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ZurückNach tagelangem Warten standen am 7. November 2020 der nächste Präsident und die erste Vizepräsidentin der USA fest: Mit dem Sieg von Joe Biden und Kamala Harris kommt es zu einem Machtwechsel an der Spitze der USA, der auch Folgen für die EU mit sich bringt.
Europäische Welle der Gratulationen
Die Bekanntgabe des Wahlsiegs des US-Demokraten führte zu einer überparteilichen Gratulationswelle aus der EU, angeführt vom irischen Premierminister Micheál Martin, der die irische Herkunft der Familie Biden hervorstrich. Irland erhofft sich durch Bidens Wahl eine verbesserte Rolle bei den Brexitverhandlungen, zumal die US-DemokratInnen die Position Irlands im Rahmen der Verhandlungen unterstützten. Neben Biden wurde auch die zukünftige Vizepräsidentin Kamala Harris mit Gratulationen überhäuft. Ihre Wahl hat eine große Symbolkraft: Sie ist nicht nur die erste Frau in dieser Funktion, sondern auch die erste Schwarze und erste Südasiatin. Im Plenum des Europäischen Parlaments am 11. November 2020 begrüßte die überwiegende Mehrheit der Abgeordneten ebenso den Sieg Bidens und Harris.
Erneuerung der transatlantischen Beziehungen
Das Verhältnis der EU zu den USA, welches die letzten vier Jahre unter Trump stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, gilt es nun zu reparieren. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach sich deutlich für die Erneuerung der transatlantischen Beziehungen aus, die EU solle hierbei die Initiative übernehmen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht: Mit Biden wurde ein überzeugter Befürworter eines guten transatlantischen Verhältnis gewählt.
EU-USA Handelskonflikt bleibt vorerst bestehen
Das handelspolitische Verhältnis zwischen der EU und den USA wird sich aber trotz der Wahl Bidens wohl nicht unmittelbar entspannen. Nach einem entsprechenden Urteil des WTO-Streitschlichtungsgremiums im andauernden Konflikt um Subventionen für die Flugzeughersteller Airbus und Boeing, verkündete die EU am 9. November 2020 die Verhängung von Strafzöllen in Höhe von 3,4 Milliarden Euro. Langfristig hoffen allerdings wohl so manche auf ein sich besserndes Verhältnis, die Beilegung des Airbus-Boeing-Disputs und eine stärkere Zusammenarbeit – etwa hinsichtlich einer Reform der WTO oder eines EU-US-Handelsabkommens. Aus Sicht der AK gilt es jedenfalls, eine Neuauflage des gescheiterten TTIP-Abkommens ebenso zu verhindern wie eine anderweitige Absenkung von Schutzstandards.
Unterstützung für Pariser Klimaschutzabkommen zugesagt
Berechtigt sind die Hoffnungen, dass die USA am internationalen Parkett wieder stärker auf Dialog und Kooperation setzen werden. Biden kündigte beispielsweise den Wiedereinstieg ins Pariser Klimaabkommen an und zielt – wie auch die EU – auf eine Klimaneutralität bis 2050 ab. In seiner Siegesrede erklärte er Klimapolitik zu einer seiner Prioritäten. Wie ambitioniert diese tatsächlich sein wird, bleibt jedoch abzuwarten. Zudem ist wahrscheinlich, dass nach den Stichwahlen um die beiden Senatsmitglieder aus Georgia im Jänner 2021 eine Sperrminorität der RepublikanerInnen im Senat bestehen bleibt. Damit würden klima-, gesundheits- und sozialpolitische Vorhaben wie schon unter Barack Obama nur schwer realisiert werden können.
Steuerpolitisches Programm
Biden präsentierte bereits vor der Wahl einen Steuerplan der Steuerhöhungen für Jahreseinkommen über 400 000 Dollar vorsieht. Auch ein Anstieg des Mindeststeuersatzes für Unternehmen wurde angekündigt. Dies ist nach den massiven Kürzungen der Körperschaftssteuern unter Trump von 35 auf 21 Prozent auch dringend notwendig. Über eine weltweite Einführung eines Mindeststeuersatzes für Unternehmen wird derzeit auf OECD Ebene diskutiert. Zuletzt wurden die Verhandlungen darüber auf den März 2021 verschoben. In wenigen Tagen findet zudem das nächste Treffen der G20 statt. AK und ÖGB fordern daher mit Nachdruck eine möglichst rasche Einführung eines weltweiten Mindeststeuersatzes. Eine künftige Unterstützung durch die USA wäre dafür essentiell.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Steuerpaket: Kurs stimmt, Tempo noch nicht