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ZurückIn einem gut gefüllten Ausschusssaal des Europäischen Parlaments durften AK, ÖGB, EGB und DGB GewerkschafterInnen und Abgeordnete des EU-Parlaments zu einer Podiumsdiskussion begrüßen. Thema der Veranstaltung war das Unternehmesrechts-Paket der Europäischen Kommission (Company Law Package). Besonders die Einschränkung der Mitbestimmung am Arbeitsplatz stand im Fokus der Debatte
Peter Scherrer, stellvertretender Generalsekretär des europäischen Gewerkschaftsbundes, eröffnete die Runde mit einem Plädoyer gegen „Regime Shopping“, das durch das „Polbud-Urteil“ des EuGH wesentlich erleichtert wurde. Im Rahmen der Verhandlungen um das neue Gesellschaftsrechts-Paket poche der EGB auf die Einführung eines Realen-Sitz-Prinzips: Der Firmensitz müsse dort angemeldet werden, wo die wirtschaftliche Aktivität stattfindet. Nach Einschätzung des EGB sei damit zu rechnen, dass beinahe 500.000 Briefkasten-Firmen existieren. Wichtig wäre es, dass auf europäischer Ebene auch Mindeststandards für die Mitbestimmung geschaffen werden. Kritik äußerte Scherrer auch an der österreichischen Ratspräsidentschaft: So hätte Sozialministerin Beate Hartinger-Klein beim Tripartiten Sozialgipfel die Digitalisierung rosig beschrieben. Aus Sicht des EGB brauche es bei der Onlineregistrierung von Unternehmen aber auch klare Sicherheiten, gerade für die ArbeitnehmerInnen.
MEP Evelyn Regner (S&D), Berichterstatterin für das Company Law-Package im Rechtsausschuss des EU-Parlaments, hielt eingangs fest, dass sie die Themen Mitbestimmung, sowie Konsultations- und Informationsrechte der ArbeitnehmerInnen an die erste Stelle ihrer Agenda stelle. Wenn grenzüberschreitende Tätigkeiten von Unternehmen erleichtert werden sollen, brauche es eben auch Schutzrechte für die ArbeitnehmerInnen. Gerade bei den von der Kommission vorgesehenen Zuzug von „unabhängigen“ ExpertInnen für das Prüfverfahren von Unternehmensstandortwechsel oder Spaltung des Unternehmens, müsse man ArbeitnehmerInnenvertrerInnen in den Prozess miteinbeziehen. Dies sei nicht einfach eine protektionistische Forderung der österreichischen und deutschen Gewerkschaften, sondern würde von vielen Parteien und Interessensgruppen unabhängig vom politischen Spektrum so gesehen. Derzeit – so Regner werde intensiv an den Kompromissänderungsanträgen gearbeitet und das Dossier solle im nächsten Rechtsausschuss zur Abstimmung kommen. Abschließend fordert Regner auch den Rat auf Nägel mit Köpfen zu machen, um das Dossier noch in dieser Legistlaturperiode abzuschließen
Michael Vassiliadis, Präsident von IndustriALL, strich hervor, dass es nicht um die Behinderung der Unternehmen gehe, aber man dürfe nicht für mehr Flexibilität der Unternehmen die Rechte der ArbeitnehmerInnen opfern. Gerade jüngste Skandale im Steuerbereich hätten die Notwendigkeit von demokratischen, sozialen und persönlichen Rechte vor Augen geführt. Auch sei zu beachten, dass die EuGH-Judikatur nicht immer einheitlich sei: Im TUI-Fall etwa sei der Versuch Mitbestimmungsrechte zu Fall zu bringen vor dem EuGH gescheitert.
Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Bau-Holz Josef Muchitsch sah in der Onlinegründung für Firmen einen Destablisierungsfaktor für den europäischen Binnenmarkt und einen Türöffner für unfaire Arbeitsbedingungen. Die Frage bei Verschmelzungen und Spaltungen sei natürlich auch immer, ob diese zum Vorteil der ArbeitnehmerInnen oder der ArbeitgeberInnen gemacht würden, meist – so Muchitsch - sei es wohl zweiteres.
Weiterführende Informationen:
AK Positionspapier: Gesellschaftsrechts-Paket der Europäischen Kommission (Company Law Package)
AK EUROPA: Europäische Kommission auf dem Weg transnationale Mitbestimmung zu erschweren