Nachrichten
ZurückEin Viertel der Treibhausgasemissionen stammt vom Verkehr. Gleichzeitig trägt er zu fünf Prozent des EU-Bruttoinlandsproduktes bei und beschäftigt rund elf Millionen Menschen. Aus Sicht der Arbeiterkammer ist deshalb klar: Es braucht ein nachhaltiges Verkehrssystem, das mehr Fairness gegenüber den Beschäftigten bietet.
Die Nachteile des Verkehrswachstums werden immer offensichtlicher: Überlastete Infrastruktur, steigende Lärm- und Schadstoffbelastungen sowie zunehmend unerträglicher Druck auf die Beschäftigten, allen voran jene im internationalen Verkehr. Bereits in der Vergangenheit hat die Kommission mit den Weißbüchern Verkehr 2001 bzw 2011 versucht, diesen Bereich umweltfreundlicher und fairer und zugleich wettbewerbsfähiger zu machen. Nun arbeitet die Kommission im Rahmen des Grünen Deals an einer neuen Strategie für eine „nachhaltige und intelligente Mobilität der Zukunft“, die am 9. Dezember 2020 vorgestellt werden soll. Im Vorfeld dazu startete die Kommission eine Konsultation, bei der die Arbeiterkammer ihre zentralen Forderungen deponiert hat.
Lohn- und Sozialdumping darf kein Wettbewerbsvorteil bleiben
Die Auswirkungen des ruinösen Wettlaufs um noch billigeren Verkehr auf die elf Millionen Beschäftigten in der Transportbranche sind katastrophal: Die Entlohnung und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten sind nahezu die letzten Stellschrauben in der Unternehmenskalkulation, denn die anderen Kosten (wie zB Maut, Treibstoff, Fahrzeuge) sind für alle Unternehmen ident. Lohn- und Sozialdumping sind deshalb gerade im Straßen- und Flugverkehr die Regel – in Form von langen Arbeitszeiten, schlechter Entlohnung, miserablen Ruhebedingungen, Stress, Müdigkeit und lange Zeiten fernab der Familie. Deshalb braucht es dagegen Regeln, und zwar insbesondere im Straßengüterverkehr, der Luftfahrt und bei den Paketdiensten. Faire Arbeitsbedingungen (Ausbildung, Arbeits- und Ruhezeiten, Entgelt, ArbeitnehmerInnenschutz usw) müssen einfach, klar und kontrollierbar geregelt sein, gleichzeitig sind Verstöße stärker zu sanktionieren.
AK fordert: Fairness zwischen den VerkehrsträgerInnen
Mit diversen Marktöffnungspaketen (Eisenbahnpakete, Mobilitätspakete für den Straßenverkehr, Vergabe öffentlicher Aufträge, Luftverkehrsbinnenmarkt) hat die EU in den letzten Jahren versucht, die Regeln des freien Marktes im Transportsektor zu etablieren. Es gibt aber weiterhin ungleiche Bedingungen zwischen den VerkehrsträgerInnen, obwohl sie im unmittelbaren Wettbewerb um PassagierInnen und Fracht stehen. Insbesondere der Luft- und Straßenverkehr tragen keinesfalls ihre verursachten externen Kosten (zB hinsichtlich Schadstoffen, Flächenverbrauch, Klimakosten). Diese werden immer noch auf die Allgemeinheit abgewälzt. So ist das Einheben der Schienenmaut verpflichtend, während der Lkw teilweise gar keine eine Maut entrichten muss. Die Bahn bezahlt eine Energieabgabe und muss die Mehrwertsteuer auf Tickets einheben und abführen, der Luftverkehr hat steuerfreie Tickets und steuerfreies Kerosin.
Ökologische Verkehrswende braucht mehr als grüne Schlagzeilen
Aus Sicht der AK liegt der Fokus auf europäischer Ebene zu sehr auf grenzüberschreitenden Großprojekten. Da 80 bis 90 % des Verkehrs in den Ballungsräumen entsteht bzw endet, entscheidet sich gerade dort die Wahl des Verkehrsmittels. Die Zurückhaltung der Europäischen Institutionen bei regionalen Infrastrukturen (zB Rad, Fuß, Schiene) ist daher kontraproduktiv, denn letztlich sorgen diese auch für die Entlastung der europäischen Korridore in jenen (zumeist städtischen) Bereichen, in denen es die größten Engpässe gibt. Die nachhaltige Verkehrsentwicklung in den Städten und Regionen sollte von der Union deshalb stärker aufgegriffen und gefördert werden.
Weiterführende Informationen:
AK Positionspapier: Evaluierung des Weißbuchs Verkehr
AK EUROPA: Freier Warenverkehr auf Kosten der FahrerInnen
AK Policy Brief: Using the COVID 19 crisis to strengthen public services of general interest