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ZurückAm 30. September 2020 veröffentlichte die EU-Kommission ihre Mitteilung über die Schaffung eines europäischen Bildungsraumes bis 2025. Auch wenn die Arbeiterkammer die Mitteilung grundsätzlich begrüßt, gibt es noch einige Kritikpunkte, die berücksichtigt werden sollten.
Die Mitteilung über die Schaffung eines Europäischen Bildungsraumes bis 2025 stellt das Nachfolgeprojekt der Europäischen strategischen Zusammenarbeit (ET2020) dar. Neben neuen Initiativen sieht die Mitteilung der Kommission umfassende Investitionen und eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten vor. Dadurch sollen Qualität und Inklusivität des Bildungsangebots verbessert sowie die nationalen Bildungssysteme digitaler und nachhaltiger werden. Zudem soll das Bildungs- und Berufsbildungsangebot in der EU grenzüberschreitend optimal nutzbar gemacht werden.
Die sechs Dimensionen
Der Europäische Bildungsraum soll sechs Dimensionen umfassen, beispielsweise Qualität, Inklusion und Geschlechtergleichstellung sowie ökologischer und digitaler Wandel. Geprüft werden soll etwa, wie Unterrichtsqualität, pädagogische Kompetenzen des Lehrpersonals und schulische Erfolge verbessert sowie Inklusion und Gleichstellung der Geschlechter besser in der (Hoch-)Schulbildung verankert werden können. Um diese Ziele zu erreichen, nennt die Kommission auch konkrete Instrumente und Etappenziele, zum Beispiel die Fortsetzung der Kooperation in bereits bestehenden Arbeitsgruppen oder die Intensivierung der Zusammenarbeit mit Zivilgesellschaft und Forschenden.
Arbeiterkammer sieht Bedarf für Nachbesserungen
Die generell positive Wertung der Mitteilung durch die AK basiert vor allem auf der Hoffnung, dass einige ihrer Kritikpunkte noch Gehör finden. Zwar verfolgt die Mitteilung einen durchwegs ehrgeizigen Ansatz, durch die fehlende Abgrenzung von verwandten bildungspolitischen Initiativen der Kommission bleibt aber unklar, welches politische Gewicht sie tatsächlich haben wird. Die Mitteilung konzentriert sich außerdem sehr stark auf die berufliche Erstausbildung, wo hingegen auf die Vermittlung sozialer Kompetenzen und die zivilgesellschaftliche beziehungsweise demokratiepolitische Aufgabe der Bildung gar nicht eingegangen wird.
Das Recht auf allgemeine und berufliche Bildung sowie lebensbegleitendes Lernen sollte stärker betont sowie als Hauptziel des Europäischen Bildungsraums definiert und verankert werden. Als Prüfstein für die einzelstaatliche Autonomie in Bildungsbelangen könnten sich die Einführung eines Steuerungsgremiums (vermutlich auf Ebene der BildungsministerInnen), die Schaffung eines gemeinsamen Europäischen (Hochschul-)Abschlusses sowie bindende rechtliche Regelwerke und die verstärkte Entwicklung gemeinsamer Lehrpläne und Lehrveranstaltungen herausstellen.
Aus Sicht der AK gilt es zu verhindern, dass die Zertifizierung von Ausbildungen, Lehrgängen oder Kursen, die aufgrund einer geringen Dauer oder eines geringen Umfangs nicht als eigenständige Qualifikation gelten, zu einer Modularisierung der beruflichen Erstausbildung führen. Die Einführung sogenannter europäischer „micro-credentials“ ohne qualitätssichernde Ansätze für die Validierung und Anerkennung ist deshalb ebenso abzulehnen. Letztere sollten, wenn überhaupt, nur eingeführt werden, wenn Transparenz und Qualität durch die zuständigen Behörden sichergestellt werden können.
Im Hinblick auf den digitalen Wandel muss unbedingt der sogenannte Digital Divide adressiert werden, also die Tatsache, dass der Erwerb von digitalen Kompetenzen stark vom sozioökonomischen Hintergrund abhängig ist. Weniger privilegierte Kinder und Jugendliche sind hier ebenso im Nachteil wie Schulen mit einem hohen Anteil an benachteiligten SchülerInnen.
Sozialpartner und Finanzierung
Scharf zu kritisieren ist jedenfalls, dass die Sozialpartner in der Mitteilung nicht einmal Erwähnung finden. Die Arbeiterkammer fordert, dass die Einbindung der Sozialpartner sowohl auf europäischer Ebene als auch bei Reformen auf nationaler Ebene explizit verankert wird. Auch ein schlüssiges Konzept, wie der Europäische Bildungsraum finanziert werden soll, ist in der Mitteilung nicht erkennbar. Der ursprüngliche Vorschlag, die Mitgliedsstaaten sollen 5 % ihres Bruttoinlandprodukts in ihre nationalen Bildungssysteme investieren, wurde offensichtlich wieder verworfen.
Weiterführende Informationen:
AK Positionspapier: Mitteilung der Europäischen Kommission über einen Europäischen Bildungsraum
AK EUROPA: Kommission forciert Europäischen Bildungsraum
AK EUROPA: Europäische Bildungspolitik - Fokus auf Digitalisierung und berufliche Bildung