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ZurückVom 1. Jänner bis 30. Juni 2023 übernimmt Schweden zum dritten Mal den Vorsitz im Rat der EU. Mit den Worten „Europa soll sicherer, freier und grüner werden“ verweist Ulf Kristersson, Ministerpräsident der konservativ-rechten Regierung darauf, die Arbeit der vorhergehenden französischen und tschechischen Präsidentschaft weiterführen zu wollen.
Am 17. Jänner 2023 stellte der schwedische Ministerpräsident die Prioritäten und Aktivitäten des Ratsvorsitzes im Rahmen der Plenarsitzung des EU-Parlaments in Straßburg vor. Die schwedische Abgeordnete der Sozialdemokratischen Fraktion (S&D) Helene Fritzon zweifelt an den Plänen der neu gewählten schwedischen Mitte-Rechts-Regierung. Denn obwohl Schweden in den Bereichen Demokratie, Klima und Gleichberechtigung einen guten Ruf habe, sei eine Demontage der Klima- und Gleichstellungspolitik wahrzunehmen, Fragen der Demokratie würden vernachlässigt.
Sozialpolitische Themen stechen in der Prioritätenliste des Ratsvorsitzes jedenfalls nicht hervor. Zu den vier Hauptthemen zählen:
- Sicherheit
- Wettbewerbsfähigkeit
- Grüner Wandel und Energiewende
- Demokratische Werte und Rechtsstaatlichkeit
Sicherheit und Stabilität in Europa
“Die Hoffnung der Demokratie liegt in der Ukraine, somit liegt die Hoffnung der Ukraine in uns”: Mit diesen Worten wird der Ukraine weiterhin politische, militärische und humanitäre Unterstützung zugesichert. Darüber hinaus sind auch Maßnahmen für den Wiederaufbau und Reformen für eine EU-Integration notwendig. Um die Sicherheit der EU und ihrer Bevölkerung zu stärken, soll in enger Zusammenarbeit mit allen Ländern eine solide europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik geschaffen werden. „Die Freizügigkeit in der EU darf nicht zur Freizügigkeit von kriminellen Machenschaften führen; eine gemeinsame und kohärente Migrationspolitik ist unumgänglich“, so Ulf Kristersson. Malin Björk, schwedische Abgeordnete der Linken Fraktion im Europäischen Parlament (Die Linke), äußerte sich besorgt über Aussagen wie diese und hofft auf eine humane Migrationspolitik. Genauso wie Abir Al- Sahlani von der Fraktion Renew Europe, die die restriktive Migrationspolitik der Regierung im eigenen Land gelinde gesagt als „Warnsignal“ sieht.
Widerstandsfähigkeit-Wettbewerbsfähigkeit
Neben der hohen politischen Aufmerksamkeit, die der Krieg in der Ukraine erfordert, soll es auch einen Fokus auf die wirtschaftliche Entwicklung der Union geben. Im Sinne des 30-jährigen Bestehens des EU-Binnenmarktes soll unter dem schwedischen Ratsvorsitz jedoch der marktliberale Kurs fortgesetzt werden. Mit einer neuen, langfristigen Strategie möchte der schwedische Premier das Wirtschaftswachstum ankurbeln, die Wettbewerbsfähigkeit stärken und den Handel steigern. Für die AK ist jedenfalls klar, dass es dafür einen fair gestalteten Rahmen braucht: Arbeitskriminalität und Sozialdumping müssen bekämpft werden, die europäische Wettbewerbsfähigkeit darf nicht auf niedrigen Löhnen und schlechten Arbeits- und Umweltbedingungen beruhen.
Übergang zu einer umweltfreundlichen Wirtschaft und Gesellschaft
Die schwedische Ratspräsidentschaft wird sich weiterhin um die Bewältigung der aktuellen Energiekrise bemühen. Zur Entkopplung der Strompreise von den Gaspreisen wird zeitnah ein Vorschlag der Kommission erwartet. Die Arbeiterkammer ist davon überzeugt, dass die EU-weite Umsetzung des „iberischen Modells“ wesentlich dazu beitragen würde, die volkswirtschaftlichen Kosten dieser Krise zu reduzieren. Daneben sollen unter dem schwedischen Ratsvorsitz zentrale Rechtsakte des „Fit for 55“-Pakets vom Juli 2021 abgeschlossen werden, nicht zuletzt die Revisionen der Erneuerbare Energien-Richtlinie und der Energieeffizienzrichtlinie. Im Umweltbereich wird unter anderem die Annahme einer Ratsposition zur Verordnung über die Wiederherstellung der Natur angestrebt.
Grundwerte der EU aufrechterhalten
Auch wenn die Wahrung des Prinzips der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte unter schwedischer Ratspräsidentschaft weiterhin eine wesentliche Herausforderung bleibt, ist fraglich, ob es diesbezüglich in Ländern wie Polen und Ungarn zu einer Trendwende kommen wird. Malin Björk (Die Linke) ist diesbezüglich besorgt, hofft allerdings auf positive Überraschungen.
Beschäftigung und Sozialpolitik
Das Fehlen von eigenen sozialpolitischen Prioritäten wurde auch unter der vorhergehenden tschechischen Ratspräsidentschaft von der AK bedauert und setzt sich nun unter der aktuellen Präsidentschaft fort. Im sozialpolitischen Teil ihres Arbeitsprogrammes nennt die schwedische Präsidentschaft lediglich jene Dossiers, die bereits von der Kommission vorgelegt bzw. angekündigt wurden, hier soll die Arbeit im Rat fortgesetzt werden. Im Bereich des Arbeitnehmer:innenschutzes geht es dabei etwa um die Asbest-Richtlinie und die Richtlinie über chemische Arbeitsstoffe, daneben um die Fortsetzung der Arbeiten zur Plattformarbeitsrichtlinie, zum sozialen Dialog und zu den Gleichbehandlungsstellen. Auch die drei schwedischen Gewerkschaftsbünde LO, TCO und SACO weisen auf geringe Ambitionen in diesem Bereich hin, sie haben aus diesem Grund eigene Prioritäten für die schwedische Ratspräsidentschaft vorgelegt.
Weiterführende Informationen:
Rat der Europäischen Union: Trio-Präsidentschaftsprogramm
Schwedischer Vorsitz im Rat der Europäischen Union: Das Programm des schwedischen Ratsvorsitzes
AK EUROPA: Frankreich übernimmt die Ratspräsidentschaft für das erste Halbjahr 2022
AK EUROPA: Prioritäten der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft