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ZurückDamit die Interessen der ArbeitnehmerInnen auch während der Krisen gewahrt bleiben, bedarf es einer gut funktionierenden Sozialpartnerschaft auf allen Ebenen. Eine aktuelle Umfrage der Arbeiterkammer zur Situation in den österreichischen Kapitalgesellschaften bestätigt nun, dass durch die gute Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Management im Zuge der Coronakrise Arbeitslosigkeit und Kündigungen in vielen Fällen verhindert wurden. Dies ist vor allem auf das von den Sozialpartnern ausverhandelte Modell der Kurzarbeit zurückzuführen.
Während die Vermögen der MilliardärInnen während der Coronakrise weiterhin wachsen, steigt die Arbeitslosigkeit immens. Allein in den USA kam es zu einem Anstieg der Arbeitslosenrate auf 14,7 %. Europa leidet ebenfalls unter den sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise, wobei die Länder und Sektoren sehr unterschiedlich stark betroffen sind. Mit Ende des Jahres 2020 soll es nach der Frühjahrsprognose der Europäischen Kommission zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 9 % kommen – was in absoluten Zahlen 19,6 Millionen Menschen entsprechen würde.
EU-weit steigende Arbeitslosigkeit und Armutsgefährdung
Bei der Hälfte der Beschäftigten in Europa kam es laut einer Anfang Mai publizierten Studie von Eurofound zu einer Reduktion der Arbeitsstunden. Die Zahlen sind hier insbesondere in Italien, Frankreich, Zypern und Rumänien hoch, während die nordeuropäischen Länder geringere Rückgänge der Arbeitsstunden verzeichnen. Dem Europäischen Gewerkschaftsinstitut zufolge befanden sich europaweit Ende April 27 % der Beschäftigten in Kurzarbeit. Darüber hinaus hat sich die finanzielle Situation für 40 % der UnionsbürgerInnen seit Beginn der Pandemie verschlechtert – die Hälfte davon hat Schwierigkeiten, ihre Rechnungen zu bezahlen. Bei den Arbeitssuchenden zeigt sich eine noch dramatischere Situation: 82 % von ihnen haben Probleme beim Begleichen ihrer Rechnungen. Auch die Kommission möchte durch die Schaffung des Instruments von SURE (Support mitigating Unemployment Risks in Emergency) Schlimmeres verhindern. Um die Interessen und Rechte der ArbeitnehmerInnen weiterhin möglichst gut schützen zu können, bedarf es einer starken Einbeziehung ihrer VertreterInnen. Europäische GewerkschaftsvertreterInnen riefen den EU-Kommissar Schmit dazu auf, Verbesserungen im Hinblick auf die Information, Konsultation und Partizipation der ArbeitnehmerInnenvertreter zu schaffen.
Ein Blick nach Österreich
Auch in Österreich kam es zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit. Im Mai 2020 waren in etwa 517.200 Personen ohne Erwerbsarbeit, davon befanden sich ca. 43.900 in Schulungen und 473.300 waren beim AMS als arbeitslos gemeldet. Auch wenn es sich im Vergleich zum Mai des Vorjahres 2019 um einen Anstieg der Arbeitslosen und SchulungsteilnehmerInnen um 50,7 % handelt – mit den von der AK und dem ÖGB erfolgreich verhandelten Kurzarbeitssystem konnte Schlimmeres verhindert und der Anstieg der Arbeitslosigkeit deutlich abgeschwächt werden.
Eine Studie der AK Wien zeigt nun, wie erfolgreich die betriebliche Sozialpartnerschaft in der Krise war. Im Rahmen einer Online-Umfrage wurden knapp 500 ArbeitnehmervertreterInnen in großen österreichischen Kapitalgesellschaften befragt. Dabei zeichnet sich ein erfreuliches Bild für die betriebliche Sozialpartnerschaft ab: In 80 % der Fälle konnten Kündigungen bisher vermieden werden. In jedem zweiten Unternehmen wurde auf die überbetrieblich geschaffene Kurzarbeit gesetzt. Darüber hinaus kam es in vielen Unternehmen zu einem Abbau von Alturlaub und Überstunden sowie einem Einstellungsstop. Dies ist insbesondere auch angesichts der stark eingebrochenen Nachfrage und den damit verbundenen Umsatzrückgängen – jedes 6. Unternehmen erwartet Umsatzrückgänge von mehr als 50 % für 2020 – ein großer Erfolg. Auch die Liquiditätsreserven, die aus den vorherigen, konjunkturstarken Jahren stammen, führen zu einer besseren Ausgangslange für die österreichischen Kapitalgesellschaften im Vergleich zu KMUs.
Die bessere Liquiditätssituation von Kapitalgesellschaften sollte dabei jedoch auf keinen Fall zu einer Auszahlung von Dividenden führen. Gemäß der Umfrage der AK wird es laut Aussagen der ArbeitnehmervertreterInnen im Aufsichtsrat bei 37 % der Kapitalgesellschaften zu einem Ausfall der Dividende dieses Jahres kommen, bei 10 % zu einer Kürzung der Gewinnentnahmen. Bei einigen Unternehmen wird eine Dividendenauszahlung aktuell noch diskutiert (28 %), bei 22 % wird sie konstant bleiben und bei 3 % sich erhöhen. Der Europäische Gewerkschaftsbund rief gegen die Ausschüttung von Dividenden auf. Unternehmen sollten die Sicherung der Arbeitsplätze und die Auszahlung der Löhne über die Shareholder-Interessen stellen. Während Millionen von ArbeiterInnen sich über ihre Zukunft Sorgen machen müssen und kleine Unternehmen besonders kämpfen, ist die Ausschüttung von Dividenden bei Unternehmen, die Staatshilfe beziehen, nicht rechtfertigbar. Auch die EZB hat sich gegen eine Auszahlung von Dividenden bis mindestens Ende Oktober 2020 ausgesprochen.
Modell der Sozialpartnerschaft weiter leben!
Für die erfolgreiche Einführung der Kurzarbeit in Österreich und die Abfederung des Arbeitslosigkeitsanstiegs war schlussendlich auch eine gute Zusammenarbeit zwischen BetriebsrätInnen und Management in den Betrieben notwendig. Diese hat den BetriebsrätInnen zufolge im Großen und Ganzen gut funktioniert und in vielen Fällen zum raschen Einsetzen von Teleworking-Lösungen und Gesundheitsschutzmaßnahmen in den Unternehmen geführt. Abermals hat sich damit gezeigt, dass die Sozialpartnerschaft gute Ergebnisse für alle Beteiligten erzielen kann. Es gilt nun, möglichst viele der Beschäftigten so rasch wie möglich wieder aus der Kurzarbeit und der Arbeitslosigkeit heraus zu holen. Neue Impulse durch die Krise in Bezug auf ArbeitnehmerInnenschutz und Gesundheitsstandards sollten zudem ebenso genutzt werden und gute Rahmenbedingungen für neue Formen der Arbeitsorganisation wie etwa dem Homeoffice sollten vorangetrieben werden. In Bezug auf das Homeoffice wird es möglicherweise gesetzliche Sonderbestimmungen benötigen – denn es bedarf klarer Reglungen auf betrieblicher Ebene, damit die ArbeitnehmerInnen keine Nachteile erleiden. Beim Wiederhochfahren der Wirtschaft sollte die in der Krise so gut funktionierenden Sozialpartnerschaft in eine „Zukunftssozialpartnerschaft“ weiterentwickelt werden. Vorrangige Themen dieser sind die Existenzsicherung der Unternehmen und Arbeitsplätze, neue Formen der Arbeitsorganisation, Sicherung der hohen Gesundheitsstandards, Chancen der Digitalisierung sowie nachhaltiges Wirtschaften sowie Klimaschutz.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Kurzarbeit in der Corona-Krise: Österreich als Vorbild
AK: Coronavirus: Sozialpartnerschaft verhindert Kündigungen
A&W Blog: Plötzlich im Homeoffice: Chancen, Risiken und Regelungsbedarf