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ZurückVor einem Jahr am 9. Mai 2021 (dem Europatag) wurde die Konferenz zur Zukunft Europas offiziell gestartet. Ausgewiesenes Ziel war es, Antworten für die Zukunft der Europäischen Demokratie zu formulieren und nächste Schritte für die europäische Integration aufzuzeigen. Der Abschlussbericht fordert nun unter anderem soziale Rechte gegenüber wirtschaftlichen Freiheiten mit einem sozialen Fortschrittsprotokoll abzusichern.
Die Konferenz zur Zukunft Europas hat insgesamt 49 Vorschläge, die mehr als 300 Maßnahmen umfassen angenommen, welche auf der Abschlussveranstaltung am 9. Mai 2022 in Straßburg vorgestellt wurden. Die Vorschläge stützen sich auf Empfehlungen der europäischen und nationalen Bürger:innenforen und Veranstaltungen sowie auf Ideen, die über die Online-Plattform der Konferenz eingereicht wurden. Sie wurden in neun Arbeitsgruppen erstellt, an denen Bürger:innen, Mitglieder der EU-Institutionen und der nationalen Parlamente sowie Vertreter:innen regionaler und lokaler Behörden, der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft teilnahmen.
Empfehlungen der Konferenz
Die von der Konferenz beschlossenen Empfehlungen gliedern sich in neun Themenbereiche, beispielsweise Klimawandel, Gesundheit, Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit und Beschäftigung, Demokratie sowie Migration. Die Forderungen umfassen unter anderem die Umstellung auf nachhaltige Energieerzeugung, Investitionen in das Gesundheitswesen und in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Dazu fordern die Empfehlungen eine verbesserte Koordination im Bereich der Steuerpolitik durch raschere Entscheidungen und ein Abgehen von der Einstimmigkeit. Generell sollen Abstimmungen in allen Bereichen (bis auf die Entscheidung des Beitritts neuer Länder) nur noch mit qualifizierter Mehrheit fallen.
Ferner wird die vollständige Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte gefordert, wobei ein Protokoll zum sozialen Fortschritt in die geforderte Neufassung der EU-Verträge aufgenommen werden soll. Dabei sollten die nationalen Traditionen und die Autonomie der Sozialpartner respektiert werden und eine Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft stattfinden. Ebenso wichtig ist die Forderung nach der Gewährleistung eines gerechten Übergangs auf der Grundlage des sozialen Dialogs und hochwertiger Arbeitsplätze, damit der Übergang zu einer grünen und digitalen Wirtschaft auf eine für die Arbeitnehmer:innen faire Weise erfolgt. Eine weitere Forderung umfasst die Verbesserung der Funktionsweise der Arbeitsmärkte, sodass gerechtere Arbeitsbedingungen sichergestellt und die Geschlechtergleichstellung sowie die Beschäftigung gefördert werden. Dabei wird ein Fokus auf junge Menschen und gefährdeten Gruppen gefordert. Die EU, ihre Mitgliedstaaten und die Sozialpartner müssen der Armut trotz Erwerbstätigkeit ein Ende setzen, sich mit den Rechten von Plattformarbeiter:innen befassen, unbezahlte Praktika verbieten und eine faire Arbeitsmobilität in der EU sicherstellen, so die Forderungen. Auch der soziale Dialog und Tarifverhandlungen müssen gefördert werden.
Verfassungskonvent: Unterstützung aus Parlament, Gegenwind vieler Mitgliedstaaten
Nun geht es darum, die Forderungen der Zukunftskonferenz umzusetzen. Teilweise ist dies durch neue gesetzliche Initiativen, Programme und Änderungen im EU-Budget möglichen. Für andere Bereiche benötigt es aber auch die Änderung des EU-Vertragsrechts. Das EU-Parlament verabschiedete bereits am 4. Mai 2022 einen Entschließungsantrag, welcher die politischen Entscheidungsträger:innen auffordert, Reformen der EU-Verträge auf der Grundlage der Arbeit der Konferenz vorzubereiten. „Die Konferenz zur Zukunft Europas beweist, dass zwischen dem, was sich die Menschen erwarten, und dem, was Europa derzeit liefern kann, eine Kluft besteht. Deshalb braucht die EU als nächsten Schritt einen Verfassungskonvent.“ betonte EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola, während ihrer Rede auf der Abschlussveranstaltung der Konferenz.
Laut Medienberichten äußerten sich bereits dreizehn EU-Staaten (darunter vor allem nördliche, östliche und die baltische EU-Staaten) zurückhaltend zum Vertragsänderungsprozess. Deutschland, Frankreich, Italien und die Benelux Staaten hingegen, wollen die Konferenz als Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung der EU nutzen und zeigen sich auch für Vertragsänderungen offen.
AK: Konferenz bringt wichtige Verbesserungsvorschläge
Erfreulicherweise greifen die Empfehlungen der Zukunftskonferenz viele Verbesserungsvorschläge auf, welche die AK seit Jahren in die EU-Zukunftsdebatte einbringt. „Insbesondere sind wir erfreut, dass sich die Konferenz klar dafür ausspricht, ein Protokoll über den sozialen Fortschritt in die Verträge aufzunehmen. Damit wäre der Vorrang sozialer Grundrechte, einschließlich Gewerkschaftsrechten, vor den Marktfreiheiten endlich gesichert, was die soziale Dimension des Binnenmarkts stärken würde“, betonte AK Präsidentin Renate Anderl. Die AK spricht sich schon lange für eine Reform der Europäischen Verträge aus. Dies muss nun bald gestartet werden und dabei gilt es sicherzustellen, dass letztlich die vielen sozialen und ökologischen Empfehlungen der Konferenz über die Zukunft Europa nicht untergehen.
Weitere Informationen:
AK EUROPA: Bürger:innenforum zu sozialem Europa mit AK-Präsidentin Renate Anderl
AK EUROPA Factsheet: Zeit für ein soziales Europa
AK Wien Studie: Europäischer Pakt für sozialen Fortschritt