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ZurückAm 23. November 2021 wurde im Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments über den Vorschlag zur Richtlinie über digitale Märkte abgestimmt. Die ausgehandelten Kompromissanträge wurden mit großer Mehrheit angenommen. Die Einigung im Binnenmarktausschuss ist ein wichtiger erster Schritt, um diesen dringend benötigten Rechtsakt auf den Weg zu bringen. Aus Sicht der Arbeiterkammer wären jedoch noch weitergehende Nachbesserungen bei diesem Richtlinienvorschlag wichtig.
Mit dem Vorschlag für eine Richtlinie über digitale Märkte sollen große Online-Plattformen – sogenannte Gatekeeper – einer verstärkten Regulierung unterzogen werden. Erklärtes Ziel ist es, sicherzustellen, dass Tech-Konzerne ihre Marktmacht im Digitalsektor nicht missbrauchen und somit fairen Wettbewerb am Binnenmarkt zu gewährleisten. Nach intensiven Verhandlungen zum Kommissionsvorschlag stimmte nun am 23. November 2021 im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucher:innenschutz eine große Mehrheit (42 Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen und 1 Enthaltung) der Abgeordneten dem Kompromisstext zu.
Welche Plattformen sind betroffen?
Bei Gatekeepern handelt es sich um große Online-Plattformen, welche zentrale Plattformdienste – wie soziale Medien, Suchmaschinen, Vermittlungsdienste und Videoportale – anbieten und somit über hohe Marktmacht verfügen. Die Richtlinie sieht Schwellenwerte vor, welche kumulativ vorliegen müssen, damit ein Tech-Unternehmen als Gatekeeper gilt. Aus Sicht der Arbeiterkammer, sollte jedoch die Überschreitung eines einzelnen Schwellenwertes schon reichen, damit ein Unternehmen als Gatekeeper identifiziert wird. Kritisch anzumerken ist außerdem, dass das Parlament die von der Kommission vorgeschlagenen Schwellenwerte sogar erhöht hat. So wurde der Umsatzschwellenwert von 6,5 auf 8 Milliarden Euro und der Schwellenwert bezüglich der Marktkapitalisierung von 65 auf 80 Milliarden Euro erhöht. Dadurch ist nicht auszuschließen, dass es zu einer Aufweichung der Definition kommt und relevante Unternehmen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie fallen.
Verbesserungen sieht das EU-Parlament hingegen bezüglich der Sanktionen vor: So sollen Sanktionen schon dann erfolgen, wenn es zu zwei Verstößen innerhalb von zehn Jahren kommt, während die Kommission drei Verstöße innerhalb von fünf Jahren vorgeschlagen hatte. Des Weiteren wurde das potenzielle Strafausmaß von maximal 10% auf 20% des letzten Jahresumsatzes des Unternehmens erhöht. Zuletzt ist es aus Sicht der AK für den Erfolg des Rechtsaktes zentral, dass die Einstufung als Gatekeeper schnell abgewickelt werden kann. Hierbei hat das Parlament eine Verkürzung der Fristen vorgesehen.
Verbot von personalisierter Werbung für Minderjährige
Eine wichtige Forderung der Arbeiterkammer ist auch das Verbot personalisierter Werbung, wozu intensiv im EU-Parlament diskutiert wurde. Im Kompromisstext einigten sich die Abgeordneten nun darauf, dass personalisierte Werbung für Erwachsene nur bei ausdrücklicher Einwilligung gestattet sein soll. Die Verarbeitung von Daten Minderjähriger soll für Werbezwecke verboten werden. Aus Sicht der Arbeiterkammer darf dies jedoch keinesfalls dazu führen, dass Plattformen das jeweilige Alter der Nutzer:innen durch Tracking ermitteln.
Nachbesserungen bei Interoperabilität, „killer acquisitions“ und Schutz von Whistleblower:innen
Der Kompromisstext enthält außerdem Nachbesserungen bezüglich der Interoperabilität bei Messengerdiensten und sozialen Netzwerken. Die Interoperabilitätsanforderungen zielen darauf ab, dass digitale Dienste unterschiedlicher Plattformen untereinander kompatibel gestaltet werden müssen. Um fairen Wettbewerb auf digitalen Märkten zu gewährleisten, haben die Abgeordneten außerdem Ergänzungen vorgenommen, um sogenannte „killer acquisitions“ zu unterbinden. Hierbei handelt es sich um Unternehmensübernahmen mit dem Ziel potenzieller Konkurrenz am Markt vorzubeugen. Außerdem ist vorgesehen, dass Gatekeeper die Kommission über Fusionen außerhalb des digitalen Sektor in Kenntnis setzen müssen. Letztlich hat das Parlament den Kommissionsvorschlag um Vorkehrungen ergänzt, welche den Schutz von Whistleblower:innen gewährleisten sollen.
Nächste Schritte
Der Rat beschließt voraussichtlich am 25. und 26. November 2021 eine allgemeine Ausrichtung. Am 13. Dezember 2021 soll im Plenum des EU-Parlaments über den Rechtsakt abgestimmt werden, um daran anschließend mit den Trilogverhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission beginnen zu können. Sofern die Verhandlungen zügig abgeschlossen werden, könnte das Gesetz über digitale Märkte 2023 in Kraft treten. Aus Sicht der Arbeiterkammer sollte es das Ziel sein, beim Rechtsakt im Rahmen der weiteren Verhandlungen noch nachzubessern. Es ist zu begrüßen, dass die Richtlinie über digitale Märkte in die Verbandsklagsrichtlinie aufgenommen wurde, allerdings muss ein aktiver Part von Arbeitnehmer:innen und Konsument:innen im Rahmen der Vollziehung auf EU-Ebene gegeben sein. Die Chance Online-Plattformen einer effektiven und ambitionierten Regulierung zu unterwerfen, muss genutzt werden.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA Positionspapier: Digital Markets Act
AK EUROPA: Rechtsakt zu digitalen Märkten: AK fordert Nachschärfungen
AK EUROPA: Gemeinsamer Brief von LobbyControl, Digitalcourage, CEO und AK zum Digital Markets Act
AK EUROPA: Facebook-Whistleblowerin im Europäischen Parlament
Netzpolitik.org: Privatleben im Netz: Sollen wir personalisierte Werbung verbieten?