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ZurückNachdem die Mitgliedstaaten bisher lediglich Entwürfe der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne in Brüssel vorgelegt haben, war Portugal am 22. April 2021 das erste Land, das seinen Plan offiziell eingereicht hat. Nicht nur hinsichtlich der Geschwindigkeit, sondern auch inhaltlich und in punkto Diskussionsbereitschaft zeigt der derzeitige EU-Ratsvorsitz einen guten Weg vor.
Bis zu 750 Mrd Euro umfasst das Wiederaufbaupaket „Next Generation EU“, mit dem die EU die Mitgliedstaaten auf dem Weg der Bewältigung der Coronakrise unterstützen will. Der wichtigste Teil dieser Gelder umfasst die insgesamt 312,5 Mrd Euro, die als Zuschüsse im Rahmen der sog. Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) den Mitgliedstaaten direkt zur Verfügung gestellt werden.
Um die Gelder auch tatsächlich in Anspruch nehmen zu können, müssen die Mitgliedstaaten zuerst einen detaillierten nationalen Aufbau- und Resilienzplan ausarbeiten, in dem sie darlegen, welche Projekte sie unterstützen wollen. Hierfür haben sie bis Ende April 2021 Zeit. Zumindest 37 % der RRF-Zuschüsse sind für grüne Projekte reserviert, 20 % müssen in Projekte zur Digitalisierung gehen.
Portugal wird von den direkten Zuschüssen im Rahmen des RRF 13,9 Mrd Euro zuzüglich möglicher Kredite erhalten. Der hierzu eingereichte endgültige Plan sieht insgesamt 20 Kapitel vor, die sich in drei Schwerpunkte gliedern: Resilienz, Klima und Digitales. Besonders positiv hervorzuheben ist dabei, dass der Schwerpunkt Resilienz einen starken sozialpolitischen Fokus hat: Allein für das Kapitel Wohnen sind 1,6 Mrd vorgesehen, hinzu kommt über 1 Mrd Euro Kredite für den sozialen Wohnbau und 1,3 Mrd für das Kapitel „Qualifikationen und Kompetenzen“, das sowohl Programme für Jugendliche als auch Erwachsene beinhaltet. Weitere 1,3 Mrd sind für das Gesundheitssystem veranschlagt und 0,8 Mrd für die Verbesserung in der Pflege, der Kinderbetreuung, der Integration Benachteiligter und von Sozialarbeitsangeboten insbesondere in den Großstädten.
Anders sieht es in Österreich aus, wo die Bundesregierung den nationalen Aufbau- und Resilienzplan ohne größere Debatte und ohne ernsthafte Einbindung von den Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft erstellt hat. Zum Vergleich: In Portugal startete der Prozess bereits im Herbst und bezog in der Erstellung u.a. die Sozialpartner, Zivilgesellschaft und Wissenschaft mit ein, ehe der Entwurf im Februar einer breiten öffentlichen wie parlamentarischen Debatte unterzogen wurde. AK-Präsidentin Renate Anderl und ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian kritisierten am Vorgehen in Österreich dementsprechend nicht nur die fehlende Einbindung der Sozialpartner und unzureichende Berücksichtigung der Vorschläge von AK und ÖGB bei der Ausarbeitung des Plans, sondern auch die große soziale Leerstelle, da es wenig arbeitsmarktpolitische Impulse gebe und die Bekämpfung von Armut nur ein marginales Thema sei.
Während Portugal somit mit gutem Beispiel vorangeht, blieb die soziale Dimension auch in anderen Entwürfen der Mitgliedstaaten zu Aufbauplänen überschaubar. Doch genau jetzt ist es wichtiger denn je, die Menschen zu unterstützen und die Weichen für eine nachhaltige Entwicklung von Wohlstand und Wohlergehen zu stellen. Aus diesem Grund ruft AK EUROPA gemeinsam mit 20 weiteren Organisationen die EU-FinanzministerInnen auf: Europa muss die Chance ergreifen, um ein Wirtschaftssystem zu schaffen, das sozial und ökologisch nachhaltig und resilient ist und allen Menschen einen besseren Lebensstandard sichert. Jede/r kann diesen Aufruf auf rethinktherecovery.org unterstützen.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Kampagne „Rethink the Recovery“– Für einen besseren Weg aus der Corona-Wirtschaftskrise
Arbeiterkammer: BAK-Vorschläge für den nationalen Aufbau- und Resilienzplan Österreichs
Aufbau- und Resilienzplan Portugals (nur portugiesisch)