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ZurückUnmenschliche Arbeitsbedingungen und Ausbeutung bestimmen die Lebensrealität vieler Beschäftigter in der EU-Landwirtschaft. In einem offenen Brief fordert die Europäische Gewerkschaft für Ernährung, Landwirtschaft und Tourismus (EFFAT) mehr soziale Rechte für die Betroffenen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik ein, der von mehr als 300 weiteren Organisationen unterstützt wird – darunter auch AK EUROPA.
Am 1. Januar 2021 trat der Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für die Jahre 2021 - 2027 in Kraft, von dem etwa ein Drittel – und damit ein bedeutender Anteil des EU-Budgets – in den Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) fließt. Die Details des GAP-Haushalts werden in einer separaten Verordnung derzeit noch ausverhandelt, wobei diese Gelder einerseits für die ländliche Entwicklung (ELER) und andererseits für Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe (EGFL) vorgesehen sind. Dabei machen die Direktzahlungen mit etwa 70 % des GAP-Haushalts einen wesentlich höheren Teil des Budgets aus, was aus Sicht der AK kritisch zu bewerten ist. Denn zum einen ergibt sich dadurch eine schlechte Verteilungswirkung dieser finanziellen Mittel – 20 % der Betriebe erhielten ca. 80 % der Subventionen. Zum anderen spielten bisher Arbeitsrechte bei der Vergabe der Direktzahlungen keine Rolle, obwohl viele landwirtschaftlich Beschäftigte in der EU unter prekären und menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten.
Schlechte Arbeitsverhältnisse trotz hoher Subventionen
Denn trotz der hohen EU-Gelder, die jährlich an Direktzahlungen in den Agrarbereich fließen, ist ein großer Teil der mindestens zehn Millionen Beschäftigten in der EU-Landwirtschaft von prekären Verhältnissen betroffen, meist als SaisonarbeiterInnen, ErntearbeiterInnen oder TagelöhnerInnen. Unmenschliche Arbeitsbedingungen, schlechte Löhne, lange Arbeitszeiten, Schwarzarbeit und minderwertige Unterkünfte in Hütten oder Containern sind nur einige der Probleme, mit denen die Betroffenen täglich zu kämpfen haben. Zwar haben selbst die EU-Institutionen jene landwirtschaftlich Beschäftigten im Zuge der COVID-Pandemie als unverzichtbar eingestuft, dennoch bestehen die schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen weiterhin und bleiben weitgehend unsichtbar.
Die AK hat bereits in einem Positionspapier zur Strategie der Kommission „Vom Hof auf den Tisch“ die Arbeitsbedingungen von LandarbeiterInnen kritisiert und gefordert, die Agrarsubventionierung an die Einhaltung von Arbeits- und Sozialstandards zu knüpfen, um eine sozial gerechte EU-Landwirtschaft zu schaffen. Und auch das EU-Parlament hat nun kürzlich eine eindeutige Position in die gleiche Richtung eingenommen: Die Abgeordneten fordern, dass künftig die GAP-Direktzahlungen sowohl an Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gemäß der Tarifverträge, an die Einhaltung des nationalen und EU-Rechts sowie an die ILO-Konventionen geknüpft werden sollen.
Offener Brief für verpflichtende Standards bei Direktzahlungen in der Landwirtschaft
Entscheidend ist im nächsten Schritt, dass diese Position des EU-Parlaments auch in den weiteren Verhandlungen zwischen EU-Parlament, Rat und Kommission bestätigt und weiter gestärkt wird. Die AK fordert daher gemeinsam mit der EFFAT und mehr als 300 weiteren Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen sowie VertreterInnen aus der Wissenschaft und Forschung in einem offenen Brief die EU-Institutionen auf, in den Verhandlungen zur GAP-Verordnung dem Vorstoß des EU-Parlaments zu folgen und verpflichtenden Arbeits- und Sozialstandards an die Direktzahlungen in der EU-Landwirtschaft zu knüpfen. Dies ist der einzige Weg, um Sozialdumping zu vermeiden. Darüber hinaus wird auf diese Weise sichergestellt, dass jene LandwirtInnen, die die ArbeitnehmerInnenrechte bereits respektieren, deshalb keine Wettbewerbsnachteile erleiden und die gesetzten Standards nicht zum toten Recht verkümmern. Die LandarbeiterInnen – jene Menschen, die täglich dafür sorgen, dass selbst in einer globalen Pandemie ausreichend Essen zur Verfügung steht – erwarten jetzt eine klare Regelung von den EU-Institutionen.
Weiterführende Informationen:
Offener Brief zu verpflichtenden Standards bei Direktzahlungen in der EU-Landwirtschaft
AK EUROPA Positionspapier: Strategie vom Hof auf den Tisch
AK EUROPA: EU-Institutionen verkünden Einigung über EU-Budget und Wiederaufbauplan