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ZurückBereits von früheren Rezessionen ist bekannt, dass junge Menschen als erstes und besonders stark von Arbeitslosigkeit und ökonomischer Unsicherheit betroffen sind. In der Corona-Wirtschaftskrise ist dies wieder der Fall. Die Europäische Kommission reagiert auf diese Entwicklungen diesmal frühzeitig. Es wird jedoch deutlich mehr Budget brauchen, damit die Initiative zur Förderung der Jugendbeschäftigung eine Wirkung erzielt.
Dramatische Situation erwartbar
Laut jüngsten Prognosen der Arbeiterkammer und der Johannes-Kepler-Universität Linz wird sich die Arbeitsmarktlage für Jugendliche in der gesamten EU noch weiter zuspitzen. Laut dem mittleren Szenario dieser Prognose wird die Anzahl arbeitsloser Jugendlicher in den EU-27 innerhalb eines Jahres von 2,8 Mio. auf 4,8 Mio. ansteigen. Die Jugendarbeitslosenquote wird sich von 15,1 Prozent im Jahr 2019 auf 26,2 Prozent im Jahr 2020 erhöhen, das pessimistische Szenario geht gar von 30,2 Prozent aus. Die Anzahl an NEET-Jugendlichen (Jugendliche, die weder in Beschäftigung oder Ausbildung noch in einer Trainingsmaßnahme sind) wird von 4,7 Mio. auf 6,7 Mio. ansteigen.
Die EU-Jugendgarantie muss wirksamer werden
Im Jahr 2013 wurde eine EU-Jugendgarantie etabliert, die gewährleisten soll, dass alle Jugendlichen unter 25 Jahren ein qualitätsvolles Angebot auf Beschäftigung, Bildung oder Schulung innerhalb von vier Monaten Arbeitslosigkeit bekommen. Die EU-Jugendgarantie wurde hauptsächlich über die Jugendbeschäftigungsinitiative finanziert und war für den Zeitraum 2014 bis 2020 mit einem Budget von 6,4 Mrd. Euro ausgestattet. Es sollten damit insbesondere Regionen unterstützt werden, die eine Jugendarbeitslosenquote über 25 Prozent aufwiesen. Im Jahr 2015 wurde das Budget für die EU-Jugendgarantie um 30 Prozent aufgestockt und ein großer Teil zusätzlich über den Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert. Im Zeitraum 2014 bis 2020 wurde die Jugendgarantie in Summe mit 12,7 Mrd. Euro aus dem EU-Budget finanziert. Auch wenn die Zielsetzung der EU-Jugendgarantie sinnvoll ist, wird ihre Implementierung und Wirksamkeit kritisiert, vor allem aufgrund des zu geringen Budgets. Die tatsächlichen Kosten einer EU-Jugendgarantie wurden bereits vor fünf Jahren mit 45,4 bis 50,4 Mrd. Euro pro Jahr beziffert.
Mehr Budget notwendig
Eine neue europäische Jugendgarantie sollte daher – angesichts des zu erwartenden Anstiegs der Jugendarbeitslosigkeit – in der Lage sein, ein Gesamtbudget von rund 50 Mrd. Euro pro Jahr für Jugendmaßnahmen in den Mitgliedsstaaten zur Verfügung zu stellen. Dabei scheint es angesichts der wirtschaftlichen und budgetären Lage der Mitgliedsländer zentral, dass der überwiegende Teil aus dem EU-Budget finanziert wird und sich EU-Mitgliedstaaten solidarisch nach ihrer Betroffenheit und nach ihren finanziellen Kapazitäten beteiligen. Die Vorschläge der Kommission für den Wiederaufbauplan, eingebettet im neuen MFR, beinhalten die Idee eines Verteilungsmechanismus. Das Gesamtbudget von 750 Mrd. Euro sollte einen Schwerpunkt auf Jugendliche ermöglichen. Mit dem REACT-EU-Programm („Aufbauhilfe für den Zusammenhalt und die Gebiete Europas“) ist ein zusätzliches Budget von 55 Mrd. Euro für den Zeitraum 2021 bis 2022 geplant. Ein Teil davon soll ebenfalls für einen Jugendschwerpunkt verwendet werden.
Am 1. Juli 2020 präsentierte die Europäische Kommission eine Initiative unter dem Titel „Förderung der Jugendbeschäftigung: eine Brücke ins Arbeitsleben für die nächste Generation“. Darin werden vier Schwerpunkte vorgeschlagen:
- Reaktivierung und Erweiterung der europäischen Jugendgarantie: Ausweitung auf alle Personen zwischen 15 und 29 Jahren unter noch stärkerer Berücksichtigung von benachteiligten Jugendlichen
- Förderung der beruflichen Bildung und von Schulungen unter Berücksichtigung von Diversität und Inklusion
- Schaffung von Anreizen für die duale Lehrausbildung unter Einbeziehung der Sozialpartner
- Zusätzliche Maßnahmen zur Förderung der Jugendbeschäftigung sowie der Selbstständigkeit (Start-ups)
Genannt wird ein Beitrag von mindestens 22 Mrd. Euro, der sich aus dem Europäischen Sozial Fond Plus sowie aus anderen Krisenmaßnahmen („Next Generation EU“, REACT-EU-Programm) speisen soll. Unter Berücksichtigung der Erfahrungen der frühen Jugendgarantie erscheint jedoch ein jährliches Budget von 50 Mrd. Euro für die Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen pro Jahr erforderlich. Eine Ausweitung der Altersgruppe auf bis 29 Jahre, wie von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, würde eine entsprechende Anhebung erfordern.
Rasch handeln
Nach der Finanzkrise 2008 haben sich die Regierung viel zu spät um die Jugendlichen gekümmert, was ökonomische Unsicherheit und Armutsrisiken verursacht hat. Das hatte weitreichende negative Folgen für die Betroffenen, für die Volkswirtschaften aber auch für den sozialen Zusammenhalt in den Mitgliedsstaaten. Dieser Fehler darf sich nicht wiederholen. Es braucht rasch Gegenmaßnahmen, sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene. Eine Europäische Jugendgarantie, die noch im Jahr 2020 eingeführt wird, könnte dies befördern.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Nein zu einer „Generation Lockdown“!