, unabhängig von Art und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses ArbeitnehmerInnen und unter vergleichbaren Bedingungen Selbstständigen das Recht auf angemessenen Sozialschutz zukommen zu lassen.

 

Die Kommission verweist darauf, dass nach aktuellen Zahlen 40% der Beschäftigten in der EU in atypischen Arbeitsverhältnissen oder selbstständig arbeiten. Vorgelegt wurde zum jetzigen Zeitpunkt eine Ratsempfehlung, und nicht – wie auch diskutiert– eine EU-Richtlinie. Der Vorschlag bezieht sich auf die Sozialversicherungssysteme in Bezug auf Arbeitslosigkeit, Krankheit, Elternschaft, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten, Behinderung und Alter.

 

Europäische Sozialversicherungsnummer

In der Pressekonferenz am Tag der Präsentation wies Kommissarin Thyssen einmal mehr auf die Arbeiten der Kommission zu einer Europäischen Sozialversicherungsnummer hin. Hier erfolgte zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch kein konkreter Vorschlag, er wurde jedoch noch für das laufende Jahr angekündigt. Mit dem angekündigten Vorschlag werde das Ziel verfolgt, die grenzüberschreitende Übertragbarkeit von Ansprüchen zu erleichtern und eine Identifizierung in Echtzeit zu ermöglichen. Dies solle nicht nur bessere Kontrollen ermöglichen, sondern auch EU BürgerInnen den Aufenthalt in anderen Ländern im Krankheitsfall erleichtern.

 

Umsetzung der Europäischen Säule Sozialer Rechte

In der Mitteilung führt die Kommission an, dass seit November 2014 insgesamt 22 neue Rechtsakte aus den Bereichen Soziales und Beschäftigung vorgelegt wurden, wovon 10 bereits beschlossen wurden und 12 noch auf Zustimmung seitens Rat/EP warten. Zudem verweist die Kommission darauf, soziale Prioritäten in allen Bereichen durchgängig berücksichtigt zu haben, u.a. bei der Investitionsoffensive (sogenannter „Juncker-Plan“), bei der Steueragenda sowie bei der Verkehrspolitik und Trinkwasserqualität. Schließlich wurden im Europäischen Semester-Prozess Elemente ergänzt, um die Umsetzung der Säule Sozialer Rechte zu unterstützen. Hierzu wurde die Bewertung der Leistung in den Bereichen Beschäftigung und Soziales, unter anderem mithilfe des neuen sozialpolitischen Scoreboards, mit dem Trends und Leistungen in den EU-Mitgliedstaaten erfasst werden, in das Europäische Semester aufgenommen.

 

Weiterführende Informationen:

Überblicksseite Paket für soziale Gerechtigkeit der EK

AK Positionspapier ELA