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Gestern präsentierte die EU-Kommission ihren Jahreswachstumsbericht 2016, das erste Element des jährlichen Zyklus der wirtschaftspolitischen Steuerung (Economic Governance). Darin wird zwar eine leichte Erholung der Wirtschaftslage in der EU konstatiert, jedoch zugleich auf das Wachsen der Ungleichheiten zwischen den Mitgliedsstaaten und alarmierende soziale Verhältnisse hingewiesen. Zugleich veröffentlichte die Kommission den Warnmechanismus-Bericht, der auf drohende makroökonomische Ungleichgewichte in den Mitgliedsstaaten hinweisen soll. Darin wird heuer zum ersten Mal auch Österreich untersucht.

Leichte Erholung, wachsende Ungleichheit

Im Jahreswachstumsbericht stellt die Kommission eine leichte Erholung der Wirtschaftslage fest. Die Erholung leite sich zwar von vorübergehenden Faktoren wie dem schwachen Euro und Währungsanpassungsmaßnahmen her, sei aber überdies eine erste Auswirkung der Reformen der letzten Jahre. Zugleich wird jedoch auf die Vertiefung der wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten hingewiesen.

Investieren und sparen zugleich – die Kommission macht´s möglich!

Die Kommission gibt daher eine gewohnt widersprüchliche Losung heraus – einerseits fordert sie die Wiederbelebung der Investitionstätigkeit, mahnt aber gleichzeitig verantwortungsvolle Haushaltspolitik und die Fortsetzung der Strukturreformen ein – und bleibt damit in dem ihr eigenen Widerspruch gefangen, sich zwar Investitionen zu wünschen, den Staaten jedoch keinen budgetären Spielraum zuzugestehen, um diese anzustoßen.

Diese Investitionen verspricht sie sich unter anderem vom sogenannten Juncker-Plan („Investitionsoffensive für Europa“), dessen Schlagkraft jedoch noch abzuwarten bleibt.

Auch die Banken- und Kapitalmarktunion soll zum Ansteigen der Investitionen beitragen – paradoxerweise durch eine Liberalisierung und verstärkte Vernetzung der europäischen Kapitalmärkte, die eher in die Krise geführt haben, als ihre Lösung zu sein.

Soziale Aspekte und Beschäftigung

Der Jahreswachstumsbericht mache soziale Gerechtigkeit zu einem zentralen Element der wirtschaftlichen Erholung, so Marianne Thyssen, Kommissarin für Beschäftigung und Soziales. Damit weist sie darauf hin, dass erstmals auch Beschäftigungskennzahlen in den Warnmechanismus-Bericht Eingang gefunden haben. Dies ist zwar zu begrüßen, jedoch haben diese Beschäftigungszahlen den Charakter von unverbindlichen zusätzlichen Informationen, die hinter den Fragen der Staatsverschuldung zurückstehen.

Die Ergebnisse des Wachstumsbericht in Bezug auf die Arbeitsmarktlage sind weiterhin alarmierend: Die Arbeitslosigkeit sinkt zwar, ist aber immer noch auf einem Rekordhoch. 50 % der Arbeitslosen sind Langzeitarbeitslose. Die Kennzahlen zu Jugendarbeitslosigkeit und Lebensbedingungen weisen weiterhin drastische Unterschiede zwischen den EU-Staaten auf. Nun stehe die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt an, die so schnell wie möglich durchgeführt werden solle.

Warnmechanismus-Bericht: Erstmals Österreich erfasst

Der Warnmechanismus-Bericht ist der jährliche Ausgangspunkt des makroökonomischen Ungleichgewichtsverfahrens, in dem eruiert wird, in welchen Staaten ökonomische Ungleichgewichte drohen. Über die im Warnbericht erfassten Staaten erstellt die Kommission dann vertiefte Analysen, in denen diese vermuteten Ungleichgewichte untersucht werden. Heuer werden 18 der 28 Mitgliedsstaaten dieser Überprüfung unterzogen werden. Zum ersten Mal wird auch Österreich vom Warnmechanismus erfasst, und zwar aufgrund der starken internationalen Verflechtung und damit Abhängigkeit seines Finanzsektors von der Entwicklung ausländischer Finanzmärkte. Auch deren Auswirkungen auf Kredite an Private soll untersucht werden. Die vertiefte Analyse wird im Februar 2016 erscheinen.

Unabhängiger Wachstumsbericht

Als Alternative zum Bericht der Kommission hat die AK zusammen mit anderen Forschungsstellen einen unabhängigen Jahreswachstumsbericht verfasst, der zu abweichenden Ergebnissen kommt: Zur Erholung der Wirtschaft brauche es eine aktive Nachfragesteigerung, Politik gegen die Ungleichverteilung und öffentliche Investitionen in ökologisch sinnvolle Projekte.

Weiterführende Informationen:

Presseaussendung der Kommission

Jahreswachstumsbericht (english only)

Warnmechanismus-Bericht (english only)