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Während die Welthandelsorganisation und Arbeitgebervertreter bei einer Parlamentsanhörung vorwiegend positive Aspekte bei einer Öffnung von DienstleisterInnen aus Drittstaaten für den EU-Markt hervorheben, warnt Gewerkschaftsvertreter Waghorne vor einer Liberalisierung ohne Wenn und Aber: Schon jetzt seien die Arbeitsbedingungen für MigrantInnen schlecht, es entstehe Druck auf die Löhne. Verhandlungen soll es nur zusammen mit den Gewerkschaften geben.
Das Europäische Parlament veranstaltete diese Woche eine Anhörung zu DienstleistungserbringerInnen aus Drittstaaten. Bereits seit Jahren gibt es auf Ebene der Welthandelsorganisation WTO Bestrebungen Dienstleistungen von natürlichen Personen eines Landes auf dem Territorium eines anderen Staates weiter zu liberalisieren – im ExpertInnenjargon „Mode 4“ genannt.

Frau Carzaniga vom WTO-Sekretariat unterstreicht, dass es bei Mode 4 nur um den temporären Aufenthalt von DienstleisterInnen aus Drittstaaten gehe. In Sektoren, in denen Arbeitskräfteknappheit herrsche, wäre dies eine Entlastung, genauso wie für das Ursprungsland, in dem es hohe Arbeitslosenraten gebe. Auch die illegale Migration könne dadurch reduziert werden. Carzaniga sieht aber auch die mögliche Gefahr von Lohndruck in den betroffenen Branchen und für manche Herkunftsländer, dass gut ausgebildete DienstleistungserbringerInnen abwandern – wenn auch nur temporär.

Eine Liberalisierung würde Studien zufolge einen zusätzlichen weltweiten Wohlfahrtsgewinn zwischen 150 und 200 Mrd. $ bringen. Die derzeit bestehenden Verpflichtungen bei Mode 4 seien aber stark eingegrenzt auf hochqualifizierte Arbeitskräfte, die mit einem Unternehmen im Empfängerland präsent sind. Insbesondere viele Entwicklungsländer wären an einer Öffnung für ihre DienstleistungserbringerInnen für den EU-Markt interessiert. Laut WTO seien die von diesen Staaten gemachten Angebote für EU-DienstleisterInnen in den Entwicklungsländern aber sehr dürftig.

Der Unternehmervertreter Pascal Kerneis vom European Services Forum betont, dass das europäische Arbeitskräfteangebot bis 2050 um 48 Millionen Personen abnehmen wird. Daher sei eine Erleichterung der legalen Migration eine willkommene Maßnahme, um das Arbeitskräfteangebot zu erweitern. Lobend hob er die Migrationspolitik der USA hervor, bei der 50.000 Menschen jährlich Arbeitsvisa erhalten. Davon seien rund 27.000 Personen hochqualifizierte ArbeitnehmerInnen. Interessant war allerdings die Bemerkung Kerneis’ an anderer Stelle, in der er Schätzungen für die EU anstellte: Im Jahr 2003 soll es einen Zustrom von mehr als 74.000 hochqualifizierten ArbeitnehmerInnen gegeben haben.

Der Gewerkschaftsvertreter Mike Waghorne warnt davor, den Dienstleistungssektor ohne Grundbedingungen zu öffnen. In der Praxis sei die Situation der MigrantInnen am Arbeitsmarkt oft prekär: Oft hätten sie keine ArbeitnehmerInnenvertretung, könnten leicht gekündigt werden, die Arbeitsbedingungen seien teilweise sehr schlecht. Jedes Jahr gebe es einige MigrantInnen, die nur noch tot nach Hause geschickt werden können. Die Löhne liegen in einigen Fällen sogar unter denen des Heimatstaates. Oft sei auch das Problem festzustellen, dass ArbeitnehmerInnen aus Drittstaaten nicht nur temporär auf dem Arbeitsmarkt auftauchen – ein Problem, das kaum behandelt würde. Das Ursprungsland leidet in einigen Fällen stark unter der Abwanderung von Schlüsselkräften. In manchen Fällen reiche es, wenn eine wichtige Arbeitskraft wie zum Beispiel ein Arzt abwandere, die dann eine Krankenstation zur Schließung zwinge.

Abschließend stellt Waghorne fest, dass Verhandlungen über die Öffnung der Arbeitsmärkte für DienstleistungserbringerInnen aus Drittstaaten nicht Angelegenheit der Welthandelsorganisation sein sollte. Dies wäre eindeutig ein Thema, das mit den Gewerkschaften ausverhandelt werden müsste.