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ZurückWill die EU die angepeilte Klimaneutralität bis 2050 erreichen und die Umsetzung des Grünen Deals nicht gefährden, wird auch die Handelspolitik einen Beitrag dazu leisten müssen. Schließlich trägt der internationale Handel mit seinen weltweit verzweigten Wertschöpfungsketten und den langen Transportwegen zunehmend zur Erhöhung der Treibhausgasemissionen bei.
Wie der Vizepräsident und neue Handelskommissar Valdis Dombrovskis bereits im Rahmen seines Hearings im Oktober 2020 bekanntgab, arbeitet die EU auf WTO-Ebene an einer Initiative zum Thema Handel und Klima. Dass die Kommission dabei vor allem auf die Liberalisierung des Handels mit (vermeintlich) ökologischen Produkten und Dienstleistungen setzen will, stieß im Dialog mit VertreterInnen der Zivilgesellschaft allerdings umgehend auf Kritik. Vor allem VertreterInnen von Umwelt- und Tierschutzorganisationen kritisierten, dass die Kommission auf Krisen stets mit mehr Handel und mehr Liberalisierung reagieren wolle. Stattdessen müssten vielmehr die potentiellen Schäden von Handel beachtet und in bestimmten Bereichen eine Re-Lokalisierung der Produktion in Erwägung gezogen werden.
Diskussion im EU-Parlament: Negative Aspekte des Handels überwiegen
Am 7. Dezember 2020 fand im EU-Parlament eine Anhörung statt, in deren Rahmen die Mitglieder der beiden Ausschüsse für Handel und Umwelt mit vier StakeholderInnen sowie einem Vertreter der Kommission über den möglichen Beitrag der Handelspolitik zur Erreichung der Ziele des Grünen Deals diskutierten. Einig waren sich die TeilnehmerInnen vor allem in einem Punkt: Der Übergang zu einer ökologischeren Gesellschaft ist eine globale Herausforderung. Dabei müsse die EU aber eine führende Rolle einnehmen, wie Sandrine Dixson-Declève, Co-Präsidentin des Club of Rome, betonte. Einigkeit herrschte in den Wortmeldungen auch darüber, dass es bei den Nachhaltigkeitskapiteln der EU-Handelsabkommen nach wie vor an Durchsetzbarkeit mangle.
Olivier de Schutter, UN-Sonderberichterstatter für extreme Armut und Menschenrechte, kam zum Schluss, dass die negativen Aspekte des globalen Handels überwiegen würden. Handel sei eine Gefahr für den grünen Wandel, nicht die Lösung. Dennoch sieht de Schutter in der Handelspolitik einen möglichen Hebel, um die Globalisierung in die richtige Richtung zu lenken. Wichtige Werkzeuge seien unter anderem eine CO2-Steuer, das Allgemeine Präferenzsystem oder die Kontrolle von Lieferketten.
Energiecharta-Vertrag behindert die ökologische Wende
Wendel Trio vom Climate Action Network verwies darauf, dass der Energiecharta-Vertrag (ECT) den Übergang zu einer ökologischen Gesellschaft sabotiere. Der Vertrag erlaubt es Energieunternehmen, Staaten auf Schadensersatz in Milliardenhöhe zu verklagen, wenn diese dringend benötigte Gesetze zum Schutz von Umwelt oder Biodiversität erlassen. Trio gehört – ebenso wie Dixson-Declève und Olivier de Schutter – zu den UnterzeichnerInnen eines offenen Briefes, der die Abschaffung des ECT fordert, weil dieser den Übergang zu sauberer Energie behindere.
Ökologische Neuausrichtung der Handelspolitik
Um zu verhindern, dass die Handelspolitik im Widerspruch zu den Bestrebungen des Grünen Deals steht oder diesen gar untergräbt, braucht es aus Sicht der AK eine Neuausrichtung der Handelspolitik. Die Nachhaltigkeitskapitel müssen mit einem effektiven Durchsetzungsmechanismus ausgestattet und die Ratifikation, Umsetzung und der Verbleib im Pariser Klimaabkommen als essentielles und verbindliches Element in allen Handelsabkommen verankert werden. Ergänzend zum EU-Emissionshandel braucht es einen EU-weiten Mindestpreis und einen Grenzausgleich für Kohlenstoff sowie eine Überprüfung der WTO-Regeln, um eine wirksame Bekämpfung von Umwelt- und Sozialdumping zu ermöglichen. Eine abgeschlossene Folgenabschätzung und Wirkungsanalyse sollte außerdem Voraussetzung für die Aufnahme von Verhandlungen zu potentiell neuen Handelsabkommen sein.
Weiterführende Informationen:
AK Positionspapier: Europäisches Klimagesetz
AK EUROPA: EU-Handelspolitik soll nachhaltiger werden
AK EUROPA: Neuausrichtung der EU-Handelspolitik
AK EUROPA: Der Energiecharta-Vertrag verhindert ökologische Trendwende