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Das „Auto“ beschäftigt nach wie vor die EU-Kommission und das EU- Parlament. Während die Kommission letzte Woche neue Vorschläge zur Kontrolle von Vorschriften für die Pkw-Typisierung vorstellte, stimmte das Parlament am Mittwoch über NOx-Emissionsgrenzwerte von Diesel-Pkw unter realen Fahrbedingungen ab, auf die sich Kommission und Rat im Oktober 2015 geeinigt hatten. Grund für den Kommissionsvorschlag sind die gravierenden Abweichungen bei den Emissionen zwischen den Laborergebnissen und jenen unter den echten Fahrbedingungen (Real Driving Emission – RDE Tests). Bis die neuen Prüfverfahren eingesetzt werden, sollen in der Zwischenzeit vorübergehende Grenzwerte gelten.

Wie bereits in einer Studie der AK anschaulich dargestellt, weichen die HerstellerInnenangaben zu NOx-Emissionen und Treibstoffverbrauch, die jeweils unter Laborbedingungen gemessen werden, stark von der Realität auf der Straße ab – zu Lasten der Umwelt und der VerbraucherInnen.

Starke Abweichung von den Testergebnissen sollen Schritt für Schritt eingedämmt werden

Bereits letztes Jahr informierte die AK über erste Reaktionen des Europäischen Parlaments (EP) nach dem VW-Skandal. Daraufhin schlug die Kommission vor, ab September 2017 die AutomobilherstellerInnen zu Straßentests für alle neuen Fahrzeugtypen und 2019 für alle neu zugelassenen Fahrzeuge zu verpflichten. Aufgrund des Widerstands der Automobilindustrie und großer EU-Mitgliedsstaaten einigte man sich darauf, dass alle AutomobilherstellerInnen diesen Unterschied bzw. den so genannten „Übereinstimmungsfaktor" bis 2017 auf 2,1 (110%) „verringern“ müssen, so die Kommission. In einem zweiten Schritt soll der Unterschied „unter Berücksichtigung der technischen Toleranzen“ auf 1,5 (50%) „verringert“ werden. Deadline ist hier der Januar 2020, bei Neufahrzeugen 2021. Ein Faktor von 2,1 würde aber heißen, dass die Emissionswerte um das 2,1fache über dem Grenzwert liegen dürften, danach, in der zweiten Phase noch immer um das 1,5fache!

Fragwürdig sind nicht nur großzügige Überschreitungsgrenzen, sondern das Fehlen eines Termins, ab dem die eigentlichen Grenzwerte zu 100% gelten sollen. Gefordert wurden daher von den sozialdemokratischen und grünen Abgeordneten ein fixes Datum sowie eine wirkliche Verringerung des Übereinstimmungsfaktors. Hinzu kommt, dass der EP-Rechtsausschuss den Vorschlag der Kommission für rechtswidrig erklärte, weil er zu weit von einem bereits verabschiedeten EU-Gesetz abweicht. Der EP-Umweltausschuss beschloss daher mehrheitlich, den Vorschlag insgesamt zurückzuweisen.

Am Mittwoch stimmte das Plenum des EP vor allem mit Stimmen von EVP, ENF und ECR (mit knapper Mehrheit) jedoch gegen die Empfehlung des Umweltausschusses. Das bedeutet, dass die europäische Automobilindustrie sich erfolgreich bei den EU-Abgeordneten Gehör verschafft hat und es weiterhin einen Unterschied zwischen „formellen“ und realen NOx-Grenzwerten geben wird. Der Beschluss stellt aber zumindest sicher, dass dieser Unterschied (derzeit bis zu Faktor 7!) kontinuierlich vermindert wird. Eine Zurückweisung durch das EP hätte unter Umständen RDE-Test noch länger hinausgeschoben.

Sichere und saubere Autos

Auch die Kommission rang sich letzte Woche zu einer Verschärfung der Regelungen, betreffend der Sicherheit und Sauberkeit von Automobilen, durch und formulierte drei Ziele: Mehr Unabhängigkeit und Qualität bei Tests betreffend der Markt-Zulassung von Fahrzeugen verstärken. Als zweites Ziel schlägt die Kommission ein Überwachungssystem vor, um auch die Fahrzeuge, die bereits im Umlauf sind zu prüfen. Drittens soll das Zulassungssystem verstärkt und mit einer größeren europäischen Aufsicht ausgestattet werden.

Die AK begrüßt generell stichprobenartige Kontrollen mit mehr Biss bei Herstellerangaben, auch bei Autos, die schon in Betrieb sind und fordert eine rasche Umsetzung der nötigen Prüfungen (wie RDE Tests). Es ist wirklich unerklärlich, dass bis dato in der EU keine Konformitätskontrollen für Pkw verpflichtend vorgesehen sind, die das Fließband des Herstellers verlassen haben. Wichtig ist aber ein EU-weit abgestimmtes Prüfsystem, bei dem die öffentliche Hand die Emissionswerte von Motoren durch öffentliche Prüfstellen kontrollieren lässt.

Wesentliche Erfordernis ist, dass die Kontrollen sich auf nationaler und EU-Ebene gleichen und nicht (wie bisher) die HerstellerInnen bestimmen, wer ihr Fahrzeug kontrolliert. Das EU-weite „Shopping“ von AutoherstellerInnen bei privaten Prüfinstituten muss unterbunden werden. Aus KonsumentInnensicht ist die schnelle Einführung eines EU-Prüfzyklus vorrangig, der auch im realen Fahrbetrieb volle Transparenz bei Emissionen und Treibstoffverbrauch gewährleistet.

Nicht zuletzt ist es auch dringend notwendig, dass die AutoherstellerInnen in Zukunft nicht mehr selbst die technische Expertise für die EU-Gesetzgebung liefern! Tests müssen unabhängig gestaltet und die Qualität muss erhöht werden, schlägt auch die Kommission vor. Ein erster Schritt in diese Richtung muss mehr unabhängige Expertise und die Beteiligung von Umwelt- und Konsumentenschutzorganisationen bei der EU-Gesetzgebung sein.

Weiterführende Informationen:

AK: Pkw-Verbrauchswerte: Konsumentenrecht auf faire Information muss sein

AK-Studie: Pkw-Emissionen zwischen Norm- und Realverbrauch

AK: Wirtschaft und Umwelt. Pkw-Neuwagen: Die getäuschte Öffentlichkeit

Europäisches Parlament – Press release (2015)

Europäische Kommission – Pressemitteilung (2015)

Europäische Kommission – Press release (2016)

Europäisches Parlament – Pressemitteilung (2016)