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Diese Woche stellte der britische EU-Kommissar Jonathan Hill ein Kernprojekt der Juncker-Kommission vor: die Kapitalmarktunion. Diese solle vor allem KMU bei der Finanzierung helfen, da es in vielen europäischen Staaten noch immer schwierig sei, Kredite zu bekommen.
Die europäische Kommission hat diese Woche drei Konsultationen bezüglich der Kapitalmarktunion eingeleitet. Diese betreffen das Grünbuch mit 32 Vorschlägen, die Revision der Prospektrichtlinie und eine neue Richtlinie zu Verbriefungen.

Das gesamte Projekt sei eine Fortsetzung der Investitionsoffensive der Kommission, da vor allem KMU von der Erleichterung grenzüberschreitender Kapitalmarktgeschäfte profitieren sollen. Auch Infrastrukturinvestitionen sollen durch einen europaweiten Kapitalmarkt erleichtert werden. Das solle die Wirtschaft ankurbeln und Arbeitsplätze schaffen.

Die Kommission betonte, dass in Europa nur 25% der Finanzierung von Unternehmen vom Kapitalmarkt stamme und der Rest von Banken, die bei der Kreditvergabe zurzeit zu zurückhaltend seien. In den USA sei das Verhältnis genau umgekehrt. Das Ziel der Kapitalmarktunion sei, dass insgesamt mehr Investitionskapital zur Verfügung stehe. Die wichtige Rolle der Banken, die auch auf den Kapitalmärkten agieren, solle jedoch nicht in Frage gestellt werden.

Es handle sich hierbei um ein langfristiges Projekt, das laut einer Kommissionsquelle nicht besonders viele neue Gesetzesinitiativen mit sich bringen solle. Stattdessen werde auf nichtlegislative Maßnahmen wie Selbstregulierung oder effektivere Umsetzung von bestehendem Recht gesetzt. Neue Institutionen wie in der Bankenunion seien keine geplant, es handle sich um einen bottom-up Ansatz.

Obwohl oft Vergleiche mit den USA gebracht würden, sei klar, dass der dortige Marktintegrationsgrad in fünf Jahren nicht erreicht werden könne. Die Vereinigten Staaten seien auch nicht unbedingt ein Vorbild in vielerlei Hinsicht, betonte Hill, der hinzufügte, dass man sicher nicht die Fehler wiederholen werde, die zur subprime-Krise geführt hätten.

Die Prospektrichtlinie soll „entbürokratisiert“ werden, was kleineren Unternehmen ermöglichen werde, auf den Kapitalmärkten aktiv zu werden. Bis jetzt werden KMU durch die hohen und somit teuren Anforderungen eher abgeschreckt.

Das neue Gesetz zu Verbriefungen sei Teil des Harmonisierungsschwerpunktes im Grünbuch, in dem auch von europaweit einheitlichen Regeln zu Pfandbriefen, private placement und KleinanlegerInnen die Rede ist. Für alle diese Finanzierungstypen gebe es best practice Beispiele, welche die Kommission berücksichtigen werde. Die Harmonisierungen müssen jedenfalls mehr Einfachheit und Transparenz ermöglichen, um so vielen MarktteilnehmerInnen wie möglich den Zugang zu den Produkten zu erlauben. Die negative Rolle von Verbriefungen in der Krise hat man angeblich nicht vergessen.
In ferner Zukunft sei es laut Kommissionsquelle sicherlich notwendig, auch Themen wie Steuer-, Insolvenz- und Wertpapierrecht auf europäischer Ebene anzugehen.

AK und ÖGB werden gemeinsam mit ihren PartnerInnen (z.B. Finance Watch) die geplanten Initiativen der Kommission zur Kapitalmarktunion aufmerksam verfolgen. Obwohl sich das Projekt erst in der Anfangsphase befindet, gibt es Zweifel, ob ein einheitlicher Kapitalmarkt dabei helfen kann, nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen. Für KMU werden Banken – wie auch die Kommissionquelle angedeutet hat – weiterhin die ersten Ansprechpartnerinnen sein. Der Verdacht, dass europaweite Kapitalmärkte vor allem der Finanzindustrie nützen werden, liegt nahe. Diese wird im geplanten „selbstregulierenden“ bottom-up Prozess ihre Interessen gut unterzubringen wissen. Das geplante revival von Verbriefungen, die Mitschuld an der Krise tragen, wird ebenfalls von vielen kritisch gesehen.