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ZurückIm Dezember 2020 haben die EU-Institutionen ein 750 Mrd Euro schweres Hilfspaket beschlossen, um dem Wiederaufbau im Zuge der Coronakrise zu finanzieren. Nun stellt sich die Frage, welche Projekte mit diesem Geld finanziert werden. Gemeinsam mit 15 anderen Organisationen ruft AK EUROPA die EU-FinanzministerInnen nun auf: Europa muss die Chance ergreifen, um ein Wirtschaftssystem zu schaffen, das sozial und ökologisch nachhaltig und resilient ist und allen Menschen einen besseren Lebensstandard sichert!
Um der einmaligen Wirtschaftskrise im Zuge der Coronakrise zu begegnen, hat die Europäische Union den Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“ mit einem Volumen von 750 Mrd Euro ins Leben gerufen. Mit 627,5 Mrd Euro wird der überwiegende Teil dieser Gelder über die neu geschaffene Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) vergeben. Die hierzu notwendige Verordnung fand im Europäischen Parlament am 10. Februar 2021 eine klare Mehrheit.
Um die Gelder abrufen zu können, arbeiten die Mitgliedstaaten derzeit an den nationalen Aufbauplänen, in denen sie den vorgesehenen Einsatz der Mittel darstellen müssen. Doch bereits jetzt zeichnet sich ab, dass der Großteil der Gelder für den Wiederaufbau in nicht nachhaltige Projekte investiert wird. Es besteht somit die Gefahr, dass sich die EU weiterhin von neoliberalen Wirtschaftsmaximen leiten und soziale Gerechtigkeit und eine höhere Umweltverträglichkeit außer Acht lässt.
Soziale Gerechtigkeit ins Zentrum rücken
Die bisherigen Analysen der Entwürfe der Aufbaupläne der einzelnen Mitgliedstaaten zeigen, dass beispielsweise Frankreich nur 23 % seines Budgets für die soziale Resilienz vorsieht. In Deutschland sind es sogar nur 7 %, und in Spanien mit 6 % noch weniger. Dabei hat die Pandemie drastisch vor Augen geführt, welche negativen Folgen Jahrzehnte des neoliberalen Wirtschaftens für unsere Gesellschaft haben, wenn etwa bei Ausgaben für lebenswichtige öffentliche Güter wie Krankenhausbetten und ärztlicher Versorgung gespart wird. Dadurch wurde nicht nur die Ökonomie, sondern auch die Gesellschaft außerordentlich krisenanfällig gemacht.
Für ein nachhaltiges Wirtschaftssystem
Mit ihren derzeit geplanten Konjunkturmaßnahmen werden die größten Volkswirtschaften Europas das Versprechen, unsere Gesellschaft nachhaltiger zu gestalten, nicht einlösen. Frankreich hat im Rahmen seines nationalen Plans lediglich 22 % der Gelder im Kampf gegen den Klimawandel eingeplant, in Deutschland sind es mit 16 % noch weniger. Spanien sieht nur 11 % für Projekte vor, die die Umweltverträglichkeit erhöhen.
Klare Forderungen an EU-FinanzministerInnen
Der Wiederaufbauplan ist der optimale Anlass, um endlich einen sozialen und grünen Wandel einzuleiten. Es besteht jedoch die Gefahr, dass trotz der klaren Lehren aus der Coronakrise immer noch kurzfristigen Wirtschaftsindikatoren der Vorrang vor langfristiger Nachhaltigkeit gegeben wird. Wenn die in ihrem finanziellen Ausmaß einmaligen öffentlichen Konjunkturprogramme für zweifelhafte Projekte verschwendet werden, behindern die Mitgliedsstaaten den überfälligen Wandel und fördern das Fortschreiten des weiteren Klimawandels und sozialer Spaltung.
Deshalb hat AK EUROPA gemeinsam mit Finance Watch, dem EGB und weiteren Organisationen 5 Forderungen formuliert, wie die Gelder im Rahmen der Aufbaupläne eingesetzt werden sollen:
- Keine Unterstützung von Projekten, die als nicht nachhaltig einzustufen sind und durch nachhaltige Aktivitäten ersetzt werden können, wie etwa fossile Energieträger
- Menschen ins Zentrum der Maßnahmen rücken, um einen hohen Lebensstandard für alle zu sichern
- In den grünen Wandel investieren und damit die Grundlagen für ein Wirtschaftssystem schaffen, das auf einem nachhaltigen Produktions- und Konsumsystem basiert
- Keine Rückkehr zur Austeritätspolitik, die gerade in der Finanzkrise ab 2008 zu einer fatalen Sparpolitik in vielen EU-Mitgliedstaaten geführt hat
- Reform des EU-Fiskalrahmen, um öffentlichen Haushalten den Spielraum für wichtige Investitionen zu geben
Petition jetzt unterzeichnen!
Je mehr Menschen diese Forderungen unterstützen, desto lauter ist der Aufruf an die EU-FinanzministerInnen, den Wiederaufbau im Zuge der Coronakrise zu überdenken. Unter rethinktherecovery.org kann jede/r die Petition unterzeichnen und damit den fünf Forderungen noch stärkeres Gewicht verleihen, um den Weg eines sozial und ökologisch gerechteren Europas zu beschreiten!
Weiterführende Informationen:
Kampagnenseite „Rethink the recovery“
AK EUROPA Positionspapier: EU-Haushalt als Motor für den Europäischen Aufbauplan
Arbeiterkammer Factsheet: Mit dem Wiederaufbaufonds aus der Krise
Arbeiterkammer Factsheet: Factsheet: Perspektiven für Europa in der Krise