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ZurückDie zu Ende gehende Legislaturperiode stand ganz im Zeichen des European Green Deal. Einer der zahlreichen Vorschläge zur Förderung der Kreislaufwirtschaft, der aktuell noch diskutiert wird, ist eine Verordnung über Anforderungen an die kreislauforientierte Konstruktion von Fahrzeugen und die Entsorgung von Altfahrzeugen. Ziel dieser Verordnung ist es, die Umweltauswirkungen des Automobilsektors zu reduzieren und damit einen Beitrag zu den Umwelt- und Klimazielen zu leisten. Dies soll unter anderem durch Vorschriften zur Wiederverwendung, zum Recycling und zur Konstruktion erreicht werden. Grundsätzlich begrüßt die AK die Stoßrichtung des Vorschlags. Ein aktuelles AK EUROPA Positionspapier zeigt aber auch Schwachpunkte auf, die die Zielerreichung gefährden.
Der bereits im Juli 2023 veröffentlichte Entwurf der EU-Kommission greift die von der europäischen Automobilindustrie verursachten Umweltprobleme auf. Die Automobilindustrie in Europa hat aufgrund ihres hohen Ressourcenverbrauchs einen sehr großen ökologischen Fußabdruck. So entfallen allein auf diesen Sektor knapp 19 Prozent der gesamten europäischen Stahlnachfrage, 10 Prozent des gesamten Kunststoffverbrauchs und ein erheblicher Teil der Nachfrage nach Aluminium, Kupfer und Glas. Mit dem Verordnungsvorschlag erhofft sich die EU-Kommission, den Ressourcenverbrauch und den Ausstoß klimaschädlicher Emissionen in der Automobilindustrie zu minimieren. Neben einer jährlichen Einsparung von 12,3 Millionen Tonnen CO2-Emissionen bis zum Jahr 2035 sollen auch 22.100 neue Arbeitsplätze entstehen.
Reichweite des Entwurfs
Durch die Umstellung von Verbrennungsmotoren auf Elektrofahrzeuge verschiebt sich der Fokus bei der Betrachtung der Umweltauswirkungen tendenziell weg von der Nutzungsphase. Die Herstellungs- und Verwertungsphase sind aus ökologischer Sicht wesentlich sensibler als in der Vergangenheit und erfordern daher einen angepassten Rechtsrahmen. Nicht zuletzt fördert der Vorschlag der EU-Kommission den Einsatz von Rezyklaten. So sollen künftig 25 Prozent des Kunststoffs, der für den Bau eines Neufahrzeugs verwendet wird, aus dem Recycling stammen. Davon müssen wiederum 25 Prozent aus Altfahrzeugen recycelt werden. Das ist zu begrüßen und sollte möglichst bald auch für andere Werkstoffe normiert werden. Außerdem soll laut Entwurf die Transparenz im Lebenszyklus eines Fahrzeugs erhöht werden. Altfahrzeuge sollen EU-weit besser verfolgbar sein, der Export nicht verkehrstauglicher Fahrzeuge soll verboten werden. Zudem wird der Geltungsbereich der Maßnahmen auf neue Fahrzeugkategorien wie Motorräder und Lastkraftwagen ausgeweitet.
Notwendige Ergänzungen und Erweiterungen
All diese Maßnahmen werden aber nicht ausreichen, um den zusätzlichen Ressourcenbedarf für immer größere und schwerere Autos zu kompensieren. Daher muss sich auch etwas am Design der Autos ändern. Der Trend zu größeren und schwereren Fahrzeugen bedeutet zwangsläufig, dass auch die benötigten Batterien größer werden müssen und damit wieder mehr umweltbelastende Materialien benötigt werden. Die AK fordert im aktuellen Positionspapier daher neben der Kreislauforientierung auch verbindliche Vorgaben für Fahrzeuggewicht und -größe sowie kleinere Batterien, um den CO2-Fußabdruck und den Rohstoffverbrauch zu reduzieren.
Obwohl in dem Entwurf neue Fahrzeugkategorien enthalten sind, sollen Fahrzeugklassen aus dem Bereich der Landwirtschaft weiterhin ausgenommen bleiben. Die AK ist der Meinung, dass eine Kreislaufwirtschaft alle Sektoren umfassen sollte und daher diese Ausnahmen aus der Verordnung zu streichen sind. Die Industrie braucht Anreize, um innovative Ansätze zu verfolgen und Nutzfahrzeuge nachhaltiger zu gestalten. Mit weiteren Ausnahmen wird dies nicht geschehen.
Verbrenner nachträglich klimafit machen
Bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor sollte es möglich sein, diese im Falle eines Motorschadens auf batterie- oder brennstoffzellenelektrischen Antrieb umzurüsten, anstatt das ganze Fahrzeug als Altfahrzeug zu verwerten. Der Vorschlag der EU-Kommission sollte dahingehend ergänzt werden, dass professionelle Anbieter Nachrüstsätze für Fahrzeugmodelle in einem standardisierten Verfahren genehmigen lassen können. Um Reparaturen zu fördern, muss es aber generell möglich sein, Komponenten einfach auszutauschen. Dabei muss sichergestellt werden, dass Reparaturen von markenunabhängigen Werkstätten durchgeführt werden können. Für Verbraucher:innen muss es möglich sein, Fahrzeuge auch dann reparieren zu lassen, wenn dies als unwirtschaftlich gilt.
Bei all dem ist es wichtig, dass es Behörden gibt, die die Umsetzung dieser Verordnung durch die Hersteller überwachen. Gerade die im Vorschlag genannten nationalen Typgenehmigungsbehörden werden aber aufgrund mangelnder Ressourcen kaum in der Lage sein, die Verwertungs- und Recyclingquoten der großen Fahrzeughersteller zu kontrollieren. Die Erfahrungen mit abgasmanipulierten Diesel-Pkw haben zudem gezeigt, dass die Bereitschaft der nationalen Behörden zur Kontrolle der Herstellerpflichten sehr begrenzt ist. Die AK spricht sich daher dafür aus, diese Marktüberwachung bei den Fahrzeugherstellern durch EU-Institutionen wie die Europäische Umweltagentur oder die Gemeinsame Europäische Forschungsstelle durchführen zu lassen.
Wie geht es weiter?
Der Umbau in Richtung einer Kreislaufwirtschaft in der EU ist eine der wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahre. Nur durch einen sorgsameren Umgang mit Ressourcen können wir unser Wirtschaftssystem nachhaltig gestalten und die Ziele des Green Deal erreichen. Die Automobilindustrie ist eine der Schlüsselindustrien, um dies zu erreichen. Aktuell sind das EU-Parlament und der Rat dazu aufgerufen, sich zum vorliegenden Vorschlag zu positionieren. Die AK wird sich jedenfalls weiterhin für einen sozial gerechten und ökologischen Umbau dieses Sektors einsetzen.
Weiterführende Informationen:
EU-Kommission: Kreislaufwirtschaft - EU-Kommission legt eine Verordnung für Recycling von Fahrzeugen vor
EU-Kommission: Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft
AK EUROPA Positionspapier: Kreislauforientierte Konstruktion von Fahrzeugen und Entsorgung von Altfahrzeugen
AK EUROPA: Zwei neue Richtlinien zum Green Deal sollen Verbraucher:innenrechte und Kreislaufwirtschaft stärken
AK EUROPA: Neue Vorschriften für Textilabfälle. Aus Fehlern lernen
A&W Blog: Eine Verkehrswende in der EU braucht mehr als schöne Worte
A&W Blog: Die Kreislaufwirtschaft als Weg zu nachhaltiger Erwerbsarbeit - A&W-Blog (awblog.at)