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Die neue Finanzarchitektur, die Wirtschaftsregierung und Wege aus der Krise sind die zentralen Themen beim Brüsseler Wirtschaftsforum, das die Europäische Kommission diese Woche veranstaltet hat. Die Vorschläge zur Economic Governance, die bis Juni beschlossen werden soll, sind von den meisten DiskutantInnen sehr begrüßt worden.
Neue Wirtschaftsregierung

Bis Ende Juni soll der ‚Sixpack‘, wie der Entwurf zur neuen Wirtschaftsregierung in der EU genannt wird, verabschiedet wird. Er beinhaltet unter anderem Benchmarks für Staatschulden oder Staatsausgaben die Staaten einhalten müssen (ähnlich dem jetzigen Stabilitäts- und Wachstumspakt), ein Scoreboard aus verschiedenen Indikatoren das Ungleichgewichte zwischen Mitgliedsländern anzeigen soll, eine Verstärkung der Sanktionsmechanismen und zur einfacheren Durchsetzung der Sanktionen eine Umkehr der qualifizierten Mehrheit bei Abstimmungen darüber im Rat. Die gesamte Economic Governance beinhalte nicht nur dieses Paket, sondern auch den Euro-Plus-Pakt, die neu geschaffene Finanzmarktarchitektur oder das Europäische Semester, so Vitro Constancio, Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB). Aus Sicht der EZB gehe dieser Vorschlag jedoch nicht weit genug, er enthalte nicht genug Automatismen und sei zu schwach. Geoffrey Heal, Professor an der Columbia University, kritisierte die Abstimmungen mit umgekehrter Mehrheit: sie würden zu einer Einschränkung der Demokratie führen, während eigentlich eine größere Transparenz und Diskussion notwendig wäre. Als weitere Kritik nannte Heal, dass in Europa die Verluste durch die Banken von der Gesellschaft getragen werden, während von den Gewinnen Private profitieren.

Einsparungen, Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum

Sparprogramme um die Staatsschulden zu verringern wurden von den meisten DiskutantInnen als zentrale Maßnahme, um aus der Krise zu gelangen, gesehen. Die fiskale Konsolidierung solle nicht das Wachstum unterlaufen - die wirtschaftliche Erholung sei noch schwach und ungleich verteilt und vor allem die Entwicklung des Arbeitsmarktes bereite Sorgen, so Elena Flores von der Europäischen Kommission. Um gleichzeitig Staatsausgaben zu senken und das Wachstum zu fördern solle die Wettbewerbsfähigkeit erhöht und Arbeitsplätze zum Beispiel durch eine „Neuverteilung“ der ArbeitnehmerInnenrechte oder stärkeren Wettbewerb im Handel- und Dienstleistungssektor geschaffen werden, forderte Angel Gurria, Generalsekretär der OECD.

Ein weiteres zentrales Thema waren die Ungleichgewichte zwischen Staaten innerhalb der Europäischen Union und wie diese verringert werden können. Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble betonte, dass an den Defizitländern angesetzt werden sollte und diese an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen müssten. Eine faire soziale Ordnung sei Vorbedingung für das starke Wirtschaftswachstum Deutschlands gewesen. Ob für diese faire soziale Ordnung Lohnkürzungen in Defizitländern, sowie das Sinken der Reallöhne in Deutschland förderlich ist, ist jedoch fraglich.

Überschussländer wie Deutschland sollen Dienstleistungen weiter liberalisieren, um die Investitionen zu erhöhen, riet Pier Carlo Padoan, Stellvertretender Generalsekretär der OECD. Eine Erhöhung der Binnennachfrage durch eine Erhöhung der Löhne (worin Deutschland weit hinter anderen EU Ländern liegt), wurde bei der Konferenz nicht angesprochen.
David Begg, Generalsekretär vom Irischen Gewerkschaftsbund kritisierte, dass die neuen Maßnahmen einer weiteren Europäischen Integration entgegenlaufen würden. Um die Staatsschulden zu verringern, würde Wachstum gebraucht werden, dies werde jedoch durch die Maßnahmen verhindert.
In seiner Abschlussrede strich Olli Rehn, EU-Kommissar für Wirtschaft und Währung heraus, dass es großen Konsens bei der Schaffung der Wirtschaftsregierung gäbe. Die Staatsschulden Griechenlands betreffend müsse die Debatte über Restrukturierung der Schulden oder Reformen in der Öffentlichkeit klarer dargestellt werden, denn diese Diskussion habe schon große reale Kosten geschaffen.