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Das erste Mal seit Beginn der Debatte im Europäischen Parlament zu einem einheitlichen Europäischen Kaufrecht liegt nun ein Text vor, der nähere Auskünfte darüber gibt, wie die zuständigen EU-Abgeordneten Klaus-Heiner Lehne (Europäische Volkspartei) und Luigi Berlinguer (Sozialisten & Demokraten) den Vorschlag der Kommission abändern wollen. Inhaltlich enttäuscht die Position der federführenden Abgeordneten bei wesentlichen Fragen leider nach wie vor. Bei einzelnen Fragestellungen zeichnet sich allerdings Bewegung ab, wie sich bei der Vorstellung des Arbeitsdokuments im Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments diese Woche zeigte.
EU-Abg. Lehne und Berlinguer nach wie vor anderer Meinung als die betroffenen NutzerInnen

Inhaltlich würde der Kommissionsvorschlag zum EU-Kaufrecht das österreichische Verbraucherschutzniveau deutlich verschlechtern – wir berichteten bereits mehrmals über die zu befürchtenden Auswirkungen auf die KonsumentInnen – siehe auch Weiter Kritik am EU-Kaufrechtsvorschlag. EU-Abgeordneter Luigi Berlinguer, der das Dokument vorstellte, sieht ebenso wie der ebenfalls zuständige Ausschussvorsitzende EU-Abgeordneter Klaus-Heiner Lehne in der Schaffung eines EU-Kaufrechts zusätzlich zu den bestehenden nationalen Gesetzen Vorteile sowohl für HändlerInnen als auch für KonsumentInnen. Dies, obwohl eine breite Mehrheit sowohl von Verbraucherschutzverbänden, VertreterInnen der Klein- und Mittelbetriebe sowie RepräsentantInnen der Industrie wiederholt darauf hingewiesen hat, dass der Vorschlag weder den VerbraucherInnen noch den Unternehmen einen Mehrwert bringt, sondern im Gegenteil zu mehr Rechtsunsicherheit führt.

Zumindest bei den für die KonsumentInnen wichtigen Bestimmungen in der so genannten Rom I-Verordnung und bei den Vertragsklauseln ist jedoch die Bereitschaft für Änderungen zu erkennen – zwei der problematischen Bereiche, auf die AK EUROPA bei ihren Gesprächen mit EU-Abgeordneten und bei Diskussionsveranstaltungen immer wieder kritisch hingewiesen hat. EU-Abg. Berlinguer kündigte bei den Vertragsklauseln an, dass Änderungen zugunsten des Verbrauchers sicher möglich seien. Zur Rom I-Verordnung haben die Berichterstatter in ihrem Arbeitsdokument festgehalten, dass bei der Beziehung zwischen den beiden Verordnungen jedenfalls Rechtssicherheit notwendig sei. Eine Untersuchung der rechtlichen Wechselbeziehungen zwischen Rom I und dem EU-Kaufrecht soll Klarheit bringen. Lehne kann sich eventuell auch vorstellen, das EU-Kaufrecht auf den Internethandel zu konzentrieren.

EU-Abg. Lichtenberger: Der Konsument kann das anzuwendende Recht nicht auswählen


Kritisch äußerte sich die grüne EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger zu Wort: Das optionale Instrument sei eine Option für den Verkäufer, nicht jedoch für den Käufer. Der Konsument könne nur wählen, bei dem jeweiligen Händler zu kaufen oder Abstand davon zu nehmen, mehr nicht. Der Unternehmer wiederum werde nur dann das EU-Kaufrecht wählen, wenn er daraus einen Vorteil habe. Lichtenberger nahm damit einen der zentralen Kritikpunkte der Arbeiterkammer gegen das optionale Instrument auf. Wichtig sei beispielsweise, Betrugsversuche, wie sie in der Vergangenheit immer wieder bei Kaffeefahrten oder Preisausschreiben vorgekommen sind, soweit wie möglich einzudämmen und verfolgen zu können. Dazu gibt es aber nach wie vor keine Lösung, so Lichtenberger.

Lob für die Arbeiterkammer, pauschaler Rundumschlag gegen Verbraucherschutzorganisationen

Gegen Ende der Diskussion holte der Ausschussvorsitzende und Berichterstatter zum EU-Kaufrecht, der konservative deutsche Abgeordnete Klaus-Heiner Lehne, zu einem öffentlichen Lobgesang auf die „Arbeiterkammer in Österreich“ aus, die konkrete inhaltliche Vorschläge und Expertise liefere.

Undifferenziert und pauschal fiel jedoch die harsche Kritik von Lehne in seiner Eigenschaft „als Konsument“ an den Verbraucherschutzorganisationen aus: Die VerbraucherschützerInnen bekämen viele öffentliche Mittel, da könne man schon erwarten, dass sie auch für die KonsumentInnen sprechen. Er selbst könne aber bisher nur eine „Prinzipienopposition“ gegen den Kommissions-Vorschlag erkennen. Dass die europäische Verbraucherschutzorganisation BEUC bereits seit Jahren immer wieder detaillierte Alternativvorschläge zu einem besseren Verbraucherschutz vorgelegt und selbstverständlich auch eigene Positionen zum EU-Kaufrecht verfasst hat, dürfte Berichterstatter Klaus-Heiner Lehne jedoch leider übersehen haben. Auch aus einem anderen Grund sind derartige Aussagen bedenklich: Organisationen, egal mit welchem Schwerpunkt, müssen ihre Entscheidungen unabhängig treffen können, auch und gerade wenn sie mit öffentlichen Mitteln (teil-)finanziert werden. Und darin inbegriffen ist auch das Recht, eine andere Meinung als der Gesetzgeber zu haben.

Vom Zeitplan her ist als nächster großer Schritt eine Sitzung mit VertreterInnen der nationalen Parlamente voraussichtlich Ende November vorgesehen. Darüber hinaus sollte in den nächsten Wochen eine schriftliche Beurteilung über die Wechselwirkung von Rom I zum EU-Kaufrecht vorliegen. Bis das Dossier im Europäischen Parlament in erster Lesung verabschiedet wird, könnte es jedoch noch bis Ende der Legislaturperiode im Jahr 2014 dauern.