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ZurückDie Förderung von digitalen Fertigkeiten und Kompetenzen ist der EU zwar schon seit Längerem ein Anliegen, die Coronakrise hat die Dringlichkeit entsprechender Maßnahmen aber noch einmal in aller Deutlichkeit unterstrichen. Dabei sollten benachteiligte Bevölkerungsgruppen besonders gefördert und gleichzeitig verhindert werden, dass sich bereits existierende Kluften weiter vertiefen.
Die Coronakrise hat auch im Bildungsbereich für einen enormen Digitalisierungsschub gesorgt. Viele Schulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen mussten ihren Unterricht äußerst kurzfristig ins Netz verlagern. Das stellte für viele – sowohl Lernende (und deren Eltern bzw. Betreuungspersonen), als auch Lehrende – eine Herausforderung, für alle jedoch eine große Umstellung dar. Sowohl im Bildungsbereich als auch in der Arbeitswelt werden sich diese Entwicklungen wohl auch längerfristig niederschlagen. Um die BürgerInnen der EU besser auf die damit einhergehenden Herausforderungen vorzubereiten, setzt die Kommission stark auf eine Bildung und Ausbildung, die jene Kompetenzen und Fertigkeiten vermittelt, die im Zuge der Digitalisierung immer notwendiger werden, vielen BürgerInnen aber noch fehlen.
Der Aktionsplan für digitale Bildung
In ihrem angepassten Arbeitsprogramm für 2020 kündigt die Kommission für das dritte Quartal ein Update des Aktionsplans für digitale Bildung an. Der 2018 vorgestellte Aktionsplan sollte die Bevölkerung der EU darauf vorbereiten, die Chancen einer „sich rasant verändernden, globalisierten und vernetzten Welt bestmöglich zu nutzen bzw. deren Herausforderungen zu meistern.“ Im Rahmen dessen setze die Kommission drei Prioritäten: Die bessere Nutzung von digitalen Technologien im Unterricht und zu Lernzwecken, die Entwicklung relevanter digitaler Fertigkeiten und Kompetenzen für den digitalen Wandel sowie eine bessere Bildung durch aussagekräftigere Datenanalysen und Prognosen. Der überarbeitete Aktionsplan soll auch die Erfahrungen aus der Coronakrise berücksichtigen und – laut Marija Gabriel, Kommissarin für Innovation und Jugend – auch Inklusion und (vor allem) Geschlechtergleichheit vorantreiben. Um aus den Erfahrungen der Coronakrise bestmöglich zu lernen, hat die Kommission außerdem eine öffentliche Konsultation gestartet, an der eine Beteiligung noch bis zum 4. September 2020 möglich ist.
Studie zur Rolle von (digitalen) Kompetenzen
In einer kürzlich erschienenen Studie der Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen der EU Kommission (DG ECFIN) befassen sich die Autorinnen mit der Frage, ob digitale Kompetenzen tatsächlich ausreichend sind, wenn es darum geht, den Herausforderungen der Digitalisierung zu begegnen. Die Autorinnen kommen zum Schluss, dass sowohl das Vorhandensein von kognitiven als auch von nicht-kognitiven Kompetenzen einen stark positiven Einfluss auf die Arbeitsproduktivität hat. Während kognitive Fertigkeiten – Rechnen, Lesen und Schreiben ebenso wie digitale Fertigkeiten – nach wie vor wichtig sind, benötigt es auch verstärkt nicht-kognitive Kompetenzen wie Anpassungsfähigkeit, Kommunikations- und Kooperationsfertigkeiten sowie kritisches Denken. Der digitale Wandel erfordere demnach eine Politik, die grundlegende Kompetenzen und lebenslanges Lernen fördere und die Verbindung zwischen Bildung, Ausbildung und der Arbeitswelt stärke. Während Bildung und Ausbildung größtenteils in den Kompetenzbereich der Mitgliedsstaaten fallen, könne die EU hier vor allem über die Förderung von Kooperationen und des Austausches von „best-practice“-Beispielen sowie über gezielte finanzielle Unterstützung tätig werden.
Besonderer Fokus auf benachteiligte Gruppen
Die Coronakrise hat (auch) im Bildungsbereich dafür gesorgt, dass die Schere zwischen privilegierten und benachteiligten Gruppen noch weiter auseinandergeht. Zum einen gibt es große Unterschiede, was die Möglichkeiten der Eltern betrifft, ihre Kinder beim Lernen zuhause zu unterstützen. Das ist etwa abhängig von ihrem Zeitbudget, den Sprachkenntnissen sowie dem eigenen Bildungsabschluss. Andererseits spielen aber auch materielle Faktoren eine nicht zu unterschätzende Rolle: Haben die Kinder einen geeigneten Platz zum Lernen und verfügen sie über die entsprechenden technischen Ressourcen – etwa einen Laptop, einen Drucker sowie einen Internetanschluss? Die momentane Situation sowie die Tatsache, dass digitales Lernen laut BildungsexpertInnen in Zukunft immer wichtiger werden wird, wird ohne abfedernden Maßnahmen dazu führen, dass SchülerInnen aus benachteiligten Elternhäusern noch weiter zurückfallen. Hier muss unbedingt entgegengesteuert werden.
Bereits 2018 verwies die Arbeiterkammer auf die Wichtigkeit von digitalen Kompetenzen und Qualifikationen für die Teilhabemöglichkeiten in der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt. Die AK forderte schon damals die verstärkte Förderung von sozial benachteiligten Jugendlichen sowie konkrete Maßnahmen im Bereich der Weiterbildung. Benachteiligte Gruppen müssen nun gerade angesichts der jüngsten Entwicklungen stärker in den Fokus der Maßnahmen gerückt werden. Sie müssen mit dem entsprechenden Equipment ausgestattet, (sozial-)pädagogisch unterstützt und entlastet werden. Nur so kann die sich immer weiter vergrößernde Lücke zwischen privilegierten und benachteiligten Haushalten verkleinert und verhindert werden, dass Menschen im Zuge der digitalen Wende zurückgelassen werden.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Nein zu einer „Generation Lockdown“!
AK EUROPA Positionspapier: Mitteilung zu Digital Education Action Plan