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Diesen Donnerstag wurde im Verfassungsausschuss des Europäischen Parlaments ein neuer Berichtsentwurf zur Regulierung von Lobbying in der EU diskutiert. Der Berichterstatter Sven Giegold (Grüne Fraktion) wies in seiner Präsentation darauf hin, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die europäischen Institutionen sinke und es daher dringend notwendig sei, in allen Institutionen einen transparenteren Umgang mit Lobbying durchzusetzen.

Der Berichtsentwurf beschäftigt sich mit den Themen Lobbying in der EU, Transparenz der politischen Prozesse und Rechenschaftspflicht von EU-FunktionärInnen und wurde nach einiger Vorarbeit in Form von Workshops und Konsultationen gestern erstmals im Ausschuss diskutiert. Das Interesse von BürgerInnen am Thema sei groß, es wären viele Zuschriften und Vorschläge gekommen.

Die vorgeschlagenen Schlüsselmaßnahmen

  • Klare Regeln für Lobbying – der „legislative Fußabdruck“: Dieser soll es möglich machen, bei jedem Akt von EU-Rechtsetzung einzusehen, welche InteressensvertreterInnen/LobbyistInnen sich mit den politischen EntscheidungsträgerInnen getroffen und/oder Textvorschläge gemacht haben. Dazu sei es notwendig, dass EU-BeamtInnen sich nur mit eingetragenen LobbyistInnen treffen und dies zudem immer publizieren (dazu wurde bereits ein praktisches Tool entwickelt, welches einige Abgeordnete bereits verwenden).
  • Interessenskonflikte und Nebenjobs von ParlamentarierInnen: Die Entscheidung darüber, ob ein Nebeneinkommen zulässig sei, oder ein Interessenskonflikt vorliege, wird bisher von anderen ParlamentarierInnen und dem Parlamentspräsidenten getroffen. Diese seien bei der Entscheidung über KollegInnen aber manchmal befangen, weshalb externe ExpertInnen in den Entscheidungsprozess miteinbezogen werden müssten.
  • Abkühlungsperioden: Das Problem der „Drehtüre“, also dem Wechseln zwischen öffentlichen Funktionen und dem privaten (Lobby-)Sektor müsse behoben werden: es könne nicht sein, dass ehemalige hochrangige politische FunktionärInnen danach in private Unternehmen wechseln und ihre Expertise und Kontakte dort vermarkten. Dem sei durch Abkühlperioden von drei Jahren Abhilfe zu verschaffen, in denen keine Tätigkeit in demselben Bereich ausgeübt werden dürfe.
  • Schluss mit Geheimtreffen: Die Transparenz des Rates der EU müsse verbessert werden. Die Eurogruppe etwa publiziert keine Verhandlungs-Protokolle, auch die wichtigen Verhandlungen in den Trilogen (zwischen Rat, Parlament und Kommission) sind intransparent. Es muss zumindest eingesehen werden können, wann diese stattfinden, wer daran teilnimmt, und es müsse Protokolle geben.
  • Whistleblower-Schutz: Für EU-BeamtInnen, die Lobbying-Praxen aufdecken, müsse es in Zukunft in allen Institutionen geeigneten Schutz geben (dieser existiert bereits bei der Kommission, dem Ombudsmann und dem Rechnungshof).

Die Diskussion im Ausschuss

In der Diskussion war die Bemühung aller Gruppen zu bemerken, ihren Einsatz für mehr Transparenz zu betonen. Dennoch wurden auch einige Zweifel laut. Von konservativer Seite kam etwa das eher fadenscheinige Argument, dass durch das Führen von Lobbyregistern und die Veröffentlichung von Treffen der Kontakt zwischen einfachen BürgerInnen und Abgeordneten verkompliziert werde – um diese soll es jedoch bei der Regelung gar nicht gehen. Der Berichtsentwurf gehe außerdem an vielen Stellen zu weit: Geheime Verhandlungen (Triloge, Internationale Verträge) könnten durch die Veröffentlichung der Positionen gestört werden. Dem wurde entgegnet, dass der Geheimhaltung demokratische Interessen entgegenstünden. Zumindest nachträglich müsste in Protokollen nachzulesen sein, was die AmtsträgerInnen in Verhandlungen vertreten hätten.

Von anderen kam das Argument, dass man sich durch diese Transparenzregeln undemokratischer darstelle, als man tatsächlich sei, und damit erst recht Misstrauen in der Bevölkerung hervorrufe. Einige verwiesen auch auf nationale Parlamente und Regierungen und betonten, dass diese eine noch mangelhaftere Lobby-Kontrolle hätten. All das kann jedoch keine Ausrede sein, die Aufdeckung der intransparenten und undemokratischen Lobbystrukturen um die EU-Institutionen herum zu verhindern. Bis Ende Februar haben die Fraktionen nun Zeit, um Abänderungsvorschläge einzubringen. Es bleibt spannend, wie viel von den ambitionierten Vorschlägen danach noch übrig bleibt.

Weiterführende Informationen:

Berichtsentwurf (nur auf Englisch verfügbar)