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Die Jugenderwerbslosigkeit in der EU bleibt mit 17,3 % anhaltend hoch. Als Ursache für diese hohe Quote wird oft der kaum unterstützte Übergang zwischen Schule und Arbeitsplatz genannt. Besonders schwierig scheint es zu sein, die ersten Schritte im Berufsleben zu machen. Das duale System Österreichs und Deutschlands kann hier international punkten, trotzdem gibt es auch da noch Raum nach oben.

 

Bildung ist auf EU-Ebene ein sehr wichtiges Thema. Obwohl die EU nur Empfehlungen abgeben kann, nationale Bildungssysteme also in nationaler Kompetenz bleiben, werden hier wichtige Schritte und Initiativen gesetzt. Was die jungen Menschen von heute lernen, beeinflusst nicht nur, welchen Job sie ausüben können, sondern auch, welche Rolle sie in der Gesellschaft einnehmen. Was auf welche Weise gelehrt werden soll ist damit ein ganz wesentlicher Aspekt, den es gerade vor den sich immer schneller wandelnden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu bedenken gilt. Immerhin geht es darum, der künftigen Generationen die notwendige Werkzeugkiste für zukünftige Herausforderungen und Arbeitsanforderungen zu packen. Dahingehend sind am 21. Juni zwei Entwürfe in den Parlamentsausschüssen Beschäftigung und Soziale Angelegenheiten sowie Bildung und Kultur angenommen worden – der Entwurf zur Überarbeitung von Europass und der Entwurf über die Neue Europäische Agenda für Qualifikationen.

 

Gleichzeitig gibt es Initiativen, die sich spezifischer mit der noch viel zu hohen Jugendarbeitslosigkeit auseinandersetzen. Mit dem Jugendbeschäftigungspaket werden Mitgliedsstaaten konkrete Empfehlungen gegeben, wie sie dieser begegnen können. Herzstück ist eindeutig die Jugendgarantie, welche den jungen Menschen in der EU, die sich weder in einer Ausbildung befinden noch über einen Job verfügen, die Chance geben soll, sich entweder weiter fortzubilden oder ein hochwertiges Beschäftigungsverhältnis zu finden. Gerade im Zusammenhang mit dem schwierigen Übergang von Ausbildung ins Berufsleben wird Österreich neben Deutschland im EU-Kontext für die Umsetzung des dualen Ausbildungssystems gelobt. EU-weit gibt es zwar ähnliche Ansätze, diese scheitern aber vorerst an zu geringen Praxiselementen – nur rund ein Viertel beinhaltet hier ein tatsächliches Ausprobieren am Arbeitsplatz, wie Ben Butters von Eurochambers auf der Veranstaltung Making Inclusion Work betont. Die Lehre nach österreichischem Modell besteht aber zu 80% aus tatsächlichem Training im Arbeitsumfeld. Ein derartiges Modell kann das Eis zwischen Schule und Beruf brechen, wie sich viele ExpertInnen auf EU-Ebene einig sind. Gleichzeitig kann es in der Form nicht eins zu eins auf andere Mitgliedsstaaten umgelegt werden. Hier gilt es die unterschiedlichen sozialen Kontexte und auch das gesellschaftliche Ansehen, das die Lehre genießt, mit zu bedenken, wie Bruno Lanvin von INSEAD bei Europe, Young Talent and the Future of Work in Bezug auf die Schweiz, als Nicht-EU-Vorreiterin in Hinblick auf Lehrabschlüsse, hervorhebt.

 

Auch wenn Österreich mit Hinblick auf das duale System zu Europas Musterschülerinnen zählt, so gibt es aus Sicht der AK trotzdem Verbesserungsbedarf, wie der Lehrlingsmonitor, die bisher umfangreichste Befragung von Lehrlingen in Österreich, die auf Initiative der AK gemeinsam mit dem ÖGB und der ÖGJ durchgeführt wurde, zeigt. So fehlt nach wie vor ein System, das die Ausbildungsqualität der Lehre sicherstellt. Die Ausbildenden selbst sind häufig nicht in der Ausbildungszeit anwesend, jedeR dritte der Auszubildenden wird häufig auch für nicht ausbildungsrelevante Tätigkeiten im Betrieb eingesetzt. Auch arbeitsrechtlich läuft im Lehrlingsbereich nicht alles glatt – unter-18-Jährige dürfen gesetzlich keine Überstunden machen, de facto aber passiert das im Ausbildungsbetrieben häufig, besonders in Gastronomiebetrieben und Tourismus. Zusätzlich darf nicht auf den Bereich der schulischen Bildung junger Lehrlinge, welcher etwa 20% ihrer Ausbildung in Anspruch nimmt, vergessen werden – Berufsschulen sind häufig schlechter mit digitalen Medien ausgestattet, wie eine weitere Studie der AK zeigt. Gerade aber digitale Kompetenzen werden immer mehr an Bedeutung gewinnen. Auch sollte der Lehrabschluss besser mit anderen Bildungswegen oder Bildungsumwegen kombinierbar werden und keineswegs in eine ‚Bildungssackgasse' führen. Österreich darf sich also nicht auf den eigenen Lorbeeren ausruhen, denn auch bei einer Jugenderwerbslosigkeit von etwa 10 % ist jeder einzelne arbeitslose junge Mensch einer zu viel. Gegensteuernde bildungspolitische Maßnahmen sind weit mehr als eine sozialpolitische Maßnahme für individuelle Betroffene, und wirken sich langfristig positiv auf die ganze Gesellschaft aus.

 

Weiterführende Informationen:

AK EUROPA: Bessere Bildung für Alle?

AK EUROPA: Immer in Bewegung: Europäisches Mobilitätsprogramm ERASMUS feiert 30jähriges Bestehen

AK EUROPA: Wie und warum die Jugendgarantie in der EU bisher noch nicht ausreichend funktioniert

AK EUROPA: Skills Rights for All! Die Neue Europäische Agenda für Kompetenzen

Blog Arbeit-Wirtschaft: Wohlbefinden von SchülerInnen: Was sagt uns die Statistik (nicht)?

Blog Arbeit-Wirtschaft: Lehrlingsmonitor: Ausbildungsqualität messen, vergleichen und ausbauen

Blog Arbeit-Wirtschaft: Erfolgsmodell überbetriebliche Ausbildung: Warum sich Investitionen lohnen – für Jugendliche und den Staat

Blog Arbeit-Wirtschaft: Lehrausbildung und Ausbildungsgarantie in Österreich – so funktioniert´s

BAK, ÖGB & ÖGJ: Lehrlingsmonitor 2015/16