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ZurückIm Jänner 2019 hat die EU-Kommission Verhandlungsmandate für zwei Handelsabkommen mit den USA veröffentlicht. Die Verhandlungen finden unter Zeitdruck statt. Aus Sicht der Arbeiterkammer sind dies schlechte Voraussetzungen für ein Handelsabkommen. In einem nun veröffentlichten Positionspapier der AK sowie einem gemeinsamen Statement der AK-Präsidentin und des ÖGB-Präsidenten wird zu einigen Kritikpunkten ausführlich Stellung genommen.
Die veröffentlichten Verhandlungsmandate der EU-Kommission mit den USA umfassen ein Abkommen zu Konformitätsbewertung sowie ein Abkommen zum Abbau von Zöllen auf Industriegüter. Ersteres bezieht sich auf die Mindestanforderungen zur Produktsicherheit in der EU. Im Rahmen des Abkommens soll die gegenseitige Anerkennung dieser Konformitätsbewertungen erfolgen um Kosten für die Wirtschaft einzusparen, so das Argument der EU-Kommission. Der Zollabbau betrifft industrielle Erzeugnisse, nicht aber Agrarprodukte. Bereits im Februar stimmte die Mehrheit des Handelsausschusses des Europäischen Parlaments für die Verhandlungsmandate, die Abstimmung im Plenum erfolgte schließlich diese Woche. Die Kommission will mit den Abkommen die Handelsbeziehung zu den USA wieder stärken und eine positive Agenda schaffen.
AK fordert: Annullierung des TTIP-Mandats
Klare Kritik bezüglich der Verhandlungsmandate kommt von Seiten der AK: So ist das ursprüngliche TTIP-Mandat von 2013 nach wie vor aufrecht. Daher ist zu befürchten, dass die zwei Mandate nur ein kleiner Schritt hin zu einem umfassenderen Handels- und Investitionsabkommen mit den USA sind. Die AK fordert daher den sofortigen Widerruf des TTIP-Mandats, damit ein endgültiger Schlussstrich unter die gescheiterten Verhandlungen gezogen werden kann.
Zeitdruck und unklare Verhandlungsziele sind schlechte Voraussetzungen
Die Mandate der Kommission konzentrieren sich in erster Linie auf die zwei Abkommen zur Zollreduktion und der Konformitätsbewertung. Die USA hingegen streben ein breites Abkommen an, das u.a. auch auf den Zollabbau auf landwirtschaftliche Produkte abzielt. Unklar ist zudem, ob PKW und PKW-Teile in den Mandaten inkludiert sind. Als Grund für die raschen Verhandlungen nennt die Kommission Zeitdruck. Die Drohungen der US-Regierung, Zölle auf Autos und Autoteile einzuheben, wurden bis jetzt ebenso wenig aufgehoben wie die US-Zölle auf Stahl und Aluminium. Aus Sicht der AK ist es daher unklar, wie unter diesen Bedingungen Verhandlungen auf Augenhöhe stattfinden sollen.
Konformitätsbewertung: Umfang des Verhandlungsbereichs völlig offen
Die gegenseitige Anerkennung von Standards bringt aus Sicht der AK die Gefahr mit sich, dass wichtige Regulierungen in den Bereichen ArbeitnehmerInnen-, Umwelt-, Daten-, Gesundheits- und KonsumentInnenschutz sowie im Finanzwesen zu Fall gebracht werden könnten. Die AK kritisiert zudem, dass in den Mandaten der Umfang der Anwendungsbereiche nicht klar eingegrenzt ist. So werden zwar einige Bereiche genannt (u.a. Maschinen oder Elektronik), jedoch gibt es keine abschließende Eingrenzung, was insbesondere auch im Hinblick auf den Marktzugang für gefährliche Chemikalien und Pestizide problematisch ist.
Umfassende Wirkungs- und Nachhaltigkeitsstudie erforderlich
Ein weiterer Kritikpunkt ist aus Sicht der AK das Fehlen einer Wirkungs- und Nachhaltigkeitsstudie (Sustainability Impact Assessment), welche die ökonomischen, sozialen und ökologischen Auswirkungen von Handelsabkommen analysiert. Die AK fordert daher eine umfassende Studie, die die Folgen der Abkommen für die Wirtschaft, den Arbeitsmarkt und die Umwelt analysiert.
EU-Handelspartner müssen sich zum Pariser Klimaschutzabkommen bekennen
Die AK unterstützt die Resolution des Europäischen Parlaments zur Klimadiplomatie, dass bilaterale Handelsabkommen nur noch mit Ländern geschlossen werden, welche das Pariser Klimaschutzabkommen ratifiziert und umgesetzt haben. In Anbetracht der Tatsache, dass sich die Klimakrise immer weiter verschärft und die US-Regierung aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ausgestiegen ist, sind die Voraussetzungen für Handelsverhandlungen mit den USA nicht gegeben.
ILO-Kernarbeitsnormen als Voraussetzung für Verhandlungen
Die USA haben nur zwei der acht ILO-Kernarbeitsnormen ratifiziert (Abschaffung der Zwangsarbeit und das Verbot der schlimmsten Form von Kinderarbeit). Für die AK ist die Ratifizierung, Umsetzung und Anwendung der ILO-Kernarbeitsnormen eine grundlegende Voraussetzung für Handelsverhandlungen. Die AK fordert daher verbindliche Bestimmungen zu den ILO-Kernarbeitsnormen in den zwei Handelsabkommen sowie die Sanktionierung durch ein Streitbeilegungsverfahren bei Verstößen gegen die Normen.
Europäische Parlament stimmt gegen Handelsmandate
Die AK fordert eine faire und transparente Gestaltung von Handelsabkommen, durch die alle Menschen profitieren. Umwelt- und Sozialstandards müssen ebenso berücksichtigt werden wie europäische Standards und der Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge (Arbeitsmarkt, Umwelt, Gesundheit, Infrastruktur, Daten). Am 14. März hat eine knappe Mehrheit des Europäischen Parlaments die Resolution abgelehnt. Somit hat das Parlament keine Position zu den Handelsmandaten verabschiedet.
Weiterführende Informationen:
AK Positionspapier: EU-US-Wirtschaftsbeziehungen
Der Brief von AK und ÖGB an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments