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ZurückMit einem umfassenden Investitionsabkommen will die EU noch 2020 eine neue Phase der Kooperation mit China einläuten. Das gestaltet sich aber schwierig – auch, weil China (zu) wenig Bereitschaft zeigt, die menschen- und arbeitsrechtliche Situation im Land zu verbessern.
Über ein umfassendes Investitionsabkommen zwischen der EU und China wird bereits seit 2013 verhandelt. Während die Verhandlungen in den ersten Jahren eher schleppend verliefen, hat sich das Tempo in den vergangenen zwei Jahren deutlich erhöht. Die Verhandlungsrunden finden in zunehmend höherer Frequenz statt, denn als Ziel wurde eine Einigung bis Ende des Jahres 2020 ausgegeben. Dieser Fahrplan wurde im Rahmen einer Videokonferenz der EU-HandelsministerInnen am 9. November 2020 noch einmal bekräftigt.
Mit dem Abkommen will die EU-Kommission den Zugang europäischer Unternehmen zum chinesischen Markt verbessern und für ausgewogene Wettbewerbsbedingungen sorgen – unter anderem hinsichtlich staatlicher Subventionen und Transparenz. Aber auch beim Thema nachhaltige Entwicklung sollen Fortschritte erzielt werden. Engagement zeige China laut EU-Kommission hier jedoch bislang eher im Bereich Umweltschutz und weniger beim Schutz von ArbeiterInnen.
Anhörung im Handelsausschuss
Am 9. November 2020 fand im Handelsausschuss des EU-Parlaments eine Anhörung zu den Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen der EU und China in einer Welt nach der Coronakrise statt. Am Podium saß mit Helena König auch die stellvertretende Generaldirektorin der GD Handel. Ihr zufolge habe die Coronakrise gewisse geopolitische Trends noch beschleunigt und in bestimmten Bereichen – beispielsweise bei der Versorgung mit persönlicher Schutzausrüstung – eine starke Abhängigkeit der EU von China offengelegt. König sprach sich deshalb dafür aus, strategische Abhängigkeiten zu identifizieren und Lieferketten zu diversifizieren. Bei der Lösung globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel oder der Reform der WTO, sei eine Kooperation mit China unumgänglich. Die EU müsse dennoch darauf achten, ihre eigenen Werte zu verteidigen.
Von Seiten der Abgeordneten wurden neben einem ausgeglichenen Marktzugang, gleichen Wettbewerbsbedingungen, dem erzwungenen Technologietransfer von Europa nach China und der Rolle von chinesischen Staatsunternehmen auch die arbeits- und menschenrechtliche Situation und vor allem das Thema Zwangsarbeit angesprochen. Helena König musste eingestehen, dass es hier auf chinesischer Seite bislang noch zu wenig Bewegung gebe. Raphael Glucksmann von der S&D Fraktion wies darauf hin, dass seit Monaten bekannt sei, welche internationalen Konzerne von der Zwangsarbeit der in China internierten Uiguren profitieren. Dennoch habe das bisher keine rechtlichen Konsequenzen gehabt. König konnte in diesem Zusammenhang lediglich auf den angekündigten Kommissionsvorschlag zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten verweisen, der im zweiten Quartal 2021 geplant präsentiert werden soll.
Kein Abkommen ohne Menschen-, Arbeits- und Umweltrechte
Bei einer Videokonferenz am 14. September 2020 betonten die Führungsspitzen beider Seiten, bestehende Differenzen noch bis zum Ende des Jahres 2020 ausräumen zu wollen. Langfristig dürften die Verhandlungen zum Investitionsabkommen wohl auch dazu dienen, die Bereitschaft Chinas hinsichtlich einer stärkeren bilateralen Zusammenarbeit auszuloten und könnten in weiterer Folge Basis für ein umfassenderes Handelsabkommen sein. Ein Interesse daran bekundete der chinesische Außenminister Wang Yi bereits Ende 2019.
Die Arbeiterkammer wird die Verhandlungen jedenfalls genau beobachten. Klar ist, dass ein Abkommen nur dann denkbar sein darf, wenn sich China zur Einhaltung umfassender menschen-, arbeits- und umweltrechtlicher Standards verpflichtet und Verstöße diesbezüglich auch effektiv geahndet werden können. Allem voran betrifft das die acht Kernarbeitsnormen der ILO.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Immer mehr Unterstützung für ein EU-Gesetz zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten
A&W Blog: Was heißt zukunftsfähiges Wirtschaften Post-Corona?