Nachrichten
ZurückAm 11.12.2020 veranstalteten das Europäische Gewerkschaftsinstitut und der Europäische Gewerkschaftsbund in Kooperation mit AK EUROPA und dem ÖGB Europabüro ein Webinar über die Auswirkungen der Coronakrise auf die Arbeitswelt. Anlass war die Veröffentlichung des diesjährigen „Benchmarking Working Europe“ Berichts.
Der Bericht, der gemeinsam vom Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) und dem Europäischen Gewerkschaftsinstitut (EGI) publiziert wird, feiert sein 20. Jubiläum unter außergewöhnlichen Umständen. Dementsprechend widmet sich die aktuelle Ausgabe den Herausforderungen, die die Coronapandemie für die europäische Wirtschaft und Arbeitswelt mit sich bringt.
Im Rahmen der hochkarätig besetzten und von rund 200 TeilnehmerInnen verfolgten Online-Veranstaltung wurde nicht nur der Bericht vorgestellt, es wurden auch aktuelle Themen diskutiert, die sich aus diesem ergeben. Neben VertreterInnen von ÖGB, EGB und EGI kamen auch Sozialkommissar Nicolas Schmid, die Abgeordneten des EU-Parlaments Agnes Jongerius (S&D) und Dennis Radtke (EVP) sowie Ana Catarina Mendonça Mendes, Mitglied des portugiesischen Parlaments für die Sozialistische Partei, zu Wort.
Anlass für die Veröffentlichung des ersten Berichts war laut EGI-Generaldirektor Philippe Pochet vor 20 Jahren die Idee, die von Seiten der ArbeitgeberInnen verbreiteten Erzählungen zu hinterfragen und eine eigene Perspektive der ArbeitnehmerInnen in den öffentlichen Diskurs einzubringen. Der Bericht und die darin enthaltenen Daten und Analysen schafften es in der Folge zur Stärkung der Gewerkschaften in ganz Europa beizutragen. Die Bedeutung des Berichts für die Arbeit von ArbeitnehmerInnenvertreterungen bestätigte auch Oliver Röpke, Büroleiter des ÖGB Europabüros und Präsident der ArbeitnehmerInnengruppe im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA). Röpke strich außerdem hervor, dass die volle Implementierung der Europäischen Säule sozialer Rechte nicht nur für die Gewerkschaften höchste Priorität hat, sondern diese auch im Zentrum der Erholung nach der aktuellen Krise stehen muss.
Kommissar Schmit betonte in seiner Rede, dass sich die aktuelle Krise einerseits deutlich von den Vorhergegangenen unterscheide, andererseits aber auch die Reaktion der EU deutlich anders ausfalle als auf vergangene Krisen. Es herrsche ein Bewusstsein dafür, dass die aktuelle Krise nur gemeinsam überwunden werden könne. Dementsprechend neu und ambitioniert seien auch Maßnahmen wie das Kurzarbeitsinstrument SURE, der Wiederaufbauplan „Next Generation EU“ sowie die Flexibilisierung bezüglich der staatlichen Beihilfen. All diese Maßnahmen zeigen laut Schmit, dass die EU diesmal einen anderen Kurs einschlage – und dieser müsse auch nach der Krise beibehalten werden.
Agnes Jongerius, Abgeordnete des EU-Parlaments, betonte ebenfalls, dass die Fehler der vergangenen Krise(n) nicht wiederholt werden dürften. Sie verwies aber auch darauf, dass die Angehörigen von besonders schutzbedürftigen Gruppen (erneut) die größte Last zu tragen hätten. Die Arbeit von Zuhause sei beispielsweise ein Luxus, den sich viele sogenannte SystemerhalterInnen nicht leisten könnten. Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen seien zudem oft als erste von Kündigungen betroffen. Eine umfassende Implementierung der Sozialen Säule könne hier ein Anfang sein, müsse aber auch um andere Aspekte wie etwa höhere Mindestlöhne und leistbaren Wohnraum ergänzt werden. Auch für den Abgeordneten Dennis Radtke ist die Einigung zum Wiederaufbau historisch: Die EU habe aus der letzten Krise gelernt. Allerdings steige die Jugendarbeitslosigkeit dramatisch und der gerechte Übergang zu einer grüneren Wirtschaft könne nur funktionieren, wenn den Beschäftigten in Branchen wie dem Bergbau oder der Stahlindustrie auch attraktive Alternativen geboten werden können. Dafür, dass bei diesem Übergang niemand zurückgelassen werde, habe auch Portugal im Rahmen der kommenden Ratspräsidentschaft zu sorgen, wie Ana Catarina Mendonça Mendes ergänzte.
Weiterführende Informationen:
EGI/EGB/AK EUROPA/ÖGB Europabüro: Covid-19 and the world of work – the impact of a pandemic (Nur Englisch)
ETUC/ETUI: Benchmarking Working Europe 2020 (Nur Englisch)
AK EUROPA: Perspektiven für ein soziales Europa
AK EUROPA Positionspapier: Konsultation Europäische Säule sozialer Rechte