Nachrichten
ZurückDas Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 % gegenüber 1990 zu senken sowie bis 2050 klimaneutral zu werden, hat die EU im Europäischen Klimagesetz festgelegt. Mit welchen konkreten Maßnahmen dieses Ziel erreicht werden soll, hat die Kommission nun anhand des Pakets „Fit for 55“ vorgelegt. Mit nicht weniger als acht Verordnungen, fünf Richtlinien, zwei Mitteilungen und zwei Entscheidungen deckt dieses Paket wichtige Bereiche ab, die es braucht, um Klimaneutralität zu erreichen.
Ein zentrales Element des Pakets „Fit for 55“ ist der Ausbau des Emissionszertifikatehandels, den es bereits seit 2005 für energieintensive Industrieanlagen und kalorische Kraftwerke gibt. Dieser soll einerseits reformiert werden, indem beispielsweise die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten, damit Produktionsstätten nicht außerhalb Europas verlagert werden, bis 2035 schrittweise auf null gesenkt werden. Um dieses „carbon leakage“ weiterhin zu verhindern, soll stattdessen ein Grenzausgleichsystem eingeführt werden. In einem ersten Schritt soll es für Zement, Eisen, Stahl, Aluminium, Düngemittel und Strom gelten.
Ein eigener Emissionszertifikatehandel soll außerdem auf den Verkehr sowie den Gebäudesektor errichtet werden. Die Arbeiterkammer spricht sich jedoch in aller Klarheit gegen diesen Vorschlag aus, da es sich bei Heizen, Warmwasser und Mobilität um Grundbedürfnisse handelt, die nicht einem Marktmechanismus überlassen werden dürfen. Aufgrund des Prinzips, dass es jährlich weniger Zertifikate geben soll, kann es bei diesen Energieträgern zu extremen Preisausschlägen kommen, was vor allem Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen stark treffen würde. Diese können auch nicht durch den sozialen Klimafonds für Mitgliedstaaten, den die Kommission im Rahmen des Pakets vorsieht, abgefedert werden.
Positiv zu bewerten ist der Kommissionsvorschlag im Rahmen des Energieeffizienzgesetzes, einen zusätzlichen Klimahilfsfonds sowie ein ExpertInnennetzwerk zu Energiearmut einzurichten, was zentralen Forderungen der AK entspricht. Für Haushalte mit niedrigem Einkommen sind Investitionen in eine neue Heizungsanlage oder Sanierungsmaßnahmen nicht finanzierbar, und dagegen kann dieser Hilfsfonds Abhilfe schaffen. Besonders wichtig ist für die AK auch die Vernetzung der ExpertInnen im Rahmen einer zentralen Anlauf- und Kompetenzstelle. Äußerst erfreulich ist ebenso, dass die Kommission im Rahmen der Energieeffizienzrichtlinie die Verankerung von KonsumentInnenrechten im Bereich Fernwärme vorsieht. Die Arbeiterkammer hat in Brüssel vor vielen Jahren als erste auf diese Lücke beim Schutz der KundInnen hingewiesen – und nun soll sie endlich geschlossen werden.
Einen weiteren Schwerpunkt im Rahmen des Pakets bildet die nachhaltigere Mobilität. So soll im Flugverkehr Kerosin endlich besteuert werden sowie Beimischungen nachhaltiger Flugtreibstoffe eingeführt und schrittweise erhöht werden. Auch die Treibstoffe im Schiffsverkehr sollen sauberer werden. Für den Straßenverkehr wird ein Verbot der Neuzulassung von benzin- oder dieselbetriebenen PKW ab 2035 vorgeschlagen. Darüber hinaus soll das Elektro-Schnellladenetz entlang Europas Autobahnen bis 2025 verdichtet werden, um nach spätestens 60 km eine Schnellladestelle erreichen zu können.
Für die AK ist klar, dass es auf diesem Weg in eine klimaneutrale Zukunft einen gerechten Übergang – eine sog Just Transition braucht, die niemanden zurücklässt. Den verteilungspolitischen Auswirkungen ist deshalb besonderes Augenmerk zu schenken. Die AK wird die nun vorgelegten Vorschläge im Detail prüfen und sich in die weiteren Verhandlungen aktiv einbringen, denn in Brüssel kommen die Verhandlungen mit der Veröffentlichung der Vorschläge durch die Kommission erst in die heiße Phase: Nun sind das Europäische Parlament und der Rat, also die EU-Mitgliedstaaten, am Zug, ihre Position zu jedem einzelnen Vorschlag zu formulieren. Wenn sie sich jeweils einigen konnten, starten die Trilogverhandlungen zwischen den zentralen drei EU-Institutionen über die endgültigen Gesetzestexte. Es ist jedoch davon auszugehen, dass dieser Prozess mindestens zwei Jahre beanspruchen wird.
Weiterführende Informationen
AK EUROPA Positionspapier: Positionierung zum Klimaziel für 2030
AK EUROPA: Klimaziele nur mit Reform der europäischen Förderpolitik erreichbar