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Am Dienstag, den 14. Oktober, stellte die „Hochrangige Gruppe im Bereich Verwaltungslasten“ ihren Abschlussbericht vor. Die auch nach ihrem Vorsitzenden, dem ehemaligen bayrischen Ministerpräsidenten benannte „Stoiber-Gruppe“ hatte sich seit 2007 mit dem Bürokratieabbau in der Europäischen Union beschäftigt und ist Teil eines großangelegten Programmes der Europäischen Kommission für „Bessere Regulierungen“.
Die Bedeutung von „Bessere Regulierungen“ zeigt sich nicht nur daran, dass es der Hauptbereich des Ersten Vize-Präsidenten Frans Timmermans in der neuen Kommission sein wird; auch Initiativen wie die „Stoiber-Gruppe“ oder der „REFIT“-Prozess wollen die Europäische Union durch sogenannten Bürokratieabbau schlanker und effizienter machen. Gegen den Grundgedanken, veraltete oder nicht notwendige Vorschriften auf den Prüfstand zu stellen, kann auf den ersten Blick nichts eingewendet werden.

Neoliberale Politik getarnt als Bürokratieabbau


Das Problem aus ArbeitnehmerInnensicht liegt darin, dass unter dem Tarnmäntelchen des Bürokratieabbaus in der Vergangenheit zum Teil ideologisch motivierte Deregulierungspolitik betrieben wurde. Dies wurde auch bei der Präsentation des Berichts der „Stoiber-Gruppe“ deutlich. Neben dem offiziellen Abschlussbericht veröffentlichten nämlich vier der 15 Mitglieder der hochrangigen Gruppe eine sogenannte abweichende Stellungnahme, ein klarer Hinweis auf Uneinigkeit innerhalb der Gruppe. Von den „Abweichlern“ werden Beispiele genannt, die darauf hindeuten, dass es oft weniger um effiziente und schlanke Verwaltung sondern mehr um Deregulierung geht.

Lebensmittelsicherheit als Verwaltungslast

So werden etwa Lebensmittelkennzeichnungen und Umweltzeichen plötzlich als bürokratische Belastung für Unternehmen gebrandmarkt. Gleiches gilt für Präventionsmaßnahmen, die die Gesundheit am Arbeitsplatz erhöhen sollen, etwa bei Muskel-Skelett-Erkrankungen oder Krebs. Die entstehenden administrativen Lasten seien so groß, dass man sie einfach abschaffen sollte, so Stoiber & Co.

Europäischer Sozialer Dialog ausgehebelt


Auch der Europäische Soziale Dialog wurde im Zuge des „REFIT-Programms“ bereits mehrfach attackiert. Eine gemeinsame Vereinbarung zwischen den europäischen Sozialpartnern über Gesundheitsschutzmaßnahmen im Friseurgewerbe hatte die Kommission mit dem Verweis auf Bürokratieabbau einfach in Frage gestellt. Das gleiche gilt für die, ebenfalls durch die europäischen Sozialpartner ausgehandelten, Regeln für Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge. Auch die Unterrichtung und Anhörung der ArbeitnehmerInnen soll auf den Prüfstand gestellt werden, wenn es nach „REFIT“ geht.

Gewerkschaften, KonsumentInnen und Umweltverbände kritisch

Kein Wunder also, dass die Kritik nicht nur von Gewerkschaftsseite immer lauter wird. Auch Umweltorganisationen und KonsumentInnenverbände prangern öffentlich die Probleme und Gefahren einer „Besseren Regulierung“ zugunsten von Big Business und zulasten von ArbeitnehmerInnen, KonsumentInnen und der Umwelt an. AK und ÖGB werden gemeinsam mit anderen Organisationen diesen Prozess weiterhin kritisch beobachten. Denn „Bessere Regulierungen“ und vermeintlicher „Bürokratieabbau“ dürfen nicht als Worthülsen missbraucht werden um neoliberale Deregulierungspolitik durch die Hintertür durchzusetzen.

Weiterführende Informationen:


Abschlussbericht der Hochrangen Gruppe im Bereich Verwaltungslasten


Abweichende Stellungnahme von vier der 15 Mitglieder der Stoiber-Gruppe