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Einfach unfassbar ist der neueste Versuch des EU-Verkehrskommissars Kallas, Monster-LKWs mit der Brechstange in der Europäischen Union zuzulassen. Bereits seit Jahren bemüht sich die Kommission Lastkraftwagen mit einem Gewicht von bis zu 60 Tonnen und 25,25 Meter Länge EU-weit einzuführen. Zu groß war aber bisher der Widerstand vieler EU-Mitgliedstaaten, von Gewerkschaften und von VertreterInnen der Zivilgesellschaft. Nun ließ sich EU-Verkehrskommissar Kallas von seinen BeamtInnen ein Rechtsgutachten zur dazu bestehenden EU-Regelung schreiben. „Überraschendes“ Ergebnis: Monster-LKWs dürfen auch unter jetzigem Recht grenzüberschreitend unterwegs sein, so die freizügige Interpretation der KommissionsvertreterInnen.
Dabei waren die Gründe, die die GegnerInnen dieser überdimensionierten Fahrzeuge vorbrachten schwerwiegend: In vielen Mitgliedstaaten gibt es überhaupt nicht die Infrastruktur, um Monster-LKWs auf den Straßen fahren lassen zu können – insbesondere Fahrbahnen und Tunnel müssten angepasst werden, laufende Wartungskosten würden steigen, was hohe Mrd.-Aufwendungen für die Mitgliedsländer bedeuten würde. Darüber hinaus ist gerade diese Branche von Lohn- und Sozialdumping geprägt, dh um ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften, sind LKW-FahrerInnen mitunter wesentlich länger unterwegs, als es das Gesetz eigentlich erlaubt. Die damit verbundene Übermüdung stellt ein Risiko für die Straßenverkehrssicherheit dar. Was im Falle „normaler LKW“ bereits schlimm ist, kann sich bei den überdimensionierten Monster-LKWs bei einem Unfall schnell zur Katastrophe entwickeln. Güter, die aufgrund ihrer Eigenschaften bisher nur per Bahn oder per Schiff transportiert werden können, könnten mit den überdimensionierten LKW dann auch auf der Straße transportiert werden – mit negativen Folgen für das Straßenverkehrsaufkommen und die Ökobilanz.

Das Europäische Parlament reagierte auf den Alleingang von EU-Kommissar Kallas prompt: Laut Aussage des Vorsitzenden des Verkehrsausschusses, Brian Simpson, sei der Rechtsdienst des Europäischen Parlaments gebeten worden, die Auslegung der Kommission zu prüfen. Nach einem Telefonat von Simpson mit Kallas habe ihm der Kommissar zugesagt, dass es keine Mitteilung zu den Monstertrucks bezüglich Ausweitung auf den grenzüberschreitenden Verkehr geben wird, bevor er vor dem Verkehrsausschuss im Europäischen Parlament gesprochen hat. Der Zeitpunkt für die Aussprache mit Kallas im Ausschuss wurde aber noch nicht genannt.

Während sich der niederländische EU-Abg. van Dalen (Fraktion Europäische Konservative) positiv zum grenzüberschreitenden Einsatz von Monstertrucks äußerte, übte der sozialdemokratische EU-Abg. Leichtfried heftige Kritik. Leichtfried sieht einen glatten Bruch europäischen Rechts. Es sei schön, dass Kallas in den Ausschuss kommt, um zu erklären, warum er geltendes Recht bricht, aber das interessiere ihn nicht. Das Recht sei einzuhalten. Dagegen muss man etwas tun, so die Aussage von Jörg Leichtfried. Vorsitzender Simpson unterstützte Leichtfried mit der Feststellung "das Gesetz sei Gesetz". Für ihn gehe es auch um die Rechte des Europäischen Parlaments. Er habe Kallas gesagt, dass er mit dieser Vorgangsweise nicht zufrieden sei.

Nun darf mit Spannung auf das Gutachten des Europäischen Parlaments gewartet werden. Eine Erklärung, warum die Kommission zuerst jahrelang über eine Änderung der entsprechenden Richtlinie verhandelt hat und nun plötzlich feststellt, dass eine Revision des Legislativakts gar nicht nötig ist, gab die Kommission bisher nicht ab.