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Eine langjährige Forderung von ArbeitnehmervertreterInnen tritt endlich in eine neue Phase. Die Kommission hat eine öffentliche Anhörung zu Hedgefonds in die Wege geleitet.
Es ist eine langjährige Forderung von ArbeitnehmervertreterInnen in den Mitgliedstaaten, aber auch auf europäischer Ebene: Endlich verbindliche Regeln für Hedgefonds, aber auch für Private Equity Fonds zu schaffen. Das Europäische Parlament hat sich im Frühherbst des vergangenen Jahres deutlich für eine verstärkte Regulierung von Hedgefonds und Private Equity Fonds ausgesprochen. Besondere Verdienste gebühren dem dänischen sozialdemokratischen EP-Abgeordneten Poul Nyrup Rasmussen, der schon lange vor Ausbruch der Finanzkrise beständig dafür geworben hat, Hedgefonds nicht länger im regelfreien Raum agieren zu lassen. Unter dem Eindruck der massiven Auswirkungen der Finanzkrise war dann im September des vergangenen Jahres der Zeitpunkt gekommen, auch Mehrheiten im Europäischen Parlament zu finden. So wurden der Bericht von Rasmussen ebenso wie jener des konservativen deutschen Abgeordneten Klaus-Heiner Lehne mit deutlichen Mehrheiten angenommen. Darin werden nicht nur eine europäische Regulierung von Hedgefonds und Private Equity gefordert, es finden sich auch weitere wichtige Forderungen, so beispielsweise die Regulierung von Leerverkäufen, die maßgeblich zur Volatilität an den Finanz- und Rohstoffmärkten beitragen.

Über lange Jahre wollten die Europäische Kommission und der zuständige irische Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy nichts von Regulierung im Finanzsektor wissen. Die Finanzindustrie sei in der Lage, sich selbst zu regulieren, es bedürfe keines Eingriffs des europäischen Gesetzgebers. Nachdem mit der Finanz- und Wirtschaftskrise sichtbar wurde, wie gefährlich dieser Ansatz der Selbstregulierung ist, scheint jetzt langsam ein Umdenken bei der Kommission einzukehren.

Und Gründe für ein Umdenken gibt es mehr als genug. So listet das Konsultationsdokument der Kommission zu den Hedgefonds einige ausgewählte Fakten auf, die mehr als aufschlussreich sind. Seit 1990 ist das Investitionsvolumen, das von Hedgefonds verwaltet wird, um das 50-fache gestiegen. In den vergangenen Jahren sind mehr als die Hälfte der täglichen Umsätze an den Wertpapierbörsen von Hedgefonds getätigt worden. Und Hedgefonds zählten zu den Hauptverkäufern und –käufern von Kreditderivaten: Also jenen Wertpapierkonstruktionen, die maßgeblich zur Finanzkrise geführt haben und heute noch wie Blei in den Bilanzen der Banken liegen.

Und trotz dieses gewaltigen Einflusses auf das Finanzsystem und der damit verbundenen systemischen Risiken gibt es für Hedgefonds so gut wie keine Regeln. Begründet wurde das stets damit, dass ohnehin nur Reiche und Superreiche in Hedgefonds investieren würden, und die wüssten schon was sie tun. Dass dem aus vielerlei Gründen nicht so ist, zeigt nicht nur die Tatsache, dass immer mehr institutionelle Anleger wie Pensionsfonds auf der Suche nach der goldenen Rendite zu den Investoren der Hedgefonds zählen. Es sind auch die gewagten Investitionsstrategien der Hedgefonds, die das Potenzial haben, auch „traditionelle“ Investoren in den Abgrund zu ziehen. Ihre Finanzierung beruht auf einem sehr hohen Anteil von Krediten im Vergleich zu ihrem eigenen Eigenkapital, und der Einsatz von Leerverkäufen und Derivaten zählt zu ihrem Standardrepertoire. Wenn also – wie in der jüngsten Gegenwart – Krisen auftreten, gefährdet dieser bewusste Einsatz von hochriskanten Spekulationsstrategien nicht nur die Hedgefonds selbst, sondern auch ihre Investoren, Kreditgeber und das gesamte Finanzsystem.

Höchste Zeit also, dass auch für diese Hohepriester des Finanzkapitalismus endlich Regeln gelten. Die Konsultation der Kommission ist hier der erste Schritt, der viel zu lange auf sich warten ließ. Kritisch ist auch anzumerken, dass die Kommission bei einem so wichtigen Thema nur eine extrem kurze Frist für die Teilnahme an der Konsultation gewährt. Und auch der EP-Abgeordnete Rasmussen fordert Interessensverbände und die Zivilgesellschaft dazu auf, sich rege an der Konsultation zu beteiligen, damit nicht nur die Argumente der gut organisierten Finanzlobby der Kommission ins Postfach flattern.


Weiterführende Informationen:

Rasmussen-Bericht

Lehne-Bericht

Konsultation der Kommission zu Hedgefonds (nur auf Englisch verfügbar)

Presseaussendung der Kommission zur Konsultation zu Hedgefonds