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ZurückAm 10. Mai 2021 lud der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments zu einem Hearing über neue Gentechniken. Als eine von vier ExpertInnen war Iris Strutzmann von der AK Wien geladen, um die Interessen der KonsumentInnen zu diesen neuen Techniken darzulegen.
Am 29. April 2021 hat die Europäische Kommission die langerwartete Studie zu neuen Gentechniken veröffentlicht. Der Umweltausschuss hat diese Studie zum Anlass genommen, eine Aussprache zu diesem Thema durchzuführen.
Von Seiten der Kommission führte hierzu Irene Sacristan Sanchez aus, dass die aktuelle Gesetzeslage zur Gentechnik aus dem Beginn der 2000er Jahre stamme und diese aufgrund des EuGH-Urteils von 2018 auch auf neue Gentechniken (neue GVOs) anzuwenden ist. Der Rat beauftragte daher die EU-Kommission, eine Studie über diese neuen Techniken durchzuführen, zu der beispielsweise Bestrahlungstechniken gehören. Nach Abwiegen der Vor- und Nachteile kommt die Studie zum Schluss, dass eine Anpassung der Gesetzgebung für neue GVOs sinnvoll erachtet wird und dies in einem ersten Schritt für Pflanzen angestrebt werden soll. Bevor diesbezüglich die nächsten Schritte eingeleitet werden, soll jedoch noch ein breiter Dialog durchgeführt werden.
Die Expertin der AK Wien, Iris Strutzmann, war zu diesem Hearing geladen. In ihrem Beitrag hielt sie fest, dass das Recht auf Information zentral ist, damit VerbraucherInnen bewusste Kaufentscheidungen treffen können. In den EU-Verträgen und EU-Gesetzen ist das Recht auf Informationen für KonsumentInnen auch bereits verankert. Essenziell ist darüber hinaus die Rückverfolgbarkeit und eine klare Kennzeichnung von Lebensmitteln als GVOs, die mit Hilfe dieser neuen Technologien erzeugt wurden, um die Wahlfreiheit der KonsumentInnen abzusichern. So hat eine Befragung unter KonsumentInnen in Österreich ergeben, dass sich 86 % der Befragten dafür aussprachen, Lebensmittel mit neuen GVOs als gentechnisch veränderte Lebensmittel zu kennzeichnen.
Und so kommt auch eine Studie des Umweltbundesamtes zum Schluss, dass das Recht auf Information und die Kennzeichnung von Produkten, die mit Hilfe neuer Gentechniken hergestellt wurden, die beste Option aus Sicht der KonsumentInnen ist. Dies ist für Iris Strutzmann vor allem auch wichtig, um die erhöhte Nachfrage nach biologisch und gentechnikfrei erzeugten Lebensmitteln sowie deren Produktion nicht zu gefährden. Sowohl die Biolandwirtschaft als auch gentechnikfreie Produktion lehnen nämlich die Verfahren der neuen Gentechnik in ihren Lieferketten ab. Es gibt zudem große Bedenken, wie eine solche neue Technologie ohne Risikoprüfung bezüglich ihrer Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt vermarktet werden soll.
Gegen eine Lockerung der gesetzlichen Vorschriften von neuen GVOs argumentierten auch andere ExpertInnen, die zum Hearing geladen waren. So wies Michael Antoniou vom King´s College London auf die fehlenden Erkenntnisse zur Sicherheit dieser Technologien hin, da es beispielsweise durch Bestrahlung auch zu unvorhersehbaren Mutationen kommen könne. Margret Engelhard vom deutschen Bundesamt für Naturschutz verwies auf die Gefahr, dass sich Pflanzen, die durch GVOs verändert wurden, in der Natur auch ausbreiten können und es nicht legitim ist, über Vorteile zu sprechen, wenn die Gefahren nicht klar sind. Martin Qaim von der Universität Göttingen hingegen verwies auf die Vorteile beim Einsatz von Gentechnik für die Landwirtschaft, insbesondere auch in den Ländern des Südens.
Unterschiedlich waren die Wortmeldungen und Fragen der Abgeordneten. Während Anja Hazekamp von den Linken betonte, wie wichtig die Kennzeichnung für die Wahlfreiheit der KonsumentInnen ist, wünschte sich Herbert Dorfmann (EVP) eine Debatte, die nicht nur streng wissenschaftlich geführt werden sollte und er vielmehr der neuen Technologie eine Chance geben wolle. Unbeantwortet blieben die Fragen des grünen Abgeordneten Martin Häusling, welche Beispiele es von Pflanzen gäbe, die durch die neuen Gentechniken resistenter gegen Trockenheit geworden wären oder wie viel die klassische Gentechnik bisher an Pestizideinsparung gewirkt hätte.
Als nächsten Schritt wird die Kommission eine Konsultation starten, die sich an alle InteressenvertreterInnen richtet, um konkretere Positionen zu möglichen neuen Regelungen für die neue Gentechnik zu erhalten.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Keine Änderung der EU-Gesetzgebung zur Gentechnik
AK EUROPA Policy Brief: Genome Editing – How to protect the interests of consumers (nur englisch)
Europäisches Parlament: Hearing zu GVOs im Umweltausschuss
Europäische Kommission: Studie zu neuen Gentechniken (nur englisch)